Das Erbe Der Nibelungen
ist Teil dieses Spiels. Und nach allem, was die Seherin mir sagte, wird er nicht weit sein.«
Der Gedanke, in Calder nicht nur einen Verbündeten, sondern auch den Schänder seiner Brynja zu treffen, schnitt Sigfinn stärker ins Herz, als er auszudrücken vermochte. Er stand auf und warf sich einen Umhang über.
»Bleibst du nicht?«, fragte Brynja, und es war eine Bitte darin.
Sigfinn strich sich über die Augen. »Es ist … so viel. So viel zu hören, zu verstehen, zu akzeptieren. Ich muss meine Gedanken ordnen, bevor ich Dinge sage, die nur aus Dummheit geboren sind.«
Er sah sie an, und es gelang ihm, Zuneigung in den Blick zu legen, bevor er in die Dunkelheit trat. Fast stieß er dabei mit Maiwolf zusammen, der wie immer zur Nacht seiner Herrin Bericht erstatten wollte. Brynja war bitter enttäuscht, aber sie bat ihn zu sich an den Tisch.
»Erzähl, guter Maiwolf. Wie hat Worms unseren unerwarteten Besuch aufgenommen?«
Der Waffenmeister kratzte sich den zotteligen Bart. »Wie Ihr es vermutet hattet - als Befreiung in Freundschaft. Der Verdacht, wir kämen um des Thrones willen, war rasch verflogen. Unsere Soldaten helfen dabei, die Toten zu begraben, die Hurgan hinterlassen hat, und die Verletzten zu versorgen. Das allein wiegt viel. Außerdem schleifen unsere Pferde aus der Stadt, was an Trümmern die Wege versperrt. Das schafft Vertrauen.«
»Gut.« Brynja nickte, schnell wieder in ihre Rolle als Fürstin gleitend. »Aber du bist nicht zufrieden, das kann ich sehen. Also sag mir die ganze Wahrheit.«
Maiwolf trank einen Kelch Burgunderwein leer, bevor er antwortete. »Niemand regiert diese Stadt, dieses Reich. Und meine Spione berichten von einem Heer, das in den Hügeln im Norden wartet, um einzufallen.«
»Können wir Widerstand leisten?«
Der Waffenmeister schüttelte den Kopf. »Unsere Truppen erreichen kaum ein Viertel der feindlichen Stärke. Und Worms hat keine jungen Männer mehr, die uns zur Seite stehen könnten.«
»Was schlägst du vor?«
»Es wird Euch nicht gefallen, denn es ist genau das, was Ihr zu verhindern suchtet - Ihr müsst den Thron für Euch beanspruchen! Mit diesem Anrecht könnt Ihr Zeit gewinnen, um zu verhandeln und vielleicht zeitig genug Verbündete in den umliegenden Reichen zu finden. Solange Worms keinen Regenten hat, wird kein Kriegsherr vor seinen Grenzen haltmachen. Sind es nicht diese, kommen bald andere.«
Brynja schüttelte den Kopf. »Ich werde mich nicht zur Herrscherin aufschwingen, um das Land in einen neuen Krieg zu zerren. Keinesfalls.«
»Es mag der einzige Weg sein.«
»Dann werden wir einen neuen Weg finden. Worms soll ein freies Reich sein mit freien Menschen.«
Maiwolf sah sie an, als fürchte er, seine Fürstin habe den Verstand verloren. Ein freies Volk? Wie sollte das gehen? Was war ein Volk denn ohne einen Herrscher, dem es dienen konnte? Wofür war es sonst da?
Sie hatten lange beisammengesessen, Glismoda und Sigfinn. Der Prinz hatte ihr eine lange Geschichte zu erzählen, von der sie kaum ein Bruchstück verstand. Er sprach von Reichen, die sie nicht kannte, und von einem Worms, das ihr fremd war. Brynjas Name kam oft vor, ebenso ein Calder - und Siegfried von Xanten. Ihr einfaches Gemüt reichte nicht, um ihm mehr zu bieten als ein freundliches Ohr, doch ihr gutes Herz fand in seinen Worten Wahrheiten, an die Sigfinn selbst nicht mehr geglaubt hatte, da sie ihm in den Wirren der Monate abhandengekommen waren.
»Mein Mann«, sagte sie schließlich, als Sigfinn alles gesagt hatte, was er zu sagen vermochte, »war ein eifersüchtiger Narr. Von Natur gut, aber mit einem flammenden Herzen geschlagen. Wer mir auf dem Marktplatz zu lange auf die Hüften schaute, musste fürchten, seine Faust im Nacken zu spüren. Es sprach mehr von seiner Liebe als jedes andere Wort.«
»Ich verstehe nicht, was …«, begann der Prinz.
»Verlangen ist die Nahrung jeder Eifersucht, edler Sigfinn«, unterbrach ihn Glismoda. »Wenn es dich so grämt, dass Brynja einem anderen das Kind geboren hat - wie sehr musst du dich dann nach ihr verzehren?«
Er wusste keine Antwort.
»Und sollte es dich grämen«, fuhr sie fort, »dann doch nur, weil du fürchtest, ihre Liebe gälte einem anderen als dir. Glaubst du das auch nur einen Augenblick?«
Sigfinn horchte in sich hinein. Er fand die Sorge, von der Glismoda sprach. Doch sie keimte nicht in der Untreue seiner Brynja, die doch keinen Schwur gebrochen hatte, sondern in seiner törichten Vermutung, Calder
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