Das Erbe Der Nibelungen
unbedachte Antwort zu lauern.
Jonar zuckte mit den Schultern. »Wir haben sie gesucht, wir haben sie gefunden.«
Dem königlichen Berater hätte er gerne das Gesicht mit dem Schwert gespalten. Doch sein Leben gehörte Hurgan. Wie alles andere.
»Wie haben sie uns entdeckt?«, fragte Sigfinn.
Calder runzelte die Stirn und starrte weiter auf die Karte, die vor ihm auf dem Waldboden lag, von einer kleinen Fackel mühsam erleuchtet. »Sie kommen von Norden und Osten. Wir fliehen nach Süden. Ganz einfach.«
»Die Horden-Krieger sind schneller als wir. Sie werden uns einholen«, hielt Danain dagegen.
»Nur bis zum Fluss«, sagte Calder. »Dort müssen wir unsere Spuren verwischen, damit sie in die Irre laufen. Wir teilen uns auf.«
»Sollten wir nicht kämpfen?«, fragte Sigfinn.
»Ich lasse dir gerne ein Schwert da«, bot Calder an. »Du wirst dich die zehn Sekunden, die du gegen hundert Horden-Krieger bestehst, wie ein echter Held fühlen. Dann werden sie dir allerdings die Eingeweide um den Hals binden und dich daran aufhängen.«
»Können wir außer Landes fliehen?«, wollte Brynja wissen.
Danain schüttelte den Kopf. »Die Grenzen sind gesichert wie kein zweiter Ort des Reiches. Die Krieger stehen dort Schulter an Schulter.«
»Wir brauchen einen Ort, an dem uns niemand vermutet«, murmelte Calder. »Wo Hurgan niemals seine Truppen hinschicken würde. Einen Ort wie …«
»Worms«, sagte Sigfinn, und er sagte es mit fester Stimme. Als die anderen ihn ungläubig ansahen, erklärte er: »Niemals würde Hurgan glauben, dass wir zu ihm kommen, statt vor ihm davonzulaufen. Er schickt keine Patrouillen nach Worms, denn die Stadt ist schon in der Hand der Horde.«
»Das ist verrückt«, knurrte Danain. »Vielleicht sogar verrückt genug.«
»Und an keinem anderen Ort der Welt haben wir die Möglichkeit, der Geschichte wieder ihr wahres Gesicht zu geben«, pflichtete Brynja bei und sah Sigfinn stolz an.
Calder nickte langsam. »Ich war lange nicht mehr in der Stadt. Und viel schlimmer kann es kaum kommen. Also
ist es hiermit entschieden: Worms ist das Ziel. In zwei Stunden brechen wir auf, wenn die Nacht uns den besten Schutz bietet.«
Das wenige, was Brynja hatte - Schwert und Kleid, Kamm und Umhang -, rollte sie in ein Leder ein, um es am Riemen über die Schulter zu tragen. Sie war aufgeregt, und ihr Blut kochte. Plötzlich hatte sie ein Ziel, eine Aufgabe.
Worms. Als Kind war sie einmal dort gewesen - eine wunderschöne Stadt voller christlicher Pracht, viel Kultur und gebildeter Menschen. Was neu in die Welt kam, was Mode wurde, konnte dort zuerst beobachtet werden. Ein wenig fürchtete die Prinzessin, was Hurgans Herrschaft aus der Stadt gemacht haben würde.
»Wir werden sterben«, hörte sie Calders Stimme hinter sich, und erschrak. Sie drehte sich zu ihm um. »Daran möchte ich nicht glauben.«
Der Rebell lächelte freudlos. »Schon den Horden-Kriegern zu entkommen käme einem Wunder gleich. Worms zu erreichen, einem weiteren.«
»Warum dann der Versuch?«, fragte Brynja trotzig.
Calder machte einen Schritt auf sie zu, und die Prinzessin war wütend auf sich selbst, dass sie zu zittern begann.
»Weil es in unserer Natur liegt, nach dem zu greifen, was sich uns entzieht, zu verlangen, was sich uns verweigert«, antwortete Calder. Er griff ihr Kleid an der Stelle, an die sie vor kaum einer Stunde Sigfinns Hand gelegt hatte, und zog sie kraftvoll zu sich heran.
»Es ist nicht die Zeit noch die Gelegenheit«, sagte Brynja, so kühl es ihr mit Flammen im Blut möglich war.
»Es ist immer Zeit«, flüsterte Calder rau, »und vielleicht die letzte Gelegenheit.«
Was immer sie zu Calder drängte - es waren nicht Brynjas Hände, denn diese drückten ihn fort. »Lass mich. Mein Herz schlägt nicht für dich.«
»Was soll ich auch mit deinem Herzen?«, fragte er und legte die freie Hand über ihrem Kleid an ihren Schoß.
Brynja schloss die Augen. Die kräftigen, erfahrenen Finger fühlten sich so gut an, auch wenn sie so falsch waren. Wie hatte sie sich danach gesehnt …
Calders Hand glitt ihre Hüfte hinab, fand den Saum ihres Kleides und schob sich darunter an das nackte Bein. Schnell und geschickt fand er ihre Begierde, und sie stöhnte leise. Mit hungrigen Lippen brachte er sie zum Schweigen. Sie nahm es hin. Dann drehte er sie um, stieß sie bäuchlings auf das Lager, und sie hörte seinen Gürtel zu Boden fallen.
»Nein«, flüsterte sie, während sich ihre Hände an das Holz der
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