Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Titel: Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
Vom Netzwerk:
gebären. Lange hatte sie ihren entweihten, geschändeten Leib gehasst, hatte versucht, die Schmach wegzuwaschen, sich tagtäglich mit eiskaltem Wasser und harten Bürsten abgeschrubbt, bis ihre Haut blau anlief und blutete. Irgendwann hatten die selbstquälerischen Schamgefühle nachgelassen, doch die Träume hatte sie immer noch.
    Juliana fragte sich, warum Madlen den Namen Blithildis erwähnt hatte. Sicher nicht zufällig, von daher hätte es nahegelegen, Madlen geradeheraus zu fragen, worauf sie hinauswollte. Doch das war unmöglich, denn dann hätten sich die namenlosen Schatten in ihrem Inneren geregt und die Wunde aufgerissen. Und sie vielleicht daran sterben lassen. Es war besser, nicht daran zu rühren. Niemals.
    Juliana betastete die kleine Schnitzerei in ihrer Gürteltasche. Heilige Maria Magdalena, betete sie stumm, bleib bei mir, jetzt und für alle Zeit. Gewähre mir Schutz vor den bösen Gedanken, nimm mir meine Ängste und hilf mir, den Weg zum Heil zu finden.
    Hildegund plapperte unablässig vor sich hin, sie war eine überaus redselige Person, die an jeder noch so nebensächlichen Begebenheit etwas zu kommentieren fand. Zum Glück erwartete sie keine Antworten, es war ihr genug, dass jemand ihr zuhörte.
    »Dieser Caspar, der Knecht von Madlen, ist ein ansehnlicher junger Mann. Ich frage mich, wie alt er wohl ist. Es heißt, dass es keiner weiß, weil er ein Findelkind ist. Aber wenn du mich fragst, ist er höchstens fünfundzwanzig. Also praktisch genauso alt wie ich. Während du sicher schon dreißig bist. Nach meinem Empfinden jedenfalls.« Hildegund kicherte. »Bei Lichte betrachtet bist du ja wohl auch so etwas wie ein Findelkind, oder?« Sprunghaft kam sie wieder zu ihrem Ursprungsthema zurück. Caspar hatte es ihr offensichtlich angetan, das fiel Juliana nicht zum ersten Mal auf. »Weißt du, ich habe schon darüber nachgedacht, ob er vielleicht das Kind eines Unehrlichen sein könnte. Etwa der Sohn von einem Müller oder Leineweber. Oder der eines Schinders. Oder gar eines Henkers.« Sie erschauderte und bekreuzigte sich. »Nein, das wäre gar zu arg. Aber er könnte der Sohn einer Hure sein.« Sie nickte nachdenklich, um diesen Gedanken zu bekräftigen. »Das wäre möglich, schließlich können die Huren keine Kinder brauchen. Viele von denen bringen ihre unerwünschte Brut einfach um, da haben die Kleinen wohl noch Glück, wenn sie bloß ausgesetzt werden.« Wieder vollführten ihre Gedanken eine Wende. »Hm, wer wohl deine Eltern waren? Wie das Kind einer Hure siehst du gewiss nicht aus. Du bist so … klug. Und irgendwie auch in deinem ganzen Benehmen eher vornehm. Du redest nicht wie eine von diesen Winkeldirnen. Außerdem bist du ja nicht ausgesetzt worden. Du hast einfach nur dein Gedächtnis verloren.« Entschieden fügte sie hinzu: »Deshalb kann auch Caspar nicht der Sohn einer Hure sein, denn er ist wohlgestaltet und hat ein ehrliches Lächeln, und seine Art zu scherzen wärmt einem das Herz. Dagegen ist dieser Willi ein recht seltsamer Bursche. Ich finde, wenn jemand wie das Kind von Unehrlichen aussieht, dann er. Wüsste ich nicht, dass sein Vater ein Böttcher ist, würde ich meinen, er sei direkt aus dem Perlenpfuhl gekrochen, so hässlich und flegelhaft ist er. Stell dir vor, als ich hinten im Hof war, um nach Irmla zu suchen, trat er mir mit einem Bierfass in den Weg und rempelte mich an. Und als ich ihn aufforderte, sich zu entschuldigen, murrte er nur auf ungebührliche Weise. Ich bin sicher, es war eine Beschimpfung. Nein, dieser Willi ist im Vergleich zu Caspar nicht viel wert.«
    Juliana ließ Hildegunds Geschwätz an sich vorbeiplätschern. Sie versuchte einfach, nicht hinzuhören, obwohl es sie schmerzlich danach verlangte, allein zu sein. Einmal mehr verwünschte sie die Regeln ihres Konvents, die vorsahen, dass Beginen immer nur zu zweit unterwegs waren; vor allem die jüngeren unter ihnen durften nicht unbegleitet durch die Stadt gehen. Sie selbst war mittlerweile fraglos alt genug, um gegen weltliche Versuchungen gefeit zu sein und auch frühzeitig die Gefahren zu erkennen, die in dunklen Gassen und in der Nähe übel beleumdeter Häuser drohten, doch Hildegund war trotz ihrer fünfundzwanzig Jahre nicht charakterfester als ein kleines Kind. Sobald ihr Weg sie über Märkte oder an Gaddemen vorbeiführte, blieb sie regelmäßig stehen, um verzückt die Auslagen zu betrachten, wenn möglich sogar die Waren zu befühlen, daran zu riechen oder sich sonst wie dafür

Weitere Kostenlose Bücher