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Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Korn in den Ähren verfaulen lassen. Wenn die Magd langsam sprach, war es leichter, sie zu verstehen, doch wenn sie vergaß, dass Brigitta aus der Stadt kam, blieb dieser oft nichts anderes übrig, als lächelnd die Schultern zu heben.
    Froh darüber, ihre Stadtkleidung abgelegt zu haben, fuhr Brigitta sich mit dem Ärmel über die Stirn, die deutliche Spuren der harten Arbeit aufwies. Wie die anderen weiblichen Dorfbewohner trug auch sie inzwischen ein loses, graublaues Kleid, das in der Taille durch einen Gürtel gehalten wurde, während ihr blondes Haar unter einem Kopftuch versteckt war. Eine graue Schürze bot zusätzlichen Schutz vor Schmutz und Verschleiß, und mehr als einmal hatte sie sich bereits gefragt, ob Wulf sie überhaupt noch erkennen würde.
    In den zwei Wochen seit ihrer Ankunft in Altheim hatte sie Schwielen an den Händen bekommen und ihre Haut war von der Arbeit auf dem Hof, im Wald und in den Feldern sonnengebräunt und an manchen Stellen verbrannt. Auch hatte sie weitaus weniger Zeit für die Körperpflege, doch als sie nach einem Badezuber gefragt hatte, hatten die anderen Mägde im Gesindebau sie ausgelacht. Zwar gab es eine Waschkammer, aber die Bottiche dort eigneten sich lediglich dazu, sich mit kaltem oder lauwarmem Wasser zu übergießen.
    »Der Herr hat eine Badestube«, hatte eine der jüngeren Mägde Brigitta mit einem Augenzwinkern wissen lassen. »Und sein Sohn auch.« Das Blinzeln hatte sich verstärkt, als Brigitta heftig den Kopf geschüttelt hatte. »Der mag dich«, hatte das Mädchen lachend hinzugefügt. »Ich wünschte, ich würde in deinen Schuhen stecken. So eine gute Partie!« Damit hatte sie die junge Frau stehen lassen und war kichernd ins Freie gerannt.
    Brigitta seufzte. Sie hatten den Meierhof erreicht, und immer noch vermochten die Größe und Pracht des Gehöftes sie in Staunen zu versetzen. Da Thomas’ ältester Bruder den gesamten Besitz einmal erben würde, wohnte er in seinem eigenen Haus, das dem seines Vaters kaum in etwas nachstand. Blond, blauäugig und gut aussehend, war er der Schwarm aller weiblichen Hofmitglieder, doch Brigitta ließ sein öliger Charme kalt. Um nicht von dem einsetzenden Regen durchnässt zu werden, folgte sie Berchta hastig in das kleine Backhäuslein, wo die Köchin bereits sehnlich auf das Feuerholz wartete.
    »Was habt ihr so getrödelt?!«, schalt die pferdegesichtige Alte, deren Gaumen kaum mehr ein halbes Dutzend Zähne zierte. »Faules Gesindel!« Kaum hatten die beiden Mädchen ihre Kiepen gelehrt, scheuchte die Köchin sie zurück ins Freie. »Es muss noch gebuttert werden«, rief sie ihnen hinterher, und Brigitta verdrehte die Augen.
    Wenn doch nur endlich die Männer vom Markt zurückkommen würden!, dachte sie sehnsüchtig, als sie Berchta in den Teil des Gesindebaus folgte, der für die Verarbeitung von Milch – wie das Buttern und das Herstellen von Sauermilchkäse – vorgesehen war. Halb unter der Erde und mit Feldsteinen gemauert, hielt der kleine Raum selbst an heißen Tagen eine Temperatur, in der die frische Milch nicht verdarb.
    Während sie einen Schemel heranzog und schon bald mechanisch den Stößel des Butterfasses auf und ab bewegte, versuchte sie, ihre Unruhe zu unterdrücken. Nachdem Thomas endlich sein Versprechen wahr gemacht und einem seiner Knechte den Auftrag erteilt hatte, Erkundigungen über Wulfs Schicksal einzuholen, konnte sie dessen Rückkehr kaum erwarten. Wie lange konnte es dauern, den Weg von Ulm mit einem Ochsenkarren zurückzulegen?, dachte sie verzweifelt und bewegte die Lippen in einem stillen Gebet. Und was, wenn die Stadtwache ihre Flucht inzwischen entdeckt hatte? Denn auch das sollte der Mann in Erfahrung bringen. Immer heftiger schlug sie den Rahm in der hölzernen Tonne, bis Berchta ihr schließlich den Stößel entwand.
    »Die isch guat«, stellte sie mit Kennerblick fest und schob Brigitta das nächste Fass zwischen die Knie. Einen Moment lang lauschte die junge Frau auf das Prasseln des Regens, der auch an diesem Tag kurz, aber heftig auszufallen schien, bevor sie sich erneut an die Arbeit machte. Derweil sie mit stupider Gleichmäßigkeit die zähe Flüssigkeit in einen hellgelben Klumpen verwandelte, grübelte sie weiter. Wenn sie nicht bald erfuhr, ob Ortwins Behauptung eine Lüge gewesen war, würde sie den Verstand verlieren! Immer öfter lag sie nachts wach, starrte in die Dunkelheit und versuchte, Wulf mit den Gedanken aufzuspüren. Ihr Gefühl sagte ihr, dass er noch am

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