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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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gehört, dass Papst Johannes heftig gegen diese Verfahrensweise protestiert hat.«
    »Seine Heiligkeit argwöhnt wohl, dass er seine Ziele nicht so leicht wird durchsetzen können, wie er sich das möglicherweise erhofft hat«, lautete die Vermutung eines anderen. Zängle zuckte die Achseln.
    Man schrieb inzwischen den 16. November 1414, und die erste öffentliche Sitzung hatte endlich stattgefunden. Alle Konzilsteilnehmer – auch die nicht direkt beteiligten Beobachter, wie etwa die drei Franziskanermönche Johannes, Jakobus und Andreas, mit denen Magdalena und Betz nach Konstanz gekommen waren – konnten erkennen, dass die Laune Seiner Heiligkeit nicht die allerbeste war.
    Johannes XXIII. ahnte wohl, dass er sich von der Idee, ohne ernsthaften Widerstand als einziger Papst aus diesem Konzil hervorzugehen, verabschieden musste. Zur Eröffnung der Gesprächsrunde im Münster durfte jeder Teilnehmer frank und frei seine Meinung vertreten – und die Herren taten das auch. Der Papst zog sich diplomatisch aus der
Affäre, indem er diese Redefreiheit »gnädig erlaubte«. Ja, der Heilige Vater bekräftigte sogar huldvoll die Ansicht nicht weniger Redner, dass man – falls nötig – auch ihn selbst der Kritik unterziehen dürfe …
    Daraufhin warfen sich viele der im Münster Anwesenden bedeutungsvolle Blicke zu. Die Begleiter von Papst Johannes zeigten jedoch besorgte Mienen.
     
    Julius Zängle beendete, nachdem er seinen Krug zügig geleert hatte, rasch das Gespräch und verließ mit einer gewissen Erleichterung das Wirtshaus. Er war hungrig und müde und freute sich auf das Abendbrot. Der eiserne Junggeselle hatte sich sehr schnell an die Anwesenheit seiner Verwandten Magdalena gewöhnt.
    Diese lebte jetzt seit beinahe zwei Wochen bei ihm. Er zog es vor, von ihr mit »Vetter« tituliert zu werden. »Als Oheim käme ich mir uralt vor«, hatte er gesagt und dabei verlegen gelacht. Aber die junge Frau bemerkte, dass ihm viel daran lag, vor ihr nicht als alter Mann dazustehen. Beide kamen sehr gut miteinander aus. Ja, der etwas eigenwillige Hagestolz war regelrecht aufgetaut in der Gegenwart des jungen Mädchens, das schon so viel Trauriges in seinem kurzen Leben durchgemacht hatte.
    Der unvermutete Tod ihres Vaters, der Verlust ihres Kindes sowie das tragische Ende ihres Vetters Rolf gingen ihm sehr ans Herz. Fast wunderte er sich darüber, wie sehr, denn da er seit langem allein lebte, war er es nicht gewohnt, persönlichen Anteil am Schicksal anderer zu nehmen.
    »Rudolf Reichle ist auch mein Verwandter gewesen«, sagte er leise. Nach einem üppigen Abendessen, das dem Notar ausgesprochen gut geschmeckt hatte, saßen sie noch im Salon beisammen. »Ich habe ihn kein einziges Mal gesehen,
und Gertrude, seine Mutter, nur ein- oder zweimal. Es ist eigentlich traurig, dass wir so nahe beieinander wohnen und uns doch ganz aus den Augen verloren haben.«
    »Konstanz und Ravensburg sind in der Tat nicht so schrecklich weit voneinander entfernt«, gab Magdalena zur Antwort. »Und doch haben auch wir beide uns vorher nie persönlich gesehen. Obwohl ich eine Zeit lang in einem Kloster am Bodensee gelebt habe: In Sankt Marien am See zwischen Immenstaad und Hagnau.«
    »Was, ist das wahr?« Freudig erregt neigte Zängle sich zu Magdalena hinüber.
    »In diesem Nonnenkonvent hat auch meine verstorbene Mutter einst als junges Mädchen vor ihrer Heirat ein halbes Jahr verbracht!«
    Angeregt unterhielten sich die beiden und merkten gar nicht, wie die Zeit verging. Schließlich kam Zängle auf den ersten Tag des Konzils zu sprechen und wurde nicht müde, seine Eindrücke wiederzugeben.
    »Es sind noch längst nicht alle Teilnehmer eingetroffen«, monierte er. »Es fehlen die Franzosen und es fehlen auch die Spanier, die eine eigene Nation bilden werden. Und vor allem: Der eigentliche Gastgeber des Konzils, König Sigismund, ist noch gar nicht hier.«
    Magdalena kommentierte all dies mit wissbegierigen Fragen, die den Notar in seinem Erzähleifer nur noch mehr beflügelten. Erst als der Nachtwächter am Haus Zum Goldenen Bracken in der Prozessionsstraße vorbeiging und die Zeit in seinem typischen Singsang verkündete – es war mittlerweile elf Uhr –, beschlossen sie, sich zur Nachtruhe zu begeben. Julius musste den kommenden Tag in aller Herrgottsfrühe wieder nach dem Rechten sehen. Die ersten vereinzelten Klagen und Beschwerden betreffs der Unterkünfte
waren ihm bereits zu Ohren gekommen. Er würde versuchen, die Mängel zu

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