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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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Notenbank
     an, sie werde über eine Einrichtung namens Term Asset-Backed Securities Lending Facility (TALF) mit Kreditkartenforderungen
     und Autokrediten besicherte Wertpapiere im Wert von einer Billion US-Dollar aufkaufen.
    Mit solchen Aktionen sollten verschiedene Märkte für langfristige Schuldtitel gestützt werden. Das TALF-Programm war ein eher
     bescheidener Versuch, den Verbriefungsmarkt wiederzubeleben. Mit dem Vorstoß auf den Immobilienmarkt verfolgte die Notenbank
     dagegen ehrgeizigere Ziele. Durch den Aufkauf hypothekenbesicherter Wertpapiere erhielten Fannie Mae und Freddie Mac neuen
     Spielraum zur Ausgabe von Hypotheken und deren Verbriefung. Dasselbe Ziel verfolgte die Notenbank mit der angepeilten Zinssenkung
     bei zehn- und dreißigjährigen Staatsanleihen. Weil sich langfristige Zinsen in der Regel im Gleichschritt bewegen, würden
     dadurch auch die Hypothekenzinsen sinken, und der Hypothekenmarkt würde neue Impulse erhalten. Außerdem würden sich die Kreditkosten
     der Unternehmen verringern.
    |208| Mit diesen Maßnahmen stand die amerikanische Notenbank nicht alleine da. Um der Liquiditätsfalle zu entgehen, hatte die Bank
     von England ihre Leitzinsen fast auf null und damit auf den tiefsten Stand seit ihrer Gründung im Jahr 1694 gedrückt und ähnliche
     Liquiditätseinrichtungen gegründet wie die Federal Reserve. Da die Gefahr der Schuldendeflation damit noch nicht gebannt war,
     sagte die Bank von England im März 2009 zu, Staats- und Unternehmensanleihen im Wert von rund 150 Milliarden Pfund zu kaufen.
     Die Europäische Zentralbank folgte diesem Beispiel zwei Monate später und kündigte an, forderungsbesicherte Wertpapiere und
     Pfandbriefe im Wert von 60 Milliarden Euro aufzukaufen.
    Durch diese Eingriffe veränderte sich die Rolle der Zentralbanken grundlegend. In früheren Krisen hatten sie sich darauf beschränkt,
     als letztinstanzliche Kreditgeber aufzutreten. Schritt für Schritt übernahmen sie nun eine neue Funktion: die des letztinstanzlichen
     Investors. Der erste Schritt waren die Liquiditätseinrichtungen, über die Finanzunternehmen ihre Giftpapiere gegen sichere
     Staatsanleihen eintauschen konnten. Dadurch wurde ein künstlicher Markt für unerwünschte Anlagen geschaffen. Gleichzeitig
     akzeptierten die Zentralbanken bei der Kreditvergabe eine beachtliche Palette von Sicherheiten, von Unternehmensanleihen über
     gewerbliche Hypothekendarlehen bis hin zu kurzfristigen Schuldtiteln. Damit wurde nebenbei der Wert einer breiten Vielfalt
     von Anlagen gestützt.
    Die von den Notenbanken eingeschlagene Politik der quantitativen Lockerung, also des Aufkaufs langfristiger Schuldtitel auf
     dem Markt, war der Höhepunkt dieses Prozesses. In der Folge veränderten sich die Bilanzen der Zentralbanken grundlegend. Im
     Jahr 2007 etwa hielt die Federal Reserve Aktiva im Wert von rund 900 Milliarden US-Dollar, fast ausschließlich Verbindlichkeiten
     der amerikanischen Regierung. Im Sommer 2009 hatte sich die Bilanz der Notenbank auf rund 2,5 Billionen US-Dollar aufgebläht
     und bestand nun überwiegend aus Vermögenswerten, die im Zuge |209| der Krise erworben worden waren. Einige dieser Papiere, etwa die Schuldtitel von Fannie Mae oder Freddie Mac, waren sicher,
     andere Neuerwerbungen der Federal Reserve, vor allem mit Eigenheimhypotheken, Kreditkartenforderungen und Autokrediten besicherte
     Wertpapiere, dagegen nicht.
    Die zwielichtigsten Papiere waren jedoch die CDOs und andere explosive Anlagen, wie sie die Notenbank im Zuge der Rettung
     von Bear Stearns und AIG übernommen hatte. Diese Papiere stellen, wie Mitarbeiter der Notenbank im Februar 2009 meinten, »die
     esoterischsten Posten in der Bilanz der Notenbank« 18 dar. Das war eine glatte Untertreibung. Anders als im Fall der meisten anderen Aktiva »besitzt« die amerikanische Notenbank
     diese Papiere über drei Gesellschaften mit beschränkter Haftung namens Maiden Lane I, II und III. Diese werden von BlackRock
     Financial Management privatwirtschaftlich geführt. Dieses unorthodoxe und in der Geschichte der Notenbank beispiellose Arrangement
     provozierte beträchtliche Kritik und Skepsis.
    In der Summe waren diese konventionellen und unkonventionellen Maßnahmen ein massiver und beispielloser Eingriff der Notenbank
     in das Finanzsystem. In der Bekämpfung der Finanzkrise brachten Bernanke und in geringerem Umfang auch andere Zentralbanker
     drei unterschiedliche Werkzeuge zum Einsatz. Das traditionellste

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