Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance
Boleyn auf den Richtblock gebracht, da Gottes Ratschluss ihm diktierte, dass dieses Urteil das richtige sei. Dieser König würde sich auf keinen Fall von einer Heirat abhalten lassen, weil der Botschafter der Zukünftigen es verabsäumte, die passenden Papiere beizubringen. Dann fällt mir wieder die Szene ein, als sie ihn von sich stieß, und was für ein Gesicht er machte, als er zurücktaumelte.
»Dann ist es also wahr. Er mag sie nicht. Er kann ihr nicht verzeihen, wie sie ihn in Rochester behandelt hat. Er sucht nach einem Ausweg. Und wieder einmal beruft er sich auf einen zuvor geschlossenen Ehevertrag der Braut.« Ein Blick auf das dunkle Gesicht des Herzogs bestätigt mir, dass ich richtigliege, und ich könnte fast lachen über diese neue Wendung in diesem Theaterstück, der Komödie König Heinrichs. »Er mag sie nicht, und er will sie nach Hause schicken.«
»Wenn sie gestehen würde, dass ein früherer Kontrakt besteht, könnte sie heimkehren, ohne entehrt zu sein, und der König wäre frei«, sagt der Herzog leise.
»Aber sie mag ihn«, halte ich dagegen. »Zumindest genug. Und sie kann nicht heimkehren. Keine Frau, die einigermaßen bei Sinnen ist, kann aus so einer Lage heimkehren. Zu den schäbigen Besitztümern von Kleve zurückkehren, wenn man Königin von England sein könnte? Das würde sie niemals wollen. Wer würde sie noch nehmen, wenn er sie ablehnt? Wer würde sie noch heiraten, wenn sie durch einen früheren Kontrakt gebunden ist? Ihr Leben wäre vorüber.«
»Sie könnte sich selbst von dem früheren Kontrakt lossagen«, macht er vernünftig geltend.
»Gibt es denn einen?«
Er zuckt die Achseln. »Mit größter Wahrscheinlichkeit nicht.«
Ich denke einen Augenblick nach. »Wie kann sie von einem Kontrakt entbunden werden, der gar nicht existiert?«
Er lächelt. »Das ist Sache der Deutschen. Sie kann auch gegen ihren Willen heimgeschickt werden, wenn sie die Zusammenarbeit verweigert.«
»Nicht einmal der König kann sie entführen und aus dem Königreich werfen.«
»Wenn sie dazu gebracht werden könnte, zuzugeben, dass es einen früheren Vertrag gibt ...« Seine Stimme ist wie raschelnde Seide. »Wenn wir aus ihrem eigenen Munde vernehmen könnten, dass sie nicht frei ist, eine Ehe einzugehen ...«
Ich nicke. Ich fange an zu begreifen, was er von mir erwartet.
»Der König wäre dem Mann, der ihn von ihrem Geständnis unterrichtet, gewiss sehr dankbar. Und die Frau, die solch ein Geständnis aus der Geständigen hervorlockt, stünde ab diesem Zeitpunkt sehr hoch in seiner Gunst. Und in der meinen.«
»Ich gehorche Eurem Befehl«, sage ich rasch, um Bedenkzeit zu gewinnen. »Aber ich kann sie nicht zu einer Lüge zwingen. Wenn sie frei ist zur Eheschließung, dann wäre sie verrückt, wenn sie anderes behaupten würde. Und wenn ich behaupte, dass sie mir aber etwas anderes anvertraut hatte, dann müsste sie es nur leugnen. Dann steht ihr Wort gegen meines, und wir stünden wieder am Ausgangspunkt.« Ich zögere kurz, weil mir etwas Furchtbares eingefallen ist. »Mylord, ich verstehe doch recht, dass eine Anklage außer Frage steht?«
»Welche Art Anklage?«
»Die Anklage eines Verbrechens«, sage ich nervös.
»Meint Ihr, sie könnte des Hochverrats angeklagt werden?«
Ich nicke. Dieses Wort bringe ich nicht über meine Lippen. Ich wünschte, ich müsste es nie wieder hören. Es führt mich geradewegs zum Rasenplatz des Towers und dem Richtblock des Scharfrichters. Es nahm mir die Liebe meines Lebens. Es bedeutet für alle Zeiten das Ende unserer Liebe.
»Wie könnte es zu einer Anklage wegen Hochverrats kommen?«, fragt der Herzog, als lebten wir nicht in einer gefährlichen Welt, in der alles Verrat sein kann.
»Das Gesetz hat sich so umfassend geändert, und unschuldig zu sein, bedeutet keinen Schutz mehr.«
Plötzlich schüttelt er den Kopf. »Es besteht ohnehin keine Möglichkeit, dass er sie beschuldigt. Der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches weilt zurzeit am Hofe des Königs von Frankreich, und sie könnten in ebendiesem Moment einen Angriff auf uns planen. Wir dürfen nichts tun, was Kleve aufregt. Wir brauchen die Allianz mit den protestantischen Fürsten, sonst riskieren wir, allein gegen Spanien und Frankreich zu stehen, die sich gegen uns verbündet haben. Wenn die englischen Papisten sich wieder erheben, dann ist dies unser Ende. Sie muss gestehen, mit einem anderen verlobt zu sein, und aus freien Stücken heimkehren. Damit verlieren wir die Braut,
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