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Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)

Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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»N eldo hat sein Pferd hier zurückgelassen. Auch das ist ein mehr als deutliches Zeichen, das er uns hinterlassen hat. Unser Weg ist nicht mehr der seine. Vielleicht war er das von Anfang an nicht, das vermag ich nicht zu sagen. Aber ihm jetzt zu folgen wäre genauso falsch, als wenn umgekehrt er versuchen würde, uns von dem abzuhalten, was wir uns vorgenommen haben.«
    Arvan atmete tief durch. In seinem Inneren herrschte ein derartiger Aufruhr, dass er kaum in der Lage war, auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen. Er hatte noch gut in Erinnerung, wie Neldo ihm gesagt hatte, dass er eigentlich von einem abenteuerlicheren Leben träumte, als es ihn auf Gomlos Baum erwartet hätte, wo er drauf und dran gewesen war, zu einem geschickten Holzschnitzer ausgebildet zu werden.
    Aber anscheinend war die Sehnsucht nach dem heimatlichen Wohnbaum doch zu groß gewesen. Das und die Sorge um diejenigen, die daheimgeblieben waren, hatten ihn zu einer Entscheidung getrieben.
    »F rühstück lassen wir deswegen aber jetzt nicht ausfallen, oder?«, meldete sich Borro zu Wort.
    Sie ritten weiter, folgten einem der Trampelpfade und machten kaum eine Pause. Die meiste Zeit über schwiegen sie. Das Pferd, das Neldo zurückgelassen hatte, führten sie am Zügel mit sich. Ein Ersatztier zur Verfügung zu haben, konnte auf keinen Fall schaden.
    Als sie an einer Wasserstelle eine Rast einlegten, wirkte Borro plötzlich sehr nachdenklich.
    »V ielleicht sollte zumindest einer von uns Neldo folgen«, meinte er. »S chließlich könnte es doch sein, dass er die Bewohner von Gomlos Baum in Gefahr bringt, wenn er dort auftaucht. Das habt Ihr selbst gesagt, Lirandil. Und da wäre es doch nicht schlecht, wenn jemand versucht, ihn aufzuhalten.«
    »U nd derjenige könntest du sein?«, fragte Lirandil.
    »I ch würde das sofort übernehmen.«
    »N eldo wird niemanden in Gefahr bringen«, sagte Lirandil kühl. »A uf ihn hat Ghool ganz gewiss nicht sein Augenmerk gerichtet. In Arvans Fall wäre das etwas anderes– und natürlich auch, was mich selbst betrifft. Aber wenn du einen Grund suchst, dich ebenfalls von uns zu verabschieden, dann solltest du dich davon nicht abhalten lassen.«
    Borro schluckte.
    »W ir werden Neldo bald wiedersehen«, meinte Arvan. »D avon bin ich überzeugt.«
    Borro nickte. »J a, das hoffe ich auch.«
    »W ir brauchen hier jeden! Und dich ganz besonders, Borro, denn wie sollten wir denn ab und zu mal was Vernünftiges zwischen die Zähne bekommen, wenn nicht wenigstens einer von uns das Jagdhandwerk beherrschen würde?«
    Borro wandte den Blick in das dichte Unterholz. Ein Schwall von Geräuschen und Tierstimmen war von dort zu hören. Äste knackten, und hier und da bewegten sich Schlingpflanzen. Ein Katzenbaum wartete geduldig auf vorbeiziehende Beute, die den Aufwand eines Angriffs lohnte.
    »R eiten wir weiter«, sagte Borro schließlich. »I hr wisst doch, dass ich manchmal einfach so daherrede, was ich denke. Sonst nimmt das doch auch niemand ernst. Warum also gerade jetzt?« Sein Lächeln wirkte etwas gezwungen.
    »M ir gefällt es auch nicht, dass Neldo nicht mehr bei uns ist«, sagte Arvan. »A ber es ist seine Entscheidung.«
    »J a, sicher. Schon klar«, murmelte Borro.

Neldos Weg
    Neldo konnte sich nicht daran erinnern, sich schon einmal so schnell durch die Bäume geschwungen zu haben. Nach und nach gewann der Halbling die geradezu traumwandlerische Sicherheit zurück, die ihn stets beim Klettern ausgezeichnet hatte. Ja, dies war eine Art der Fortbewegung, die Halblingen angemessen war! Da nahm er den Nachteil, dass er abgesehen von dem, was er am Leib trug, kaum Gepäck mit sich führen konnte, gerne in Kauf. Immer tollkühner wurden seine Sprünge von einer Baumkrone zur anderen. Oft genug wuchsen die Kronen der Riesenbäume ohnehin ineinander, und nur als erfahrener Baumkenner und Bewohner der Wälder am Langen See konnte man dann noch auf den ersten Blick auseinanderhalten, welcher Ast eigentlich zu welchem Baum gehörte. Auf der Hauptastgabel eines Riesenbaums hielt Neldo schließlich inne und blickte sich in der Umgebung um. Das Surren eines Schwarms von Baumfliegen klang ihm in den Ohren.
    Aber ein Geruch ließ ihn aufmerken. Der Geruch von verkohltem Holz. Die Sinne eines Halblings waren längst nicht so empfindlich wie jene der Elben– aber was diesen besonderen Geruch anging, waren wohl sämtliche Bewohner des Waldes äußerst empfindlich. Man behauptete sogar, dass Menschen, die

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