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Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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dass der Bengel seiner verstorbenen Schwester wie aus dem Gesicht geschnitten war. Ein Steinmetz, der auf der Ulmer Münsterbaustelle arbeitete! Wie in drei Teufels Namen sollte der Sohn einer Gräfin als Steinmetz enden? Allein diese Tatsache machte es unwahrscheinlich, dass er endlich am Ziel seiner Nachforschungen angelangt sein sollte. Mit einem tiefen Ausatmen wandte er sich von dem amourösen Schauspiel ab und richtete seine Aufmerksamkeit auf eine Gruppe Neuankömmlinge, die mehrere Dutzend feuriger Vollblüter auf eine der abgesteckten Koppeln trieb.
    Tänzelnd und wiehernd drängten sich die glänzenden Pferdeleiber durch den schmalen Eingang des Gatters, das von einem der Marktgehilfen geöffnet worden war. Eines der Tiere, ein prächtiger Schimmelhengst, ließ Eberhard das Problem seines Neffen für einige Momente vergessen. Mit stolz in die Höhe gerecktem Schweif trabte der Araber umgehend ans andere Ende der Weide, um dort auf die Hinterbeine zu steigen, bevor er den formvollendeten Kopf einige Male auf und ab warf. Als einer der Knechte sich ihm näherte, um ihm ein Koppelhalfter überzustreifen, wich er schnaubend zurück und schnappte nach der Hand des Jungen.
    Was für ein Prachtkerl!, dachte Eberhard bewundernd und sah zu, wie der Marktmeister gemeinsam mit einigen Beschauern die Brandzeichen der Tiere prüfte. Um zu verhindern, dass die Besitzer der Ware ihre Konkurrenten beschuldigten, die Zeichen überbrannt oder gar Pferde gestohlen zu haben, trug die Marktaufsicht jedes einzelne Tier in eine Liste ein, in die jeder Einsicht erhalten konnte.
    In der Zwischenzeit hatten sich zwei weitere Knechte zu dem überforderten Knaben gesellt, und nach einem kurzen Kampf gelang es ihnen, den Schimmel zu bändigen. Was der Besitzer des Hengstes wohl für ihn verlangen würde? Mit einem letzten anerkennenden Blick machte Eberhard kehrt und steuerte auf seinen inzwischen fertig aufgebauten Poulun zu, um sich Gedanken über sein weiteres Vorgehen zu machen. Die Angelegenheit war zu wichtig, als dass er ihr nicht seine gesamte Aufmerksamkeit schenken konnte! Wenn es ihm tatsächlich endlich gelingen sollte, den Bastard seiner Schwägerin aufzutreiben, musste er eine Entscheidung treffen, was er mit dem Burschen anzufangen gedachte. Nicht einmal der plötzlich draußen entflammende, heftige Streit konnte ihn aus seiner Vertiefung reißen.

    *******

    »Was soll das heißen? Wer sagt, dass dieser Platz Euch gehört?«, knurrte Wulf von Katzenstein den schwer gepanzerten Ritter an, der sich aus dem Sattel eines kräftigen Kaltblüters gestemmt hatte, um ihn anzufahren.
    »Dieses Feld ist für den Grafen Eberhard von Württemberg reserviert«, gab der Gepanzerte ungerührt zurück und bedeutete einem halben Dutzend seiner Männer, den unverschämten Eindringling mit angelegten Lanzen von der Richtigkeit dieser Aussage zu überzeugen. »Dass Euch die Koppel zugewiesen worden ist, bedeutet nicht, dass Ihr hier auch Eure Zelte aufschlagen könnt«, fuhr er ungerührt fort. »Dort drüben am Ufer ist noch genug Platz.«
    Obschon sein erster Reflex war, das Schwert zu ziehen und den Ritter zum Zweikampf herauszufordern, schluckte Wulf von Katzenstein die Wut und gab seinen Begleitern mit einem knappen Kopfnicken zu verstehen, den Rückzug anzutreten. Gegen den Grafen von Württemberg war er machtlos. Wieder einmal! Der Zorn, der seit Jahren in ihm brannte, verdichtete sich zu einem glühenden Klumpen in seiner Magengegend. Doch er biss die Zähne aufeinander und wendete sein Reittier, um auf das minderwertige Areal zuzusteuern, das der Ritter ihm vorgeschlagen hatte. Da die Marktaufsicht lediglich die zur Verfügung stehenden Bereiche abgesteckt und die Platzgebühr kassiert hatte, blieb es den Händlern überlassen, sich einen Ort für ihre Zelte zu suchen – nach dem Motto: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Und da Wulf angenommen hatte, in der Nähe der Koppel unterzukommen, hatte er die Suche nach einem Zeltplatz vernachlässigt, was sich jetzt als Fehler herausstellte. Denn in der Zwischenzeit waren beinahe alle trockenen Fleckchen Bodens vergeben.
    Mit grimmiger Miene schlossen sich die drei Ritter, der Schmied sowie Wulfs Knechte und Knappen ihrem Herrn an und trabten auf die von den Gewittergüssen der vergangenen Tage schlammige Uferböschung zu.
    Leise vor sich hin fluchend sprang Wulf aus dem Sattel und befahl den Männern, die bescheidenen Rundzelte auf Bretter zu stellen, damit sie nicht völlig im Matsch

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