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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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ernannte mich zum päpstlichen Kämmerer und zum Kardinal. « Dass er, Cossa, zum damaligen Zeitpunkt nicht einmal die Weihe zum Priester erhalten hatte, unterschlug er geflissentlich.
    Magdalena war zwar durch Doktor Zängle hinreichend
aufgeklärt, hielt es jedoch für ratsam, ihr Wissen für sich zu behalten. Hohe Herrschaften schätzten es nicht, beim Flunkern ertappt zu werden … Sie erinnerte sich nur allzu gut an Zängles Ausführungen:
    Unter Cossas Ägide erblühte das beliebte Ablass- und Pfründengeschäft zu ungeahnter Größe. Die päpstlichen Kassen füllten sich und die seines Kämmerers nicht minder. Der zu hoher kirchlicher Stellung aufgestiegene Seeräuber residierte in Bologna als »blutiger Despot, rücksichtsloser Dieb und schamloser Lüstling«, wie es Vetter Julius ausgedrückt hatte.
    Magdalena konnte das kaum glauben, als sie sich den ziemlich kleinen, schwammigen Mann mit dem feisten Gesicht im Nachthemd, mit der Schlafmütze auf dem Kopf, erneut ins Gedächtnis rief. Natürlich war er ihr gegenüber reichlich unverschämt gewesen – aber man musste ihm wohl den Irrtum zugute halten.
    Dick und gemütlich sah der Heilige Vater aus, so als vermöge er kein Wässerchen zu trüben. Das einstige gewiss scharf gezeichnete Schurkengesicht mit dem einschüchternden Raubvogelblick war im Laufe der Jahre der Physiognomie eines gütigen Großvaters gewichen.
    Die abfälligen Äußerungen ihres Vetters, die im deutlichen Gegensatz zu diesem friedfertigen Erscheinungsbild standen, klangen ihr noch in den Ohren:
    »Dieser Mann hat sich in Bologna die Hände selbst kaum schmutzig gemacht. Um die Schandtaten zu erledigen, benützte er mittellose Verbrecher. Mit List und Geld hat Cossa etwa auf dem Konzil von Pisa durchgesetzt, dass ein Minoritenbruder zum Papst gewählt wurde, der sich Alexander V. nannte und sein williges Werkzeug war.
    Nach einem Jahr war er seiner überdrüssig und ließ ihn
samt seinem Leibarzt aus dem Weg räumen. Man sagt, dass er es nur mittels Bestechung und Androhung von Gewalt erreichte, zu Alexanders Nachfolger gewählt zu werden. Sein Bestreben ist es, in Konstanz zum alleinigen Heiligen Vater ernannt zu werden – was Gott, der Allmächtige, in Seiner Güte und Weisheit verhindern möge.«
    So wie Julius Zängle wussten viele über den unwürdigen Lebenslauf dieses »Unheiligen Vaters« Bescheid, und in den Gassen der Konzilsstadt sowie in Speisehäusern, Schänken und Bordellen munkelte man noch viel Schlimmeres über ihn, wobei man auch keineswegs vor Übertreibungen und Unterstellungen zurückschreckte. Selbst in der Klosterapotheke hörte die junge Frau jeden Tag hinter vorgehaltener Hand wüste Geschichten über Seine Heiligkeit.
    Laut äußerte jedoch niemand sein Missfallen. Johannes war schließlich Papst, offiziell ein hochgeehrter Gast, und dazu ließen er sowie seine gesamte Entourage eine große Menge Geld in die Kassen fließen. Wer wollte es sich schon mit dem Nachfolger Petri und Stellvertreter Christi verderben? Die geschäftstüchtigen Konstanzer Bürger und Kaufleute gewiss nicht.
     
    Dergestalt in Gedanken verloren hatte Magdalena an der Seite ihres Begleiters ihren Weg durch die schwach vom Mondschein erhellte Nacht fortgesetzt und nicht weiter auf die Umgebung geachtet, bis sie plötzlich vor sich eine Bewegung wahrnahm.
    »Gütiger Himmel!«, murmelte sie betroffen. »Da vorne kommt mein Vetter Julius. Er hat mich offenbar vermisst und die Stadtwache alarmiert. Und Bruder Gregor, der Klosterapotheker der Franziskaner, und unser Lehrjunge sind auch bei ihnen!«

    Das wiederum gefiel Massimo überhaupt nicht. Aber so sehr er sich auch Meilen weit wegwünschte, er sah keine Möglichkeit, den vier Konstanzer Stadtsoldaten und dem Verwandten der jungen Frau auszuweichen. Er fasste sich daher ein Herz und marschierte geradewegs auf den Trupp zu.
    »Gestatten die Herren: Don Massimo d’Alberini, Leibdiener Seiner Heiligkeit, Papst Johannes XXIII. Ich begleite Donna Magdalena nach Hause, welche liebenswürdigerweise unserem Heiligen Vater ihre Heilkünste zur Verfügung gestellt hat, damit selbige unter meinem Schutz ungefährdet in ihr Heim gelange«, blies er sich vor den Männern gehörig auf.
    »Ich darf Euch die Jungfer nun heil übergeben, Dottore?«, wandte er sich dann an den Notar, der sich durch seine Kleidung von den mit Spießen bewaffneten und geharnischten Wachsoldaten und dem Frater in seiner schlichten Kutte deutlich abhob. Betz zählte in

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