Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
Vom Netzwerk:
er nicht abrutschte.
    Fast drei Stunden brauchte er, um das schwere Tor zu erreichen, an dem das hölzerne Gerüst in das steinerne Gemäuer
überging. Hier war der einzige direkte Zugang zu Burg Drachenfels. Mit dem ebenfalls unsichtbaren Knauf an Nothungs Griff schlug Sigfinn gegen die Bohlen und duckte sich dann in den toten Winkel, der entstand, als die Tür aufgestoßen wurde. Doch die Horden-Wache blieb im Durchgang stehen, und Sigfinn sah keine Möglichkeit, an ihr vorbeizuschlüpfen. Also wartete er, bis der Krieger die Tür mürrisch wieder verschlossen hatte, und schlug erneut Lärm. Diesmal war die Wache ob der unsichtbaren Störung wütend und trat drei Schritte auf die hölzerne Treppe hinaus. Gerade genug, dass Sigfinn sich ungesehen an ihr vorbeischleichen konnte. Er dachte daran, der Wache sein Schwert in den Rücken zu rammen und sie in die Tiefe zu stoßen. Es hätte ihn sicher befriedigt, aber so töricht, schon jetzt auf sich aufmerksam zu machen, wollte er nicht sein.
    Und so setzte Sigfinn einen ersten Fuß ins Herz von Hurgans Macht. Die Burg seines Feindes. Drachenfels. Hort allen Unheils, das Worms befallen hatte, Burant, den ganzen Kontinent.
    Vorsichtig und mit leisen Schritten ging der Prinz von Island voran. Keine Flaggen, Bilder oder Ornamente zierten die Wände der endlosen Gänge, nur qualmende Fackeln, deren Flammen nervös zuckten. Es war offensichtlich, dass Drachenfels nicht gebaut worden war, um seinen Bewohnern gemütliche Heimstatt zu sein. Es war eine Festung, ein Symbol der nie endenden Unterdrückung. Keine Türen waren mehr zu sehen - wer immer hier seinen Pflichten nachging, wurde dabei jederzeit gesehen. Geheimnisse standen nur dem König selbst zu, dessen Gemächer Sigfinn an der obersten Spitze des Bollwerks vermutete. Es war eine Angewohnheit von Tyrannen, niemanden über sich zu dulden.

    Eine Patrouille!
    Drei, vier Horden-Krieger, nicht mehr im Gleichschritt, aber mit gebührender Vorsicht. Kein Platz, um auszuweichen. Mit schnellen Schritten wich Sigfinn zurück und duckte sich in einen kleinen Raum, bis die Wachen ihn passiert hatten. Als er sich an das Mauerwerk drückte, fiel ihm auf, dass die Wände warm waren. Das Gegenteil von Island. Aber es war keine beruhigende Wärme, die Ruhe und Wohlbefinden versprach. Es war eher die Wärme nach dem Brand, die noch von Vernichtung und Leid kündete.
    Die Treppen und Aufgänge, die Sigfinn überwinden musste, schienen ihn noch dreimal so hoch zu führen wie die Kletterei an den Seilen. Seine Lungen pfiffen, als bestiege er einen Berg, und tatsächlich wurde die Luft merklich dünner. Hurgan hatte wirklich alles darangesetzt, sich so weit wie möglich über sein Volk zu erheben.
    Der Prinz kam nun in einen größeren Gang, und an den Wänden hingen Schilde und Speere. Augenscheinlich kam er seinem Ziel nun näher. Eine mächtige Tür mit einem geschmiedeten Ring lag rechts in einem großen Mauerbogen und eine Treppe in den höchsten Turm links. Angesichts der tiefen Nacht war Sigfinn versucht, es in den Gemächern zu versuchen, denn der Thronsaal war um diese Zeit sicher …
    Da!
    Ein Geräusch.
    Sigfinn blieb stehen und lauschte. Es kam aus dem Saal, der sich hinter der großen Tür verbarg. Schritte, ein Schaben. Kein Zweifel.
    Rasch tastete Sigfinn die Scharniere der Tür ab. Sie waren gut gefettet, und vielleicht konnte er am Ring ziehen,
ohne damit allzu viel Lärm zu verursachen. Andererseits - so nah am Ziel mochte seine Unsichtbarkeit kaum noch von Nutzen sein. Er zerrte an dem eisernen Ring, und ohne einen Laut schwang ihm die Tür entgegen, gerade so weit, dass er sich seitwärts in den Saal schieben konnte.
    Wie er vermutet hatte - es war Hurgans Thronsaal.
    Ein runder Raum von immenser Größe, mit einer gewölbten Decke, die sich in Dunkelheit verlor. Zwölf Fackeln loderten im Kreis an den Wänden, dazwischen waren metallene Spitzen mit rostigen Widerhaken angebracht. Keine Stühle, keine Tische. An der Stirnseite führte der breite Durchgang auf einen steinernen Balkon, von dem aus ganz Worms der Burg zu Füßen lag. Dorthin ausgerichtet, in der genauen Mitte des Saals, stand der Thron, erhöht auf einem Podest. Allerlei grausame Figuren und Szenen waren in das Holz geschnitzt, und im flackernden Licht meinte Sigfinn zu erkennen, dass auch Menschenknochen verarbeitet worden waren.
    All das konnte er sich in Ruhe ansehen, denn die Tür, durch die er den Saal betreten hatte, lag schräg hinter dem Thron. Es

Weitere Kostenlose Bücher