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Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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damit einhergehende, finanzielle Unabhängigkeit erwiesen sich immer öfter als etwas, worauf er nicht mehr verzichten mochte. Wie glücklich er sich schätzen konnte, dass Eberhard von Württemberg lediglich auf die Unterzeichnung des Dokumentes und die Überlassung des einen Zuchthengstes bestanden hatte, anstatt ihn vollkommen zu ruinieren. Er presste entschlossen die Zähne aufeinander. Dann würde er jetzt auch, bei allen Teufeln der Hölle, den verdammten Bengel zur Vernunft bringen! Koste es, was es wolle!

    *******

    Mit einem Fluch auf den Lippen versuchte Wulf Steinhauer, den Anschluss zu der inzwischen galoppierenden Jagdgruppe nicht zu verlieren. Wie ein Mehlsack hüpfte er im Sattel seines Wallachs auf und ab, und selbst Johann von Falkenstein und Bruno von Hürben lachten lauthals, als er sich hilflos an die Zügel klammerte, bevor sie im gestreckten Galopp an ihm vorbeipreschten. Mühsam presste er die Schenkel an den starken Pferdeleib und versuchte, einen kühlen Kopf zu bewahren. Während er sich auf dem umzäunten Reitplatz der Burg inzwischen leidlich im Sattel halten konnte, verursachte ihm der Ritt über das offene Feld Magenschmerzen. Als führe der Teufel in ihn, verwandelte sich sein ansonsten gutmütiger Wallach in eine nicht mehr zu zähmende Naturgewalt, sobald sich ein Stück Land vor ihm erstreckte, das es zu durchqueren galt. Wie zum Henker hätte er da noch einen Vogel auf dem Arm halten sollen?!, fragte er sich, während er fieberhaft versuchte, sich an all die Ratschläge zu erinnern, die der Waffenmeister ihm gegeben hatte.
    »Du musst ihn immer am kurzen Zügel halten«, hatte Bolko ihn ermahnt, nachdem das Tier ihn wieder einmal in den Sand befördert hatte. »Zeig ihm, wer der Herr ist.« Leichter gesagt als getan!, dachte Wulf verzweifelt, während er hart am Zügel riss und seinen Schenkeldruck verstärkte.
    Weit vor ihm kam die Jagdgesellschaft in einer Wolke aus aufgewirbeltem Staub am Waldrand zum Stehen. Zuerst schien es, als zeige nichts eine Wirkung, doch als er dem Tier schließlich einige kräftige, voller Verzweiflung geführte Schläge auf den Hals versetzte, verlangsamte es schließlich schnaubend die Schritte.
    »Na also«, knurrte Wulf heftig atmend – darauf bedacht, die inzwischen von ihren Leinen befreiten Bracken nicht zu überreiten. Vermutlich hatte das verfluchte Vieh bloß angehalten, weil seine Artgenossen ebenfalls standen, doch darüber wollte der junge Mann im Augenblick nicht nachdenken. Schwitzend und mit heftig schlagendem Herzen versuchte er, den Spott der anderen Knappen zu ignorieren, die ihn immer häufiger beäugten, als trüge er das Gewand eines Gauklers. Anders als Hans und Lutz hatten sie ihn zwar in ihre Gemeinschaft aufgenommen, aber er würde nie wirklich zu ihnen gehören. Das verrieten ihm nicht nur der unverhohlene Hass und die Missgunst, die sich in Friko von Oettingens Handlungen aussprachen, sondern auch die mitleidigen Mienen der übrigen Pagen und Knappen.
    Wie sehr er die Freunde vermisste! Seine Brust zog sich schmerzhaft zusammen, als dieser Gedanke zwangsläufig in einen anderen überging. Brigitta! Die Sehnsucht nach ihr drohte ihn in den Wahnsinn zu treiben. Wie beinahe jede wache Minute formte sich ihr Bild in seinem Kopf: ihre tiefen, unendlich liebevollen braunen Augen und die frechen Locken, die ihr immerzu in die Stirn fielen; die hohen Wangenknochen und der kleine, knospenförmige Mund, in dem die ebenmäßigen Zähne schimmerten wie Perlen; und ihr wunderbar geschmeidiger, so unendlich zerbrechlicher Körper. Wenn sie doch nur bei ihm wäre! Er stöhnte leise und ließ sich an den Rand der Gruppe treiben. Was, wenn sie tot war? Was, wenn er sie nie wiedersehen würde? Nie wieder ihre wundervolle Stimme hören oder ihren zarten Mund küssen konnte?
    Bevor ihn die dunklen Gedanken vollkommen überwältigen konnten, verdrängte er die grauenvollen Ängste, die ihn seit zwei Wochen kaum mehr schlafen ließen. Er musste stark sein! Gott würde seine Gebete erhören und sie beschützen. Etwas anderes durfte er einfach nicht glauben. Wenn sein Vertrauen unerschüttert blieb, würde der Herr ihn dafür belohnen. War es nicht das, was ihm seine Mutter als Kind immer wieder gesagt hatte?
    Ein Schatten huschte über sein Gesicht, als sich die düstere Wolke der Undankbarkeit seinem Vater gegenüber zu seinen Sorgen gesellen wollte, aber das Gebell der Vorstehhunde brachte ihn in die Gegenwart zurück. Von ihren Leinen gelassen,

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