Das Erbe der Halblinge: Roman (German Edition)
Er legte den Kopf in den Nacken. Unvorstellbar hoch war dieser Baum, und Arvan wagte gar nicht daran zu denken, was ihm vielleicht als Nächstes blühte.
»I ch werde beim Klettern immer auf dich warten«, versprach Zalea und lächelte. »A lso keine Sorge. Außerdem kenne ich hier ein paar unter uns, die mindestens genauso ungeschickt dabei sind wie du– aber nicht über deine Selbstheilungskräfte verfügen.«
Suchend ließ Arvan den Blick kreisen, während er den Kopf noch immer so weit wie möglich in den Nacken gelegt hatte.
»I ch brauche mir wirklich keine Sorgen zu machen«, stellte er dann erleichtert fest. »E s gibt an den Ästen des Runenbaums nämlich genauso viele Ranken wie im Rest des Halblingwaldes. Vielleicht sogar noch ein paar mehr…«
»G roßartig, dass du anscheinend nicht auf Hilfe angewiesen bist«, gab Zalea etwas beleidigt zurück. »A ber mein Angebot war zumindest freundlich gemeint.«
Nachdem Lirandil an den riesenhaften Stamm des Runenbaums herangetreten war und dort einige Rituale durchgeführt hatte, die er den anderen nicht erklärte und von denen auch nicht durch einfaches Zusehen ersichtlich war, welchem Zweck sie eigentlich dienten, kam der Fährtensucher zu dem Schluss, dass alles in Ordnung sei und man es wagen könnte, sich auf die Hauptastgabel des Runenbaums zu begeben.
»U nd die Pferde?«, fragte Arvan.
»D ie satteln wir einfach nur ab und lassen sie hier grasen«, erklärte Lirandil.
»W eglaufen werden sie uns wohl kaum«, meinte Borro. »E s war ja schon schwierig genug, durchs dichte Gestrüpp überhaupt bis hierherzukommen.«
Lirandil beachtete den rothaarigen Halbling nicht weiter. »D en Elbenstab werde ich aus dem Holz der oberen Äste fertigen müssen. Alles Holz unterhalb der Hauptastgabel kommt dafür nicht in Frage. Zumindest hat Elbanador es nicht dafür benutzt, und ehrlich gesagt bin ich in diesem Punkt nicht für irgendwelche Experimente mit unsicherem Ausgang.«
»I ch werde Euch zumindest die Kletterei ersparen können, Lirandil«, kündigte Arvan an. »D enn dafür sind einige von uns ja wohl nicht so recht begabt.«
Lirandil blickte an dem mächtigen Stamm empor. »E igentlich dachte ich, dass das nur eine Frage der Zeit und der Geduld ist, Arvan. Aber mir ist jede Hilfe willkommen.«
Nachdem die Pferde von ihrem Sattelzeug befreit worden waren, das man am Fuß des Runenbaumes ablegte, begannen Zalea und Borro mit dem Aufstieg. Für sie war es keine Schwierigkeit, an der Borke des Riesenbaums emporzuklettern. Die Poren und Zwischenräume waren so groß, dass ihre Hände und die Zehen ihrer Füße dort mit Leichtigkeit Halt finden konnten. Selbst für Arvans Stiefel hätte sich dort immer wieder ein Tritt gefunden.
Allerdings bevorzugte Arvan eine andere Methode.
Eine, die seinen speziellen Begabungen entsprach. Während Zalea und Borro bereits ein ganzes Stück an dem Stamm emporgeklettert waren, senkten sich Ranken in umgekehrter Richtung von den ausladenden Ästen des Runenbaums herab. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie endlich bis zum Boden reichten. Arvan prüfte der Reihe nach ihre Festigkeit. Dann wandte er sich an Whuon, Brogandas und Lirandil. »V ertraut diesen Pflanzen, aber tut mir einen Gefallen: Vermeidet es, sie mit besonders intensiven Gedanken zu verwirren. Eigentlich gehorchen sie mir recht gut, aber ich kann natürlich für nichts garantieren, wenn jemand versuchen sollte, sie mit richtiger Magie zu beeinflussen.«
»G laubst du vielleicht, ich wäre nicht selbst in der Lage, eine Ranke zu beherrschen?«, meinte Brogandas etwas ärgerlich.
»N ein, das wollte ich damit wirklich nicht gesagt haben«, versicherte Arvan. »E s war nur ein Angebot…«
»… das Ihr annehmen solltet, Brogandas«, mischte sich Lirandil ein. »I hr seid kein Geschöpf des Waldes. Und selbst ich– immerhin ein Fährtensucher und mit der Natur des Waldes vertraut– muss anerkennen, dass Arvan eine besondere Gabe hat, Pflanzen zu seinen Helfern zu machen. Ihr hingegen habt darin gewiss weniger Übung– und es bleibt uns nun bei allen Göttern keine Zeit, um das auch noch auszuprobieren.«
»M ag ja sein«, gab Brogandas zu. »I ch sehe allerdings ein ganz anderes Problem auf mich zukommen…«
»U nd welches, wenn ich fragen darf?«
»E s ist bislang nur eine vage Empfindung, und ich habe mich bisher gescheut, die Vermutung, die sich daraus ergibt, wirklich zu überprüfen.«
Brogandas trat an den Baumstamm heran, streckte vorsichtig
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