Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)
verdunkeln, könnte ich mir denken, dass ihnen auch Euer edles Reittier geschmeckt hat.«
»S ie haben nichts zurückgelassen. Nicht einmal den Panzer«, flüsterte Nomran-Kar, und es war ihm anzumerken, wie sehr ihn das erschüttert hatte. »D iese groben Scheusale ahnen ja gar nicht, was sie damit zerstört haben! Die Aufzucht und Ausbildung einer voll einsatzfähigen Riesenlibelle ist ein höchst komplizierter Vorgang. So ein Tier kann man getrost in purem Gold aufwiegen, und selbst das wäre noch zu wenig! Und diese Narren haben es einfach… gefressen.«
»E s sind Orks«, gab Brogandas zu bedenken.
Nomran-Kar sah sich um und nahm einem der erschlagenen Orks ein Breitschwert weg, das in die leere Lederscheide passte, die der Libellenreiter am Gürtel trug. Anscheinend hatte ihm dieses Schwert ursprünglich ohnehin gehört. Von einem anderen Ork nahm er sich einen Wurfdolch, den er in seinem Stiefelschaft verschwinden ließ, während er einem dritten den Speer abnahm. Es war ein Speer mit einer Spitze aus Obsidian. Die originale Arbeit von Orkpranken also. Aber Nomran-Kar schien zu finden, dass die Waffe gut in der Hand lag und für seine Zwecke brauchbar war. »I ch werde Euch nun verlassen und meinen Weg notgedrungen zu Fuß fortsetzen«, kündigte er an.
»D as wäre Wahnsinn«, stellte Arvan fest. »D ie Wälder sind voller Orks. Ihr solltet mit uns mitkommen.«
Nomran-Kar lächelte matt. Als er sich das Haar aus der Stirn strich, war zu sehen, dass auf seiner Stirn eine Platzwunde zu sehen war. Vermutlich hatte er sie sich im Verlauf seiner kurzen, aber grausamen Gefangenschaft bei den Orks zugezogen. »I hr solltet nicht glauben, dass es im Norden oder Westen anders ist.«
»K ommt mit uns«, sagte Lirandil jetzt sehr bestimmt. »I hr würdet nicht einmal ein paar Meilen weit kommen. Gleichgültig, wohin Ihr Euch auch wendet, Ihr lauft den Orks in die Pranken.«
»U nd ich nehme an, dass sie diesmal deinen Schädel sofort knacken und ausschlürfen, anstatt sich diesen Leckerbissen noch einmal entgehen zu lassen«, mischte sich Whuon ein.
Nomran-Kar atmete tief durch.
Er schien zu überlegen, ob es nicht vielleicht doch besser für ihn war, dem Rat Lirandils und der anderen zu folgen.
»W o genau wollt Ihr Euch denn hinbegeben, Elb?«, wandte er sich an den Fährtensucher.
»E s gibt einen Ort, der zumindest vorerst sicher sein könnte«, erklärte Lirandil, der wohl keine Neigung verspürte, ausgerechnet gegenüber dem Libellenreiter offener über die Einzelheiten seiner Pläne zu sprechen.
»I hr erwähntet gerade die Flussinsel Colintia. Liegt der Ort etwa im Mündungsgebiet? Die Insel selbst kann es ja wohl nicht sein…« Nomran-Kar schüttelte den Kopf. »D as ist Wahnsinn! Der Weg dorthin führt quer durch die Huflande von Rasal– und die habe ich vor Kurzem erst auf dem Weg hierher überflogen und weiß daher sehr gut, wie viele Orks dort unterwegs sind.«
»T rotzdem seid Ihr bei uns sicherer«, sagte Arvan. »A llein auf Euch gestellt würdet Ihr es keine halbe Tagesreise schaffen.« Arvan sah ihn sehr ernst an. »B itte! Ich habe nicht mein Leben aufs Spiel gesetzt, um Euch zu helfen, damit Ihr dieses Geschenk einfach wegwerft.«
»E r hat auch unser Leben aufs Spiel gesetzt– mal ganz nebenbei bemerkt«, stellte Whuon fest.
Dem Libellenreiter schien zu dämmern, dass ihm wohl gar keine andere Wahl blieb, als sich der Gruppe anzuschließen. Und Lirandil erhoffte sich vielleicht von ihm wertvolle Kunde über die Verhältnisse in dem Gebiet, das sie noch zu durchqueren hatten.
»A lso gut«, sagte der Libellenreiter schließlich. »A uch wenn ich damit meinen Eid breche, den ich als Bote des Königs geschworen habe.«
»S cher dich nicht um Eide, Libellenreiter«, meinte Whuon. »E in Schwur gilt ohnehin immer nur bis zum nächsten.«
»S eid still!«, fuhr Brogandas dazwischen. Er sah angestrengt drein und schien zu lauschen. »H ört Ihr es auch, Fährtensucher?«
Lirandil nickte finster. »W ir sind eingekreist. Gleichgültig, wohin wir uns auch wenden– wir werden Orks begegnen.«
Einige Augenblicke herrschte Schweigen. Arvan kümmerte sich um die Pferde, beruhigte sie noch einmal. Zalea ging mit ihm. »W as Lirandil vorhat, ist Wahnsinn«, wisperte sie Arvan zu. »E r will, dass wir die Huflande von Rasal bis zur Mündung des pandanorischen Grenzflusses durchqueren– aber das ist längst Ghools Land. Wenn dieser Libellenreiter recht hat, dann können wir dort seinen
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