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Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Titel: Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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Ringmauer abgeschirmt, befand sich das Anwesen inmitten eines kleinen Sees. Man konnte die Burg nur mit dem Boot oder über eine zum Wall aufgeschüttete Zuwegung erreichen, die bis zur Zugbrücke führte.
    Angriffe hatte es zu der Zeit, als die Burg noch Johanns Vater gehört hatte, nicht gegeben, jedenfalls keine, von denen Johann wusste. Bis auf jenen einen, der indessen nicht von bewaffneten Horden oder gepanzerten Streitwagen verübt worden war, sondern vom Erzbischof persönlich. Bisher hatte Johann nur bruchstückhaft erfahren, wie der Besitzwechsel vonstattengegangen war. Er hatte mit Ott darüber gesprochen, dem Hauskaplan Seiner Eminenz, der dank seines riesenhaften Wuchses und seiner enormen Körperkräfte nicht nur ein verdienter Leibwächter des Erzbischofs war, sondern als Meister der windigen Argumentation zugleich auch dessen mit allen Wassern gewaschener Bote. Zu Konrad von Hochstaden höchstselbst war er gar nicht erst vorgelassen worden, obwohl er sich eigens einen Tag ausgesucht hatte, an dem der Erzbischof in seinem Palast weilte.
    Ott hatte es an Beredsamkeit nicht gemangelt.
    »Wie Ihr zweifellos selbst einräumen müsst, ist die Anzahl der Jahre, die Ihr jenseits der Grenzen des Bistums zugebracht habt, erklecklich. Wie viele waren es gleich? Zwanzig?«
    »Fünfzehn.«
    »Nun, immer noch eine äußerst lange Zeit. Und nachdem Euer Herr Vater, Gott hab ihn selig, ins Himmelreich eingegangen war – ich zweifle nicht daran, dass er genau dort ist und nirgendwo anders –, gab es für das Lehen nicht den erforderlichen Erben.« Umständlich hatte er die Fingerspitzen gegeneinandergelegt und sich vorgebeugt, als hielte er eine gelehrsame Vorlesung vor naiven Studenten. »Ein Erblehen zeichnet sich dadurch aus, dass es vom Vater auf den Sohn übergeht. Gibt es einen solchen nicht, fällt es zurück an den Lehnsgeber.«
    »Es gab aber einen solchen , und es gibt ihn immer noch!«, brüllte Johann als Antwort auf diese impertinente Widersinnigkeit.
    »Gewiss, gewiss«, sagte Ott, in einer wie unabsichtlich scheinenden Geste die baumstammdicken Arme vor der fassartigen Brust verschränkend. »Aber das konnte niemand wissen. Ihr galtet als tot. Tatsächlich gab es sogar Zeugen, die das belegten. Es ist alles urkundlich dokumentiert.«
    »Welche Zeugen?« Johann starrte den Mann an. »Etwa die, denen jetzt die Burg gehört? Oder irgendwer, den sie dafür gut bezahlt haben?«
    »Das ist eine Unterstellung«, sagte Ott gelassen.
    »Hat er Geld dafür gekriegt? Ja, natürlich hat er das. Er braucht immer Geld. Weil ständig irgendwelche neuen Fehden auszufechten sind und die Feinde immer zahlreicher werden.«
    Ott schüttelte nachsichtig den Kopf. »Was für eine anmaßende Äußerung!«
    »Spart Euch Euren Atem. Mir ist eine andere Frage viel wichtiger: Was ist mit meiner Familie geschehen?«
    In den Zügen des Kaplans zeigte sich aufrichtige Anteilnahme, und Johann spürte, dass das nicht gespielt war. »Sie sind alle tot. Ich versichere Euch, Ihr habt mein volles Bedauern, und auch das seiner Exzellenz.«
    Damit war die Audienz vorbei gewesen. An dem Erblehen, das der Erzbischof einst seinem Vater für dessen treue Dienste zugewiesen hatte, besaß er keine Rechte mehr. Was der Erzbischof an Lehen vergeben konnte, durfte er auch wieder nehmen. Jederzeit. Sogar ohne besondere Gründe.
    Johann starrte zur Burg hinüber. Der See wies im hellen Mittagslicht einen blaugrünen Schimmer auf, vom Himmel und den umliegenden Bäumen, die sich im Wasser spiegelten. Auf dem Uferstreifen neben der herabgelassenen Zugbrücke hatten sich vier Männer versammelt. Einer davon, ein vierschrötiger, grauhaariger Mann, redete wütend gestikulierend auf einen jungen blonden Burschen ein, der im bunten Narrenkostüm vor ihm stand. Bei dem aufgebrachten Älteren handelte es sich um Wendel Hardefust, seines Zeichens Gewürzhändler und Spross eines der ältesten und vornehmsten Geschlechter Kölns, und sein Zorn richtete sich gegen seinen Sohn Simon. Zwischen den beiden gab es häufig Meinungsverschiedenheiten, die daher rührten, dass Simon in den Augen seines Vaters eine Memme und auch sonst von kläglich unzureichendem Charakter war. Dem hatte der Alte abzuhelfen versucht, indem er Simon zum Rittertum ausersehen hatte, was auch immer das für ihn hieß. In jedem Fall schien eine richtige Lehnsburg dazuzugehören, also hatte er seinem Sohn eine beschafft.
    Durch vorsichtiges Herumfragen hatte Johann erfahren, dass Simon

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