Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)
des Protestes neue Selbstsicherheit. Um sich zu vergewissern, dass das Geld, das er in die Schecke eingenäht hatte, sich noch an Ort und Stelle befand, klopfte er den breiten Saum ab und lächelte zufrieden, als ein leises Klimpern erklang. Geld hatte er genug, warum sollte er Brigitta dann nicht ohne die Zustimmung ihres Vaters heiraten?!
Mit stur nach vorn geschobenem Unterkiefer nahm er Abschied von dem Quartier und drückte sich an der Köchin vorbei in die Halle, um sich auf die Suche nach Brigitta zu machen. Auf keinen Fall würde er verschwinden, ohne sich von ihr zu verabschieden und sie zu fragen, ob sie ihm folgen wollte, sobald er eine Unterkunft gefunden hatte. Da die Tür zum Innenhof offen stand, nahm er an, dass sie sich entweder in der Waschstube oder im Stall befand. Als er den sonnendurchfluteten Hof betrat, schickte er ein Stoßgebet zum Himmel, dass sie nicht in Begleitung ihrer Mutter war. Er hatte gerade den Kräutergarten passiert, als sich die Tür zur Badestube öffnete und die Gesuchte mit einem Korb voller Leinen- und Badetücher im Rahmen erschien.
Den Zeigefinger auf die Lippen gepresst, eilte er ihr entgegen, griff sie leicht an den Schultern und schob sie zurück in das schummrige Innere, in dem es nach einer Mischung aus Ölen, Seife und feuchtem Holz roch.
»Wir müssen reden«, flüsterte er und schob den Riegel vor, bevor er ihr die Last abnahm, um sie auf einer der Bänke abzustellen. Bevor sie die Frage stellen konnte, die in ihren braunen Augen zu lesen war, beugte er sich zu ihr hinab und küsste sie leidenschaftlich auf den kühlen Mund. »Dein Vater hat mich entlassen«, murmelte er und schlang die Arme um sie, um ihren geschmeidigen Körper näher an sich zu ziehen. Erneut versanken sie in einem tiefen Kuss, den Brigitta jedoch keuchend abbrach, um angstvoll zu ihm aufzublicken.
»Ortwin hat mich beschuldigt, hinter dir her zu sein.« Er lachte leise. »Womit er ja gar nicht mal so unrecht hat.« Als er sah, welche Wirkung der Name ihres Peinigers auf Brigitta hatte, wurde er schlagartig wieder ernst. »Ich werde mich in einer Herberge einmieten und Ortwin zur Rede stellen. Wenn er sich nicht zurückzieht, zeige ich ihn beim Ammann an.« Ihre Hände verkrampften sich, und er presste sie beruhigend an seine Brust. »Wenn auch das nichts hilft, dann komm mit mir.« Seine Linke wanderte zu dem eingenähten Schatz. »Ich habe genug Geld. Wir brauchen keine Mitgift.«
»Aber was wird mein Vater dazu sagen?« Die Ungeheuerlichkeit der Idee ließ die Farbe aus ihren Wangen weichen. »Wird er uns nicht die Wache hinterherschicken?«
Wulf legte abwägend den Kopf zur Seite. »Vielleicht wird er das, aber bis dahin sind wir Mann und Frau. Und dann kann selbst dein Vater nichts mehr ausrichten. Ich bin ein freier Bürger, und du bist dann meine Gemahlin vor Gott.« Er grinste und knabberte nachdenklich an seiner Unterlippe. »Wir könnten nach Straßburg zurückgehen …« Er ließ den Satz unvollendet und hob die Hand, um ihr sanft eine Locke aus der Stirn zu streichen und sie zu betrachten.
Wie wunderschön sie war! Das Gefühl, das in ihm aufwallte, nahm ihm die Luft. Ehrfürchtig tastete sein Blick das fein geschnittene Gesicht ab. Die beinahe samtig schimmernden, haselnussfarbenen Augen, die in solch seltsamem Kontrast zu dem weizenblonden Haar standen; die unglaublich weiche Haut, die seine Fingerspitzen zu verbrennen drohte; und die langen, geschwungenen Wimpern, die sich schüchtern senkten, um einen langen Schatten auf ihre Wangenknochen zu malen. Ohne nachzudenken, schob er die Hand unter ihr Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. Die Mischung aus Furcht, Sehnsucht und brennendem Verlangen, die er in ihren feuchten Augen las, ließ ihn die Gewichtigkeit der Lage vergessen. Behutsam, um sie nicht zu erschrecken, fuhr er die Kontur ihres Kinns nach, bis er den tiefen Ausschnitt ihrer Fucke erreichte.
Ein unsicherer Blick auf ihr leicht gerötetes Gesicht verriet ihm, dass sie ihn genauso begehrte wie er sie, und nachdem er ihr einige Momente Zeit gegeben hatte, gegen das zu protestieren, was er vorhatte, wanderte er weiter zu der einfachen Schnürung ihres Kleides. Bedachtsam und vorsichtig löste er die blauen Fäden und schob beinahe andächtig den weichen Stoff über ihre Schultern, sodass ihre vollen Brüste sich keck unter dem dünnen Untergewand abzeichneten. Mit einem trockenen Schlucken beseitigte er auch dieses Hindernis und starrte mit hämmerndem Herzen auf die
Weitere Kostenlose Bücher