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Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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sie nicht bereits mehrmals so vorgefunden, hätte sie angenommen, die Frau sei tot.
    Einige Wimpernschläge schien es, als habe die heilkundige Frau die Besucherin nicht bemerkt, doch dann hob sie mit einem Murmeln den Kopf und bemerkte heiser: »Ich wusste, dass Ihr kommt.« Ihre faltigen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, während ihre zitternde Rechte auf ein glühend rot leuchtendes Fläschchen zeigte, das auf dem Tisch in der Mitte des Raumes stand. Sie erhob sich mühsam. »Ihr tragt die Frucht seiner Lenden in Euch.« Ihr milchiger Blick wanderte zu Adelheids Bauch, dem man noch keinerlei Zeichen der Schwangerschaft ansah. »Ein Sohn.« Mit schlurfenden Schritten näherte sie sich der Besucherin und legte die knotige Hand auf Adelheids Unterleib, was dazu führte, dass diese instinktiv den Atem anhielt.
    »Er wird zu einem starken Mann heranwachsen«, prophezeite die Heilerin, deren altes Gesicht aus der Nähe aussah wie gegerbtes Leder. Sie ließ die Finger von links nach rechts wandern und senkte die Lider, bevor sie fortfuhr. »Aber nehmt Euch in Acht«, warnte sie düster. »Ihr habt einen Feind in der eigenen Familie.« Ihre Augen rollten zurück in die eingefallenen Höhlen, und sie wiegte einige Zeit lang den Kopf hin und her, solange ihre Finger ein sternförmiges Muster auf Adelheids Bauch malten. Nach einer Weile fiel der tranceartige Zustand von ihr ab und sie beschied bedauernd: »Leider sehe ich nicht, wer es ist.« Sie machte eine bedeutungsvolle Pause, wie um die Worte zu unterstreichen, bevor sie hinzufügte: »Behütet Euer Kind wie Euren Augapfel.«
    Adelheid wich erschrocken vor ihr zurück, und die alte Frau stieß ein meckerndes Lachen aus, während sie sich abwandte und begann, an einigen der zahllosen irdenen Töpfe herumzuhantieren. Sorgsam auf Regalen aufgereiht, säumten diese Gefäße zwei der Wände, und nicht zum ersten Mal fragte Adelheid sich, was die Alte darin aufbewahrte.
    »Bilsenkraut, Weidenrinde, Mohnsaft«, zählte diese auf, als habe ihre Besucherin die Gedanken laut ausgesprochen. »Senf und Herbstzeitlose.« Mit erstaunlicher Geschwindigkeit zauberten ihre Finger die Zutaten aus den Behältnissen, um sie in einen Mörser zu befördern, wo sie sie mit einem hölzernen Stößel miteinander vermischte. »Er liebt Euch auch ohne den Trank«, bemerkte sie wie beiläufig, als Adelheid einige Münzen auf den Tisch zählte.
    Hatte sie richtig gehört? Sie hielt mitten in der Bewegung inne und wartete auf eine weitere Erklärung, die allerdings ausblieb. Anstatt ihr zu antworten, stocherte die heilkundige Frau wortlos weiter in dem Mörser herum, über dem sie nach einiger Zeit ein Kreuz schlug, bevor sie seinen Inhalt in den Kessel über der Feuerstelle kippte.
    »Kommt nicht wieder«, sagte sie, nachdem das Fauchen des Gemischs zu einem leisen Zischen abgeklungen war und sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die junge Frau gerichtet hatte. Die stumpfen Augen ruhten mit einem unheimlichen Ausdruck auf Adelheids Gesicht. »Ihr habt sein Herz gefangen.« Damit drehte sie ihr erneut den Rücken zu, beugte sich ein weiteres Mal über die Tongefäße und begann die Prozedur von Neuem. »Lebt wohl.«
    Adelheid war sich nicht sicher, ob sie die Worte gehört oder sich eingebildet hatte, aber da die Heilerin sie nicht weiter beachtete, tauschte sie die leere gegen die volle Flasche aus und verstaute den Liebestrank in ihrem Gewand. Verwirrt, voller Fragen und verunsichert, trat sie zurück in die schwüle Hitze, die inzwischen so lastend war, dass man vermeinte, sie schneiden zu können. Einen Feind!
    Ungeschickt erklomm sie den felsigen Rand der Doline und tätschelte ihrer freudig wiehernden Stute den Hals. Während sie das Tier zu einem Baumstumpf führte, um leichter in den Sattel zu gelangen, zermarterte sie sich das Gehirn. Wer konnte ihren ungeborenen Sohn bereits jetzt hassen?, fragte sie sich und zog sich an dem ledernen Knauf in die Höhe. Tief in Gedanken versunken ließ sie dem Tier mehr oder weniger freien Zügel, und erneut blieb der Schatten, der sich aus dem Dunkel des Dickichts löste, unbemerkt.
    Ohne der Gefahr des drohenden Unwetters die geringste Beachtung zu zollen, ritt sie in gemächlichem Schritt denselben Weg zurück, den sie gekommen war. Ein schrecklicher Verdacht keimte in ihr auf. Der Junge! Wer anders konnte ihrem Kind nach dem Leben trachten als der Bastard ihres Gemahls? Flammende Empörung stieg ihr in die Wangen und sorgte dafür, dass ihr ohnehin

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