Das Erbe der ersten Menschheit (German Edition)
Vergleich zum Wert von CERN war ihr Haushalt ein Vogelschiss auf einem Fußballplatz.
„Jetzt wirf deine Maschinen an. Ich will wissen, was die Leute tun, denen der Frieden nicht gefällt.“
Tobias setzte sich und gab einige Befehle ein. Auf dem Zentralbildschirm erschien eine Weltkarte. Nordamerika, Europa und Ostasien leuchteten strahlend hell. In Australien, Südamerika und Afrika konnte man einzelne helle Flecken erkennen, wo es größere Ballungsgebiete gab.
„Das sind die Knotenpunkte des Internets und der Grad der Helligkeit steht für den Datendurchsatz. Ich nehme jetzt mal alle bekannten kommerziellen Anbieter raus.“
Es blieben nur wenige helle Flecken übrig. Die weitaus größten befanden sich in den USA, aber auch China hatte beeindruckende Flecken zu bieten. In Europa stach England heraus und ein Ort in der Nähe von Frankfurt. Der Rest wurde von vielen kleinen und mittelgroßen Flecken gesprenkelt.
„Das sind die Standorte der Geheimdienste, nehme ich an“, sagte Olaf. „Die NSA geht sprichwörtlich mit leuchtendem Beispiel voran.“ Er deutete auf den Fleck in Deutschland, nicht weit von seiner Heimatstadt entfernt. „Das ist dann wohl die Zentrale der Amerikaner bei Wiesbaden.“
Tobias nickte. „Eine friedliche Welt stelle ich mir anders vor. Interessant ist auch die Veränderung im Vergleich zu der Zeit vor zehn Jahren. Ich subtrahiere mal die Helligkeit.“
Kaum ein Punkt fiel weg, eigentlich waren sie alle gewachsen.
„Die haben sogar noch aufgerüstet“, sagte Anne. „Unfassbar. Und die Menschen merken nichts davon, sondern denken, alles sei besser geworden.“
„Die Geheimdienste haben dazugelernt. Die Snowden-Enthüllungen von 2013 waren ein Riesenskandal, aber anstatt ihre Aktivitäten zurückzufahren, haben die Geheimdienste sie nur besser getarnt.“
Anne ballte die Fäuste, aber Tobias war noch nicht fertig.
„Noch etwas ist interessant: der Datentransfer.“ Er blendete einige Linien ein. Sie konzentrierten sich auf einen Punkt in der Sahara.
„Lantika“, sagte Anne wütend. „Sie zapfen Lantika an.“
„Warum das?“, fragte Olaf. „Lantika ist transparent. Alles wird sofort offengelegt, für alle.“
Tobias drehte sich zu den beiden um. „Offensichtlich glauben sie das nicht, Geheimdienste sind laut Definition misstrauisch. Oder sie stehen in den Startlöchern, um doch etwas vor den anderen abzugreifen, falls etwas Wichtiges entdeckt wird.“
„Kannst du mitlesen, was sie in Lantika abzapfen?“, fragte Anne.
Tobias schüttelte den Kopf. „Das wäre illegales Hacken. Ich beobachte nur den Datenverkehr und welches Infopäckchen wohin fließt. So ähnlich, wie ein ADAC-Hubschrauber den Verkehr beobachtet. Der sieht auch nicht, was die Autos im Kofferraum haben.“
„Gehen wir nach oben“, sagte Anne. „Fürs Erste weiß ich genug.“
Während die anderen schliefen, müde von der stundenlangen Diskussion nach Tobias‘ Bericht, hatte Anne den Eindruck, dass es in ihrem Kopf erst richtig losging. Wie fast jede Nacht. Zeit, darüber nachzudenken, blieb Anne nicht. Die mit der übermäßigen Gehirnaktivität verbundenen Kopfschmerzen begannen. Anfangs wäre sie fast verrückt geworden, jetzt waren die Schmerzen nur noch wie unangenehme Besucher, mit denen sie gelernt hatte umzugehen.
Anne schloss die Augen und umfasste ihren Kristallanhänger. Das war ihr Ankerpunkt. Dann ließ sie ihre Gedanken los, als ob sie den Schmerz einladen wollte. Sie stellte sich vor, wie sie ihn anlockte, immer weiter in sich hinein, bis in die Ecke, wo eine leere Truhe stand. Da hinein schob sie den Schmerz und schloss die Truhe zu. Nach zehn Minuten war es geschafft. Anne atmete auf und entspannte sich. Mit dem Kristall in ihrer Hand schlief sie ein.
21.
Das Institut von Professor Alphonse Bernard lag in einem Vorort von Lausanne, nicht allzu weit entfernt von Genf. Kein Mensch war zu sehen. Im Kanton Waadt, dessen Hauptstadt Lausanne war, war Feiertag. Normalerweise wäre das Institut geschlossen gewesen. Olaf hatte eine Menge Überredungskunst aufwenden müssen, damit Professor Bernard eine Ausnahme machte. Anne wollte den Kreis der Mitwisser so klein wie möglich halten, und das ließ sie sich auch den Preis eines Kleinwagens kosten.
Professor Bernard empfing sie persönlich am Haupteingang. Er war eine Stück größer als Anne und strahlte das Selbstbewusstsein eines Mannes aus, der es zu etwas gebracht hatte. Er begrüßte sie mit einem festen
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