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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Menge, bis er direkt hinter mir steht.
    »Ich bin geblendet«, sagt er.
    »Ich wüsste nicht, wovon«, sage ich patzig. »Die Sonne ist noch kaum aufgegangen, so früh ist es.«
    »Nicht von der Sonne, sondern von dem helleren Licht Eurer Schönheit.«
    »Ach so«, sage ich und lächele ein wenig.
    »Seid Ihr neu bei Hofe?«
    »Ja, ich bin Katherine Howard.«
    »Ich heiße John Beresby.«
    »Ich weiß.«
    »Ihr kennt mich? Habt Ihr jemanden nach meinem Namen gefragt?«
    »Gar nicht«, sage ich, obwohl das geschwindelt ist. Er fiel mir bereits am ersten Tag auf, und so fragte ich Lady Rochford nach ihm.
    »Ihr habt Euch nach mir erkundigt«, sagt er erfreut.
    »Bildet Euch bloß nichts ein«, sage ich vernichtend.
    »Dann gewährt mir wenigstens Eure Hand zum Tanz auf der Hochzeitsfeier.«
    »Vielleicht«, sage ich.
    »Ich nehme dies als ein Versprechen«, flüstert er. Dann geht die Tür auf, und heraus kommt der König mit Lady Anna, und wir alle knicksen tief, weil sie nun Königin ist und eine verheiratete Frau, und ich kann nicht umhin, zu denken, dass dies, obwohl es auch so schön genug ist, noch viel schöner wäre, wenn sie ein Kleid mit einer langen Schleppe tragen würde.

 
 
A NNA , G REENWICH -P ALAST , D IENSTAG , 6. J ANUAR 1540
 
    Nun ist es vollbracht: Ich bin Königin von England. Ich bin eine Ehefrau. Ich sitze zur Rechten meines Ehemannes, des Königs, auf dem Hochzeitsbankett und lächele, sodass jeder, die edlen Damen und Herren an den Tischen und die einfachen Leute auf der Galerie, sehen können, dass ich froh bin, ihre Königin zu sein, und dass ich eine gute Königin und eine frohgemute Ehefrau sein werde.
    Erzbischof Cranmer traute uns nach den Riten der heiligen katholischen Kirche Englands, und deshalb schlägt mir ein wenig das Gewissen. Auf diese Art bringe ich das Land nicht dem reformierten Bekenntnis näher, wie ich es Bruder und Mutter versprochen hatte. Mein Berater Graf Oberstein steht neben meinem Stuhl, und als eine Pause eintritt, sage ich leise zu ihm, ich hoffte, er und die Adeligen aus Kleve seien nicht enttäuscht von mir, weil ich den König nicht den Reformen zuführen konnte.
    Er erwidert, dass es mir erlaubt sein wird, auf die Art zu beten, die ich wünsche, aber im Stillen, und dass der König gewiss nicht an seinem Hochzeitstag mit theologischen Spitzfindigkeiten belästigt werden wolle. Er sagt, der König scheint an der Kirche festhalten zu wollen, die er geschaffen hat: in ihren Grundzügen katholisch, aber unter Ablehnung des päpstlichen Führungsanspruches. Der König ist ebenso ein Feind von Reformern wie von glühenden Papisten.
    »Aber sicher hätten wir doch einen Text finden können, der uns beiden genehm gewesen wäre ...«, sage ich ein wenig ratlos. »Meinem Bruder war es äußerst wichtig, dass ich die Reformation der Kirche von England unterstütze.«
    Er zieht ein Gesicht. »Die hiesige Kirchenreform verläuft nicht, wie wir es gewöhnt sind«, sagt er, und seine zusammengepressten Lippen verraten mir, dass er nicht mehr sagen will.
    »Auf jeden Fall scheint sie ein gewinnbringender Vorgang gewesen zu sein«, taste ich mich zaghaft vor. Ich denke dabei an die prächtigen Adelssitze, auf denen wir auf unserem Weg von der Küste Station machten. Es war deutlich zu erkennen, dass diese früher Klöster oder Abteien gewesen waren. Nun hatte man die Heilkräutergärten umgegraben und stattdessen Blumen gesät, und die Äcker, die vordem die Hungrigen speisten, waren in Jagdgründe umgewandelt worden.
    »Als wir noch in der Heimat weilten, glaubten wir, es wäre ein göttliches Werk«, sagt er kurz angebunden. »Wir wussten noch nicht, dass es in Blut getränkt war.«
    »Ich kann nicht glauben, dass das Niederreißen von Heiligtümern, vor denen das Volk zu beten pflegte, die Menschen Gott näher bringt«, sage ich. »Und was ist dabei zu gewinnen, wenn man ihnen verbietet, Kerzen für die Verstorbenen anzuzünden?«
    »Sowohl irdischer als auch geistlicher Profit«, erwidert er. »Der Zehnte wurde dem Volk ja nicht erlassen, sondern wird jetzt an den König entrichtet. Aber wir können uns nicht anmaßen, über die Art des Gebetes in England zu urteilen.«
    »Mein Bruder ...«
    »Euer Bruder hätte besser daran getan, seine Papiere in Ordnung zu halten«, sagt er in plötzlich aufwallendem Zorn.
    »Was?«
    »Er hätte den Brief schicken sollen, der Euch von Eurem Verlöbnis mit dem Sohn des lothringischen Herzogs entbindet.«
    »Das wiegt doch gar nicht

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