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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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standen. Drei Seelen, in denen noch Kampf war.
    Und doch …
    Wie so vieles in diesem Reich verebbte der Zeiten Lauf, saugte der Boden Mut und Entschlossenheit auf. Wochen schon hatten Sigfinn und Brynja nun bei den Rebellen verbracht, ohne konkrete Pläne zu schmieden. Stattdessen gefielen sie sich in eitlen Spielen zur Fleischeslust, redeten von Dingen, die nicht mehr waren, und hofften auf ein Schicksal, das ihnen ohne ihr Zutun wohlgesinnt war.
    Der Seherin war die Begierde nicht fremd. Leidenschaft war die Quelle ihres größten Glücks gewesen - und ihrer größten Niederlage. Die Gier, sei es nach Gold, nach Macht oder dem Schoß einer Frau, war das Einzige, was über die Zeiten immer gleich geblieben war.
    Doch es ging um mehr diesmal, und das Feuer in den Lenden der jungen Menschen war närrische Spielerei und lenkte sie von dem ab, was zu tun war. Lange dachte die Seherin darüber nach. Sich Brynja und Sigfinn offenbaren, ihnen die Wahrheit sagen über ihre Bestimmung, das konnte sie nicht wagen. Einen solchen Eingriff würden die Götter nicht erlauben. Die Reisenden aus Island mussten den Weg nicht nur selber finden - sie mussten ihn auch selber beschreiten.
    Es sprach allerdings nichts dagegen, sie ein wenig dabei anzutreiben, den Weg zu suchen …
    Die Seherin fand die Schergen Hurgans leicht. Sie brauchte nur ihre Nase in den Wind zu halten und Utgards Gestank zu folgen. Kaum vier Tage bei strammem Marsch war eine tausend Schädel umfassende Truppe vom versteckten Lager der Rebellen entfernt - und doch ohne Chance, sie zu finden. Stumpf trampelten die Krieger
durch Dörfer und über Felder, rissen denen die Zunge heraus, deren Unwissen sie für Lüge hielten.
    Sie brauchten kaum Nahrung, kaum Schlaf. Zum Abend standen sie nur da, wie Statuen in Viererreihen und in schweren Stiefeln, und warteten den Morgen ab, um sinnlos weiterzumarschieren. Es war die Zeit, in der die wenigen unter ihnen, denen Hurgan als Anführer einen eigenen Willen gelassen hatte, von der geknechteten Bevölkerung verlangten, gerissenes Leder und gebrochene Schnallen zu reparieren.
    Es war für die Seherin keine Schwierigkeit, direkt in den Schuppen zu schleichen, der von zehn Kriegern bewacht wurde. Ihr Anführer, einst Jonar genannt, saß auf einem wuchtigen Balken, hinter dem sich früher die Schweine gesuhlt hatten, und kratzte mit der Spitze eines Dolchs den Dreck aus der Haut unter seinen Klauen.
    »Du suchst Rebellen, im Auftrag Hurgans«, sagte die Seherin leise genug, dass die Wachen vor der Tür es nicht hörten.
    Wie alle anderen Krieger der Horde war Jonar nicht zu erschrecken. Und in menschlicher Form war er vernünftig genug, der unerwarteten Besucherin nicht gleich die Kehle durchzuschneiden, bevor sie ihr Anliegen vorgebracht hatte.
    »Wo sind sie?«, fragte er ohne Höflichkeit oder erkennbares Interesse.
    »In einem Wald - nah genug, sie schnell zu finden, weit genug, ohne meine Hilfe monatelang ziellos umherzuirren.«
    Jonar war es nicht gewöhnt, die Wahrheit aus einem Menschen nicht herausprügeln zu müssen. »Was geht es dich an? Willst du Gold? Gnade? Oder hast du eine Rechnung zu begleichen?«

    Die Seherin strich mit einer Hand über das Holz des Schuppens, und ein kleiner Splitter drückte einen Tropfen Blut aus ihrem Zeigefinger, der sie faszinierte - sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal geblutet hatte. »Sagen wir - es ist in meinem Interesse.«
    Sie beschrieb ihm den Weg zum Lager der Rebellen vage genug, dass ihn die Horde nicht zu leicht finden würde.
    »Du wirst uns begleiten«, sagte der Anführer der Krieger dann. »Nur für den Fall, dass du uns in eine Falle locken willst.«
    »Ich werde nicht an eurer Seite marschieren«, widersprach die Seherin. »Den nächsten Schritt geht ihr allein.«
    Jonar zuckte mit den Schultern und griff nach seiner Streitaxt - dann würde er der blinden Vettel halt den Schädel spalten. Doch als er den Blick wieder nach vorn wandte, war die Seherin bereits von den Schatten verschluckt worden.
     
    Sigfinn fühlte sich schwer vom Fleisch und vom Wein und doch zu wach, um der Nacht ihr Recht zu geben. Den ganzen Tag hatte er mit Danain trainiert, seine Schultern schmerzten, und im leichten Rausch fand er etwas Linderung.
    Und den Mut, mit Brynja zu sprechen.
    Lange genug hatte er den Dingen ihren Lauf gelassen, sie nur aus der Ferne begehrt. Er hatte die lüsternen Blicke gesehen, die Calder immer unverhohlener der Prinzessin zuwarf und die

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