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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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der Großmutter. »Dieses Schreiben soll ich Euch noch übergeben von Frau Elise, damit Ihr einigermaßen im Bilde seid.«
    Die langen schlanken Finger der Heilerin griffen nach dem gefalteten Papier, und das Mädchen musste unwillkürlich daran denken, wie geeignet diese Hände waren, um einem Kind auf die Welt zu helfen.
    Eine Weile war nichts in der kleinen Wohnstube zu hören außer dem Knistern des Feuerholzes im Kamin und dem wohligen Schnurren der Katze. Nach längerer Zeit hob Gertrude ihren Kopf mit den hochgesteckten, zu zwei Zöpfen geflochtenen, silberdurchwirkten Haaren und blickte ihre junge Verwandte an.
    »Du armes, armes Kind!«, sagte sie leise. »Dieser Schurke
von Oheim hat es geschafft, die Munt über dich zu erlangen, und er benützt dieses Amt, um dich zu bestehlen – nein, um dich regelrecht auszuplündern! Deine Ehe hat er erfolgreich verhindert, und um die wahre Erbin dauerhaft mundtot zu machen, versucht er zudem, dich in ein Kloster zu verbannen. Dazu ist ihm jedes Mittel recht – selbst, wenn er dir den Büttel auf den Hals hetzen muss! Schande über diesen Menschen!«
    »Das ist noch nicht alles, Muhme Gertrude«, brachte Magdalena schweren Herzens heraus.
    Aber die Ältere unterbrach sie: »Nenn mich ruhig Trude, das dürfen alle, die ich leiden mag, und zu dir werde ich Lena sagen, wenn du nichts dagegen hast. Und was du mir sonst noch zu sagen hast, weiß ich bereits, seit ich dich bei Licht gesehen habe. Du bist schwanger, nicht wahr?«
    Das Mädchen wurde feuerrot und wusste nicht, was es sagen sollte. Dass eine erfahrene Wehmutter ihren Zustand erkannte, war gewiss kein Hexenwerk. Aber dennoch: Dass es ihr jemand so ohne weiteres ins Gesicht sagte, war wie ein Faustschlag. Ihr fiel das alte Bettelweib im Infirmarium des Klosters wieder ein. Auch sie hatte gesehen, was den meisten noch verborgen blieb …
    »Begehe nur nicht den Fehler, dich dafür zu schämen, meine liebe Lena!« Gertrude schien besorgt. »Mutter zu werden ist das Schönste, das uns Weibern passieren kann. Leben zu schenken ist das größte Wunder überhaupt! Viel wunderbarer jedenfalls – und gewiss auch nützlicher – als aus Wasser Wein zu machen oder über den See Genezareth zu wandeln – wenn du mich fragst. Aber frage mich lieber nicht: Ich bin keine sehr gute Christin. Das sollte dich aber nicht weiter stören, denn ich bin durchaus gläubig – sehr sogar. Wenn auch nicht nach dem Geschmack der Pfaffen …«
Die Muhme lachte, und Magdalena konnte nicht anders, als einzustimmen, obwohl es in ihrer momentanen Lage eigentlich wenig zum Lachen gab.
    »Ja, es stimmt, Trude. Konrad Grießhaber ist der Vater des Kindes, mein ehemaliger Verlobter. Sogar den Termin der Hochzeit hatten unsere Väter schon festgelegt. Aber das hilft mir jetzt auch nichts mehr; Konrad hat eine andere Frau geheiratet, und ich muss allein für meinen dicken Bauch Sorge tragen.«
    »Noch ist er keineswegs dick. Und es gibt Mittel und Wege, dich von dieser Bürde zu befreien – und sogar ohne dass die Kirche von Sünde spricht … Ich schätze, du trägst das Kind erst etwa zwei Monate in dir, und es wird noch viele Wochen dauern, ehe du die ersten Bewegungen spürst. Zum jetzigen Zeitpunkt kann man wohl noch nicht von einem Menschen sprechen – obwohl es andere Kirchenleute gibt, die behaupten, Gott hauche bereits am vierzigsten Tag nach der Empfängnis dem Geschöpf die Seele ein.«
    »Mag sein, Muhme.« Magdalena sah beinahe ängstlich zu der älteren Frau hinüber. »Aber für mich ist es schon jetzt ein werdender Sohn – oder eine werdende Tochter. Ich habe mir bereits das Gesicht meines Kindes vorgestellt, die Farbe seiner Haare und Augen und ob es lebhaft oder eher von stillem Wesen sein wird …«
    Gertrude erhob sich und trat zu ihrer jungen Verwandten. Sanft strich sie ihr über das weich herabfallende blonde Haar, das im Feuerschein rötlich glänzte.
    »Mein liebes Kind! Ich habe dir nur einen Vorschlag gemacht. Aber ich sehe, dass du dein Kleines bereits jetzt über alles liebst – und ich werde die Letzte sein, die dich dazu verleiten will, das Ungeborene in deinem Leib zu töten. Du musst nur sehr stark sein, wenn du die Pflicht auf dich nehmen
und es alleine großziehen willst. Ich weiß, wovon ich rede, Lena! Anfangs werden alle über dich herfallen und dich der ›Sünde‹ wegen verdammen. Ich wünsche dir, dass du dir selbst treu bleiben kannst und den Tag niemals verfluchst, an dem du mein Angebot

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