Das Ende meiner Sucht
lähmende Panikattacken, bei denen ich den Verstand zu verlieren glaubte. Die Attacken begannen scheinbar harmlos mit einem Zittern der Wadenmuskeln. Ein solches Zittern von Muskelfasern oder Faszikeln nennt man gutartige idiopathische Faszikulationen; ein häufiges Beispiel ist das Flattern eines Augenlids. Die Faszikulationen sind gutartig, weil sie keinen Schaden darstellen und verursachen, und idiopathisch, weil es keinen benennbaren Grund dafür gibt. In meinen Angstphasen wurden sie jedoch so schlimm, dass es sich anfühlte, als hätte ich Würmer unter der Haut. Die nächsten Symptome waren ein Engegefühl in der Brust und inneres Zittern. Mir war, als könnte ich nicht atmen und müsste ersticken. Und dann überrollte mich unaufhaltsam die Panik.
Ich ging bereits zu einem Psychotherapeuten, und der verwies mich an einen Psychopharmakologen, der alle möglichen Medikamente in unterschiedlicher Dosierung bei mir ausprobierte. Nichts half.
Erschöpft durch den wachsenden Stress, steigerte ich die Dosis der einzigen Droge, die mir Erleichterung verschaffte: Alkohol. Es war ein Teufelskreis. Je mehr ich trank, um meine Angst zu lindern, die Panik zu betäuben, die belastende Schlaflosigkeit loszuwerden, desto mehr musste ich die Dosis steigern, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.
An dem Punkt hörte der Alkohol auf, ein Mittel zur Entspannung zu sein, und wurde zu einem Selbstzweck. Ich hielt den Morgen durch und bis gegen Mittag. Aber jeden Nachmittag wallte das Verlangen nach Alkohol in mir auf wie eine steigende Flut. Ich widerstand, so lange ich konnte, einen Tag, zwei Tage, manchmal eine Woche oder länger, aber irgendwann erwischte es mich, und ich trank mich in einen Rauschzustand.
Ich war wie eine Zeitbombe. Dass ich im August 1997 mit akuten Anfällen infolge Alkoholentzugs, die mich beinahe umbrachten, ins New York Hospital kam, war schrecklich – und zugleich eine große Erleichterung. Ich dachte: Ich muss mein Trinken nicht mehr verstecken. Jetzt bekomme ich die richtige Behandlung, und alles wird gut.
3. BEHANDLUNG UND ›REHABILITATION‹
Ärzte sind bekanntlich schlechte Patienten. Oft behindern sie ihre Genesung, weil sie versuchen, sich selbst zu kurieren. Ende August 1997, als ich mich im New York Hospital von den massiven epileptischen Anfällen als Folge des akuten Alkoholentzugs erholte, fragte ich mich, ob ich ebenfalls in dieser Weise zu meinen Problemen beigetragen hatte, trotz meiner Bemühungen, genau dies zu vermeiden.
In den vorangegangenen neun Monaten hatte ich ungeachtet meiner Anstrengungen, das Ausmaß meines Alkoholproblems zu verleugnen, doch versucht, jemanden zu finden, der meinen Fall übernehmen und meine Behandlung wegen Ängsten und Alkoholabhängigkeit koordinieren würde. Eine Kette von Überweisungen führte mich zu etlichen hoch angesehenen Spezialisten, aber keiner von ihnen schlug einen umfassenden Therapieplan vor, obwohl einige nicht zögerten, die Behandlungsweise meines Psychiaters, der mich überwiesen hatte, zu kritisieren. Da niemand die Koordinationsarbeit leistete, war ich gezwungen, meinen Fall, so gut ich konnte, selbst in die Hand zu nehmen.
Von meinem Psychopharmakologen erhielt ich Rezepte für Tranquilizer, Benzodiazepine wie Valium und Xanax. Er verschrieb mir außerdem selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) wie Prozac und Zoloft, weil sie, wie er sagte, bei Angst wie bei Depression helfen würden. Wir experimentierten mit unterschiedlichen Dosen, mit SSRI allein oder in Kombination mit anderen Medikamenten. Kein Versuch half, und alle hatten unangenehme Nebenwirkungen.
Der Psychiater, den ich wegen meiner Alkoholabhängigkeit aufsuchte, wusste, dass ich diese Medikamente nahm, und verschrieb mir zusätzlich Antabus (Disulfiram). Antabus, das fünf Tage im Körper wirksam bleibt, blockiert den Alkoholabbau in der Leber, sodass man nach dem Konsum von Alkohol beinahe sofort alle Symptome einer schweren Vergiftung spürt: beschleunigter Herzschlag, gerötete Haut, Kurzatmigkeit, Übelkeit und Erbrechen. Wer dann noch weitertrinkt, riskiert sein Leben. Antabus ist eine Form der Aversionstherapie, dahinter steht der Gedanke, dass die Furcht, sehr krank zu werden oder sogar zu sterben, den Patienten vom Trinken abhalten wird.
Die Aversionstherapie mit Antabus funktioniert im Allgemeinen nicht gut, weil sie das Verlangen nach Alkohol nicht ausschaltet und die Patienten wissen, dass sie das Antabus nur fünf Tage absetzen müssen,
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