Das Engelsgrab
aufeinander zugeschoben. Dennoch zeichneten sich Ränder ab, die schwefelgelb schimmerten.
Das typische Wetter für ein mächtiges Gewitter. Es würde wie eine Erlösung nach der Schwüle sein und den Sommer zunächst einmal beenden.
Meine Gedanken drehten sich um Belial, und ich fühlte mich nicht glücklich dabei. Da brauchte ich mir nur den Himmel anzuschauen, um zu wissen, dass er so etwas wie ein ideales Versteck für den mächtigen Engel der Lügen bildete. Er konnte in das Wolkenmeer eintauchen, ohne gesehen zu werden.
Ihm traute ich jede Schandtat zu und konnte mir gut vorstellen, dass er schon zahlreiche Schutzengel vernichtet hatte. Dagegen stand eine gewisse Claudine Lanson.
Aus ihr wurde ich ebenfalls nicht schlau. War sie wirklich eine Freundin der Engel, oder hatte sie uns nur etwas vorgespielt? Gern hätte ich sie befragt. Das musste leider auf später verschoben werden.
»Wenn der Junge schläft, werden wir ihn unter Kontrolle halten«, sagte ich.
»Wohl nicht in seinem Zimmer!«
»Mal sehen.«
Suko war anderer Meinung. »Ich bezweifle, dass es Toby gefallen wird, zwei Erwachsene an seinem Bett sitzen zu sehen. Jungen wie er haben ihren eigenen Kopf.«
»Die Tür kann ja offen bleiben.«
»Das wird sie auch«, sagte Lilian Cramer, die zu uns kam und erleichtert wirkte. »So, das wäre geschafft. Toby ist wieder sauber. Aber warum stehen Sie denn hier im Halbdunkel?«
»Es gefällt uns auch so.«
»Unsinn, Suko. Und zu trinken haben Sie sich auch nichts genommen.«
Ich überging die Bemerkung und erkundigte mich, wo sich Toby aufhielt. »In der Küche. Er hat sich doch entschlossen, etwas zu essen. Jungen in seinem Alter haben eben Hunger.«
»Das ist gut, Mrs. Cramer. Mal eine andere Frage. So etwas wie eine Veränderung haben Sie nicht zufällig an Toby festgestellt?«
Erstaunt sah sie mich an. »Wie meinen Sie das, Mr. Sinclair?«
»Es ist schwer zu sagen. Kann sich Ihr Sohn möglicherweise anders verhalten haben?« formulierte ich vorsichtig.
»Nein, nichts. Was soll das denn?«
»Ist er ruhiger gewesen?«
Sie schüttelte schon heftig den Kopf. »Auch das ist nicht passiert, Mr. Sinclair. Er hat sich in den Stunden des Tages wirklich nicht verändert. Unser einziges Problem war eben seine Schlafwandelei und eben das Zusammentreffen mit seinem Schutzengel, über das ich noch immer nicht hinweggekommen bin. Ansonsten war oder ist Toby ein völlig normaler Junge.«
»Das ist gut. Ich habe bereits befürchtet, dass andere Mächte auf ihn eingewirkt haben könnten.«
»Welche denn, Mr. Sinclair?«
Mein Lächeln gefiel Lilian Cramer nicht, denn sie schüttelte den Kopf.
Ich gab ihr die Antwort trotzdem. »Mächte oder Kräfte, die uns Menschen nicht wohlgesinnt sind.«
»Damit meinen Sie doch nicht die Engel?«
»Nicht direkt, Mrs. Cramer. Auch unter ihnen gibt es Unterschiede und einen großen Dualismus. Um es einfacher zu erklären kann man sagen, dass die Engel der einen Seite die Menschen beschützen wollen und die der anderen das Gegenteil vorhaben. Das ist im Groben gesehen alles.«
»Verstehe, verstehe«, flüsterte Lilian. »Jetzt denken Sie, dass mein Sohn Toby nicht nur die eine Seite kennt, sondern auch die andere, die ihm feindlich gegenübersteht.«
»Alles ist möglich, Mrs. Cramer.«
»Können Sie ihn nicht selbst fragen?«
»Nein, das möchte ich lassen. Ich will nicht alles aufwärmen.«
Sie schaute zu Boden. »Da haben Sie wohl recht. Ich werde mal nach Toby sehen.«
Suko hielt sie mit einer Frage auf. »Da wäre noch etwas, Mrs. Cramer. Nur eine Frage. Kennen Sie eine Frau mit dem Namen Claudine Lanson?« Mein Freund hatte besonders den Namen langsam ausgesprochen, damit die Frau ihn auch verstand.
Lilian Cramer wiederholte den Namen einige Male. »Hört sich französisch an«, sagte sie. »Auch wenn ich Sie enttäuschen muss, Inspektor, dieser Name sagt mir nichts.«
»Auch in einem Zusammenhang mit Ihrem Sohn können Sie ihn sich nicht vorstellen?«
»Nein. So heißt keine seiner Lehrerinnen oder Bekannten. Da muss ich leider passen, Inspektor.«
»War nur eine Frage.«
Lilian war neugierig geworden, denn sie wollte wissen, wer diese Frau war.
»Claudine Lanson ist jemand, die sich mit Engeln oder der Engelforschung beschäftigt hat. Sie kennt sich aus. Sie hat auch Bücher über dieses Phänomen geschrieben.«
»Nein, nein!« erklärte Lilian Cramer. »Damit hatte ich noch nie Kontakt. Ich habe mich auch niemals mit dem Phänomen der Engel
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