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Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens

Titel: Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiziano Terzani
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Entdeckergeist, die Neugier auf das „Andere“, das bis vor kurzem noch überall zu finden war. So war das zu meiner Zeit, denn damals gab es noch nicht überall Luxushotels.
    FOLCO: Als wir klein waren, brachtest du immer jede Menge Geschichten und Koffer voller merkwürdiger Dinge von deinen Reisen mit. Einmal holten wir dich am Hafen von Singapur ab und du trugst eine riesige bunte Statue von einem Mann, der mit einem Krokodil ringt, auf den Schultern. Du erzähltest uns, das Krokodil sei auf das Schiff geklettert und der Mann, ein bärenstarker Malaysier, habe es mit seinen Armen erwürgt.
    Papa lacht.
    TIZIANO: Ich war auf einem dieser alten Holzkähne aus Borneo gereist, mit einem ständig betrunkenen englischen Kapitän und einer Besatzung aus lauter zwielichtigen Gestalten.
    Und weißt du noch, wie ich die beiden großen glasierten Tonelefanten aus Laos mitbrachte, einen schwarzen und einen weißen? Ich erzählte euch, das seien Abbilder der beiden echten Elefanten, die ich euch mitgebracht hatte - den weißen für dich, den schwarzen für Saskia -; nur hätte ich die vorläufig im Zoo untergestellt, da sie für unseren Garten zu groß waren. Und so gingen wir sie jeden Sonntagmorgen besuchen.
    FOLCO: Wir haben lange daran geglaubt und konnten es kaum abwarten, bis wir groß genug waren, um auf ihnen zu reiten! Und erinnerst du dich noch an die Geschichte von eurem Freund auf Borneo - stimmte die eigentlich oder nicht? -, durch dessen Garten der Äquator führte und der abends in der Hitze, wenn er sonst nichts zu tun hatte, aus dem Haus ging und sowohl auf die nördliche als auch auf die südliche Halbkugel pinkelte?
    Jahre später, als ich größer war, hast du mich dann mitgenommen, um nach unserer verschollenen Kusine zu suchen.
    TIZIANO: Was man im Leben nicht alles machen kann! Statt nach einem Paar Schuhe Ausschau zu halten, kann man auf die Suche nach einer Kusine in Thailand gehen.
    FOLCO: Wir lebten damals in Hongkong, und eines Abends bekamst du einen dringenden Anruf.
    TIZIANO: Nein, nein, das war so: Eines Abends wurde Mama von einem Verwandten angerufen, einem hohen Richter am deutschen Verwaltungsgericht, einem Spross jener Familien, die seit Jahrhunderten im Dienste von Recht und Gesetz stehen. Er schätzte mich als Asienkenner und wusste von meiner Abenteuerlust. Besorgt erzählte er mir, seine Tochter sei verschwunden. Sie hatten alles ausprobiert, die Botschaft in Bewegung gesetzt und so weiter, doch ohne Erfolg. Das Mädchen war sehr jung, siebzehn oder so…
    FOLCO: Sechzehn! Zwei Jahre älter als ich.
    TIZIANO: … und hatte Verwandte in Australien besucht. Auf dem Rückflug war sie bei einer Zwischenlandung in Malaysia, glaube ich, einfach ausgestiegen und hatte sich auf eigene Faust aufgemacht. Sie hatte eine Postkarte mit wenigen Worten nach Hause geschickt, und dann hatte die Familie monatelang nichts mehr von ihr gehört. Der Richter hatte furchtbare Angst, ihr könnte etwas passiert sein. Es waren gefährliche Zeiten, weißt du, und wenn man in schlechte Gesellschaft geriet …
    FOLCO: So jung, wie sie war, und noch dazu so blond, hätte es sich auch um eine Entführung handeln können. Damals hieß es immer, junge Mädchen wie sie würden nach Saudi-Arabien gebracht und in Harems gesteckt.
    TIZIANO: Und sie war sehr hübsch! Ich war sofort Feuer und Flamme. Und außerdem wollte ich Mamas Verwandten helfen.
    Also ließen wir uns die besagte Postkarte und ein Foto neuesten Datums von ihr schicken, ich nahm zwei Wochen Urlaub, ließ dich von der Schule befreien - „Komm mit, dann lernst du mal etwas anderes und wir zwei haben unseren Spaß!“-, und wir fuhren nach Thailand. Dass wir sie dort suchen mussten, wussten wir durch den Poststempel.
    Und dann ging das Abenteuer los. Wir zogen durch alle Bars und Lokale, von denen ich wusste, dass herumreisende Hippies dort verkehrten, und zeigten überall das Foto. Und alle sagten: „Ja, ja, da und dort habe ich sie gesehen.“Und so beschlossen wir, den Weg, den sie zurückgelegt hatte, in entgegengesetzter Richtung …
    FOLCO: Nein, Papa, die Geschichte war noch viel schöner! TIZIANO: Wie denn?
    FOLCO: Wir gingen mit diesem Foto von Tisch zu Tisch und niemand hatte sie gesehen. Mir war schleierhaft, wie wir ein Mädchen wiederfinden sollten, das in einem Land, ja in einem ganzen Kontinent untergetaucht war. Das war ja schlimmer, als die berühmte Nadel im Heuhaufen zu suchen!
    Doch dann hatten wir riesiges Glück. Ein Typ war sicher,

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