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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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zwischen den Streithähnen zermalmt zu werden.
»Und noch dazu mit einer werdenden Mutter«, dachte er voll Besorgnis. Es war zum Haare-Ausraufen! Um einen einzigen Tag nur hatten sie Konrad Grießhaber verpasst. Alles nur die Schuld dieser verdammten Wegelagerer!
    Nachdem der Wirt ihm noch verraten hatte, wohin Konrad und Renata ihre Pferde gewendet hatten, machte er sich wieder zurück auf den Weg in den Gasthof Zum grünen Kranz, wo Magdalena schon gespannt auf ihn wartete. Wenn er an die Enttäuschung dachte, die er ihr bereiten musste, tat ihm das Herz weh.

KAPITEL 15
    DR. JULIUS ZÄNGLE stöhnte zwar zum Gotterbarmen über die viele Arbeit, war jedoch ganz in seinem Element. Insgeheim organisierte er für sein Leben gern. Je komplizierter die Anforderungen waren, desto lieber war es ihm; aber zugegeben hätte er das niemals. Er begann damit, bei den »besseren« Gastwirten Quartiere zu ordern.
    »Wie viele Zimmer habt Ihr anzubieten? Das ist nicht Euer Ernst, guter Mann! Was glaubt Ihr denn, was im Winter in Konstanz los sein wird? Hier findet in Bälde nicht irgendein x-beliebiges Treffen einer frommen Bruderschaft statt, mein Lieber, sondern ein internationales Konzil, ein Treffen hoher und höchster Geistlichkeit sowie der edelsten Herren aus ganz Europa! Drei Päpste sind geladen, und zumindest einer davon wird garantiert kommen. Außerdem unser König Sigismund!«
    Das bekam nach und nach jeder Wirt in Konstanz und der näheren Umgebung von ihm zu hören.

    »Eine Einladung haben ferner der englische sowie der französische König erhalten, der byzantinische Kaiser, sämtliche Reichsfürsten und jede Menge Kardinäle, Erzbischöfe, Bischöfe und Äbte. Und da redet Ihr mir von läppischen zwanzig Zimmern! Die Herren bringen natürlich auch entsprechende Begleitung mit – Berater, Sekretäre, Kammerdiener, eigene Beichtväter, von den Mätressen ganz zu schweigen – und ihre kleinen Privatarmeen. Sollen wir die vielleicht jeweils auf vier oder fünf Häuser verteilen? Lasst Euch gefälligst was einfallen! Baut meinetwegen an, entrümpelt Eure Nebengebäude und Scheunen, räumt Eure Dachböden und Kellerräume aus und unterteilt sie mit Holzwänden in einzelne Kammern – und vergesst mir die Abtritte nicht! Vor allem die englischen Herrschaften reagieren da ganz empfindlich. Bei den Franzosen und Italienern kommt es nicht so drauf an – da tut’s auch eine Grube und ein Donnerbalken hinterm Haus, so wie es auch bei den meisten unserer Landsleute noch üblich ist.«
    Zängle musste auch darauf achten, die verschiedenen Gruppen der Franzosen tunlichst voneinander fernzuhalten. Es reichte schon, dass sie im Konstanzer Münster jeden Tag aufeinanderträfen … Wenige Jahre zuvor hatte nämlich in Paris ein bezahlter Meuchelmörder des burgundischen Herzogs Johann Ohnefurcht den Herzog von Orléans umgebracht. Seitdem waren zwischen den Burgundern und der Orléans-Partei blutige Gemetzel an der Tagesordnung – lediglich unterbrochen durch scheinheilige, sogenannte Versöhnungstermine.
    Der französische König Karl VI. würde daher wohl kaum selbst in Konstanz erscheinen, aber er hatte eine Gesandtschaft seines Hofes und der Universität Sorbonne angekündigt. Auch der junge Heinrich V. von England – erst seit 1410
auf dem Thron – blieb reserviert. Er hatte sich aber dazu entschlossen, eine englische Gesandtschaft in hochkarätiger Besetzung zum Konzil zu schicken.
    Und nicht zuletzt wartete man auf den Gastgeber, König Sigismund, einen eindrucksvollen, hochgewachsenen und eleganten Mann, den manche hinter vorgehaltener Hand einen »Beau« und Blender nannten – ein Urteil, das jedoch den meisten im In- und Ausland zu weit ging. Die Nüchternheit und der Pragmatismus seines Vaters, Kaiser Karls IV., mochten ihm ja manchmal abgehen, wie auch der Sinn für das politisch Machbare. Aber ihn deshalb als »reinen Phantasten« zu bezeichnen, schoss entschieden über das Ziel hinaus.
    Julius Zängle jedenfalls verteidigte den König gegen alle Kritiker. »Was wollt Ihr denn?«, fragte er etwa beim abendlichen Dämmerschoppen seinen Gesprächspartner – einen Prälaten aus der Umgebung des Konstanzer Bischofs, der gleich ihm die ehrenvolle Aufgabe hatte, zu den Organisatoren des Konzils zu gehören.
    »Sigismund ist ein Herrscher mit Visionen und wird am 8. November in Aachen zum römisch-deutschen König gekrönt – damit hat er ein wichtiges Ziel erreicht auf dem Weg zum Kaiserthron. Und er ist Gastgeber

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