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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Tag Augenbäder von der Dauer von fünf Vaterunsern vornehmen müsst. In drei Tagen seid Ihr das Übel los, Majestät. «
    Um ihren Worten mehr Gewicht zu verleihen, fügte sie
noch hinzu: »Bereits die heilige Hildegard von Bingen hat den Augentrost, ein schwach würziges Kraut, das auf Wiesen und an Wegrainen wächst, in ihrem Werk als schmerzlindernd und heilend empfohlen.«
    Der Kaiser musterte die junge Frau sehr genau und was er sah, gefiel ihm außerordentlich. Klug und schön – das war bei Frauen eine Mischung, die ihn faszinierte. Im Stillen überlegte Sigismund, welch einen Gewinn dieses aparte Geschöpf für das Haus des Hannes Schwertle darstellen könnte.
    »Schade, mein schönes Kind, dass Ihr Eure Begabung an die Franziskaner verschwendet«, begann er schmeichelnd, um die Lage zu sondieren. Magdalena jedoch war nicht in der Stimmung, mit irgendjemandem, der einen Ort wie diesen aufsuchte, über ihre Berufswahl zu debattieren. Und für ein Getändel war sie sich auch zu schade – selbst wenn es sich um den Kaiser handelte.
    »Ich werde nicht mehr lange in Konstanz bleiben, Herr Sigismund«, wehrte sie ab. »Mein Vater hat mir in meiner Geburtsstadt Ravensburg eine Apotheke hinterlassen, und diese werde ich, so Gott will, bald übernehmen.«
    »Ach so?«
    Der Kaiser schluckte. Dann konnte er sich seine Worte ja sparen. »Na, wenn das so ist …«
    Mit einem Mal sah der Herrscher etwas ungnädig drein. Er hatte sich in Gedanken schon einiges ausgemalt … Mit einer fordernden Geste deutete er auf die Flasche, die Magdalena in der Hand hielt.
    »Ist das jene Medizin, von der Ihr gesprochen habt, Jungfer? So gebt sie her! Mein Leibdiener wird mir die Augenbäder dreimal am Tag bereiten.«
    »Wie Ihr wollt, Majestät! Ich hätte es auch gerne selbst unternommen, Euch – in diesem Falle – zu Diensten zu
sein.« Er sollte ruhig merken, dass sie ihn durchschaut hatte … »Sagt Eurem Diener, er soll für jedes Bad dreißig Tropfen in eine kleine Schüssel mit lauwarmem Wasser geben. Nicht mehr, sonst werden die Bindehäute noch mehr gereizt, und nicht weniger, weil das Mittel sonst nicht zu wirken vermag.«
    »Ich danke Euch, Jungfer Apothekerin, aber ich bin mir sicher, mein Diener bekommt das hin«, spöttelte er. Frauenkenner, der er war, hatte der Kaiser in der Tat begriffen, dass er bei ihr kein Glück hätte. Infolgedessen schwand sein Interesse an ihrer Person rapide.
    Sigismund schwenkte seinen Hut vor ihr, und ein leicht ironisches Lächeln umspielte dabei seinen kleinen, roten Mund. Ehe Magdalena sich’s versah, hatte der Kaiser den intimen Raum verlassen. Durch die offene Tür drangen Gläserklirren, Gelächter und die laute Musik mehrerer Fiedeln, eines Dudelsacks und gar einer Trommel herein.
    Das Haus schien voll zahlungskräftiger Gäste zu sein, denn für gewöhnliche Freier ließ Schwertle keine Spielleute in seinem Bordell auftreten. Als die Tür ins Schloss fiel, hörte der Lärm schlagartig auf.
    Davon, dass der Kaiser die Absicht habe, die Arznei zu bezahlen, war keine Rede gewesen … Magdalena wusste von Vetter Julius, dass der Herrscher überall nur offene Rechnungen hinterließ. Wie es aussah, würde er aus Konstanz verschwinden, und ein Berg von Schulden, die sich niemand einzufordern getraute, würde zurückbleiben.
     
    Sie war gerade dabei, mit dem Rücken zur Tür ihren Arzneikorb aufzuheben, um das Schlafzimmer in diesem Haus des Lasters umgehend zu verlassen, als diese erneut mit Elan geöffnet wurde. Sie beeilte sich nicht mit dem Umdrehen,
sondern breitete erst sorgfältig ein Tuch über den Inhalt des Korbes.
    Danach richtete sie sich auf und wandte sich dem Ankömmling zu, damit rechnend, erneut dem Kaiser gegenüberzustehen. Womöglich war Seiner Majestät doch noch eingefallen, dass die Medizin nicht umsonst zu haben war.
    Wie erstaunt war sie allerdings, als ein untersetzter, sichtlich angetrunkener und vornehm gekleideter Herr lallend auf sie zu stolperte.
    »Schö schö schönes Kind«, stotterte er und fiel beinahe hin, als sie zurückwich. Sein ekliger Weinatem drang bis in die hinterste Ecke des Gemachs. »Hahaltet mimich doch!«, krähte der Eindringling empört und klammerte sich im letzten Augenblick an den Bettpfosten. Ein tadelnder Blick aus kleinen, dunklen Triefaugen traf die Apothekerin.
    »Klopft Ihr nie vorher an, ehe Ihr einen Raum betretet, mein Herr?«, herrschte ihn die junge Frau an. Da der Beschwipste vergessen hatte, die Tür hinter sich zu

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