Das Erbe der Apothekerin - Roman
unbekannt.
»Das heißt aber nicht, dass es nicht andernorts ein anerkanntes Arzneimittel sein kann«, versuchte ein Bruder, die junge Frau in Schutz zu nehmen. Malachias wies ihn umgehend zurecht:
»Entschuldigt, Frater! Aber davon versteht Ihr nun wirklich nichts! Ihr seid ein Buchmaler, aber kein Heilkundiger. Wenn dieses Zeug tatsächlich auch nur von geringstem medizinischem Wert wäre, wüssten wir davon, das könnt Ihr mir ruhig glauben! Nicht umsonst genießt unser Kloster weit und breit den besten Ruf, was die Krankenheilung angeht.«
Die Fratres nickten. Das stimmte allerdings.
»Und falls das Mittel doch wirkt und unseren Frater Gregor wieder auf die Beine bringt?«, wagte ein anderer einen weiteren Einwand. »Dann wäre doch bewiesen, dass Frau Magdalena keine Giftmischerin ist! Und unser Kloster besäße in Zukunft eine unfehlbare Medizin gegen ähnliche Erkrankungen. «
Auch der Prior schien geneigt, sich diese Meinung zu eigen zu machen. Was allen klar war, war die Tatsache, dass Frater Gregor inzwischen so schwach und hinfällig schien, dass er ohne Hilfe – mochte sie auch noch so exotisch erscheinen – sehr wahrscheinlich dem Tod geweiht war.
»Dann handelt es sich bei Bismutum um ein Medikament des Teufels – und diese angebliche Apothekerin ist eine HEXE!«
Regelrecht hysterisch schleuderte Bruder Malachias das letzte Wort in den Raum. Die Mönche erstarrten und wagten kaum zu atmen. Keiner sprach ein Wort. Auch dem Prior
verschlug es bei dieser schweren Anschuldigung die Sprache.
In diesem Augenblick öffnete sich die Türe des Refektoriums, und unter mehrmaligem Verbeugen tauchte der junge, vielversprechende Apothekersgehilfe Betz auf.
»Verzeiht mein Eindringen, Vater Prior! Ich komme im Auftrag von …«
»Du siehst doch, dass wir Wichtiges zu besprechen haben, Junge! Komm später wieder!« Malachias versuchte, den Burschen aus dem Refektorium zu scheuchen, der sich aber keineswegs einschüchtern ließ.
»Ich bitte um Vergebung, Frater! Aber mein Auftrag lautet, eine Frage an den ehrwürdigen Vater Prior zu richten«, rief er laut und drängte sich an Malachias vorbei, der versuchte, ihm den Zugang zu verwehren.
»Was gibt es denn, Betz?«, erkundigte sich der Prior freundlich. Er konnte den fleißigen und verständigen Lehrling der Pharmazie gut leiden. »Wie lautet deine Frage?«
»Frau Magdalena schickt mich zu Euch«, begann Betz, woraufhin Malachias sofort aufschrie: »Was? Diese, diese … Welche Dreistigkeit!«
Der Prior hob die Hand und sandte einen unwilligen Blick zu Frater Malachias.
Betz achtete indes gar nicht auf den missgünstigen Klosterbruder. Dass der von Magdalena nichts hielt, wusste er zur Genüge.
»Die Jungfer Apothekerin hat Kunde von einem neuen Arzneimittel. Es stammt …«
Malachias lachte laut. »Bestimmt von einem heidnischen Medizinmann aus dem fernen Afrika oder sonst einer gottverlassenen Gegend!«
Der Leiter des Konvents wurde jetzt ernsthaft unwillig.
»Seid so gut und haltet Euch zurück, Bruder. Wenn Ihr nichts dagegen habt, möchte ich jetzt gerne hören, was Frau Magdalena mir ausrichten lässt.« Worauf sich der Zurechtgewiesene beleidigt in eine Ecke zurückzog.
»Das Mittel namens Bismutum stammt aus Deutschland. Es ist ein Mineral und wird in Sachsen gewonnen und neuerdings im Schwarzwald in Wittichen«, erklärte Betz. »Von einem reisenden Heilmittelhändler hat Frau Magdalena es erworben. Der bestätigte, dass es gute Dienste leiste bei offenen und nässenden Wunden sowie bei Eiterbildung. Sie möchte es nun bei Frater Gregor ausprobieren – sie hat die Hoffnung, es könnte auch bei innerlichen Malaisen hilfreich sein.«
Um einen möglichen Einwand Frater Malachias’ auszuschließen, fügte er sofort hinzu: »Frater Gregor selbst bittet im Übrigen darum, dass der Versuch gewagt werde! Aber Frau Magdalena möchte ohne Eure ausdrückliche Genehmigung nichts Derartiges unternehmen, Ehrwürdiger Vater! «
»Aber sie hat bereits alles vorbereitet, ja?«, wollte der Prior wissen.
»Ja, Herr! Sie wartet nur auf Euer Placet – ohne das wagt sie den Versuch auf keinen Fall! Sie legt auch Wert auf die Feststellung, dass sie weder Euch noch Frater Gregor die Zusicherung einer tatsächlichen Heilung geben kann.«
»Das ehrt sie«, befand der Prior. »Dass die junge Frau um Erlaubnis für ihr Tun bittet, überzeugt mich von ihrem guten Willen und ihrer Ehrenhaftigkeit. Eine Giftmischerin oder gar Hexe würde kaum so handeln. Soll
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