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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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vorher nur Männer wussten, und wir haben Opfer gebracht, die sonst nur Männer brachten.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Wenn ein Heer die Stadt zu erobern versucht, werden die Bewohner sich zu wehren wissen. Wie viele Soldaten stehen gegen uns?«
    »Vier-, vielleicht fünftausend«, sagte Brynja skeptisch.
    »Wir bringen vielleicht wenig Kampferfahrung mit«, sagte Glismoda. »Aber wir zählend hundertmal so viele Köpfe. Worms ist die größte Stadt des Reiches. Und wir waren nicht dumm genug, die Waffen der Horden-Krieger mit ihren Leichen zu verbrennen.«
    Brynja hielt es nicht mehr auf dem Stuhl. Sie stand auf und ging in der Kammer hin und her. »Sagst du, was ich zu hören glaube? Könnte man die Bewohner der Stadt in kürzester Zeit zu den Waffen rufen?«
    Glismoda nickte. »In den Dekaden unter Hurgans Joch bildete sich ein Netz von geheimen Zellen, von Kurieren, die sich ungesehen in der ganzen Stadt bewegen konnten. Jedes Viertel hat seine heimlichen Verwalter, jeder Häuserblock seine Fürsprecher. Sonst wäre das Gemeinwesen an der langen Tyrannei sicherlich zerbrochen.«
    Brynja legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Das sind gute Neuigkeiten, Glismoda. Vielleicht ist die Aussicht nicht so trübe, wie ich fürchten musste. Ich wünsche dir noch eine gute Nacht.«
    Nachdem sich Glismoda zurückgezogen hatte, schaute
die Fürstin aus dem Fenster. Weiches Licht glitzerte auf dem Rhein und begrüßte einen Morgen, der so ungleich hoffnungsvoller war als die Nacht davor.
    Sie ließ Maiwolf wecken und befahl ihm, einen Kurier zum feindlichen Heer zu schicken. Es gab Verhandlungen zu führen. Vielleicht mehr.
     
    In einem großen Zelt, das bequem zwanzig Mann zur Beratung Platz bot, saßen Elsa, Calder und die wichtigsten Grenzherren zusammen, um Burgund am Kartentisch unter sich aufzuteilen. Die Weinberge waren begehrt, ebenso die Weizenfelder. Frauen als Sklaven, Rinder zur Viehzucht. Dazu ein paar noch unbekannte Größen - Gold, Waffen, edle Gewürze und Tuch. Elsa und Calder versprachen alles, was ihnen nicht gehörte. Längst hatten sie verabredet, sich die Gunst der Landesfürsten so lange zu sichern, wie sie von Nutzen waren. Sollten sie doch nehmen, was sie wollten. Wichtig war nur der Thron, und der war Calder versprochen, mit Elsa als seiner Königin. Es war nicht mal ein Streit darum entbrannt. Niemand sonst hatte Interesse an einem Reich ohne Soldaten und mit einer Burg in Trümmern.
    Der Plan war simpel: hatte Calder erst einmal das Reich fest im Griff, würde er zielstrebig eine Streitmacht aufbauen und Bündnisse mit Konstantinopel und den Mauren schließen. Mit ihrer Hilfe würde er die tumben Grenzherrscher zuerst in ihre Provinzen zurückscheuchen und sich dann alles nehmen, was sie jetzt so gierig begehrten. Bis dahin sah er die Reichtümer Burgunds als Leihgaben an, die mit Zins und Zinseszins bezahlt würden.
    So leicht würde es sein, nachdem Worms gefallen war - und was konnte dem schon entgegenstehen? Calder rechnete
mit zwei, drei Tagen und keinem nennenswerten Widerstand.
    Zwei Wachen schleppten einen alten Mann herein, dessen Gesicht von Jahrzehnten harter Arbeit gezeichnet war. Er hielt eine Schriftrolle in den zitternden Händen.
    »Was soll das?«, fragte Calder herablassend.
    »Eine Botschaft«, keuchte der alte Mann, »von der Stadt Worms.«
    Calder nahm das Schriftstück entgegen. »Ich wusste nicht, dass Städte schreiben können.«
    Die anderen Provinzfürsten lachten, nur Elsa hielt sich zurück. Sie war gewohnt, einen Sieg nicht zu feiern, bevor er errungen war.
    Das hämische Grinsen in Calders Gesicht erstarb, als er das Papier las. Er sah den Boten an. »Dir ist klar, dass du dafür sterben wirst?«
    Der alte Mann nickte. »Darum hat man mich erwählt. Ich bin krank, und mein Tod ist kein Verlust mehr. Freue dich an ihm, solange du kannst.«
    Elsa nahm Calder das Schreiben ab und las es. Es war tatsächlich im Namen des Volkes verfasst. Die Wormser Bürger bedankten sich darin für das schnelle Kommen der Truppen, versicherten aber, dass keine Hilfe nötig sei, um Burgund wieder aufzubauen. Man wünsche den Soldaten eine friedliche Heimreise und freue sich auf die baldige Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu den umliegenden Reichen. Es wurde noch vermerkt, dass eine Überschreitung der Stadtgrenzen als kriegerischer Akt gesehen werde, der leider - leider! - eine angemessene Reaktion fordere.
    Das Papier machte bei den Grenzfürsten die Runde und löste

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