Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
Vom Netzwerk:
Mal treffen wir den Kerl in offener Feldschlacht! Vor seiner eigenen Burg!«
    Sophia hatte den Kampf ihres Ritters atemlos verfolgt, ohne jedoch mit einem schlechten Ausgang zu rechnen. Das Mädchen hatte sich nie für Ritterspiele begeistert, es konnte nicht beurteilen, welcher Ritter gut, welcher schlecht, welcher glückbegünstigt und welcher routiniert kämpfte. Dietmar hatte sie bis jetzt für unbesiegbar gehalten und erschrak deshalb zu Tode, als er vom Pferd stürzte. Beinahe hätte sie aufgeschrien, sie konnte sich gerade noch beherrschen. Ihre Mutter schenkte ihr nicht viel Aufmerksamkeit, aber ein Schreckensruf wäre ihr denn doch nicht entgangen. Es reichte schon, dass die Herrin Ayesha Mariam die Stirn runzelte, als sich Sophias Hände im Stoff ihres Mantels verkrampften. Die Maurin schien etwas zu ahnen – ob sie wirklich das Schicksal der Menschen in den Sternen lesen konnte? Die Nonnen im Kloster hatten gesagt, das sei unmöglich …
    Sophia sah jetzt beruhigt, wie kraftvoll Dietmar mit dem Schwert auf Rüdiger einhieb, nachdem er sich wieder aufgerafft hatte, aber dann schrie sie doch auf, als sie ihn fallen sah.
    Luitgart wandte ihrer Tochter einen umflorten Blick zu. Sie sah sie schon wieder durch einen Schleier von heißem Würzwein.
    »Ist was, Kind?«
    Sophia starrte entsetzt auf das Geschehen unterhalb des Podiums. Der Ritter, der zum Sieger des Treffens erklärt wurde, aber noch einmal das Visier seines gefallenen Gegners hob, bevor er vor den König trat … Dietmars blutüberströmtes Gesicht …
    »Nein … ich … doch … ich … Ich fühle mich nicht gut, Mutter.« Sophia sprang auf.
    Sie wusste, dass es unhöflich war, ohne Entschuldigung zu gehen, aber sie schaffte es einfach nicht, sich jetzt noch ein paar artige Worte an die Königin abzuringen. Schreckensbleich verfolgte sie, wie man Dietmar auf eine Trage hob. Aber er war doch nicht tot? Er durfte nicht tot sein …
    Sophia stürmte an der verblüfften Königin und ihrem Hofstaat vorbei. Sie meinte, die Welt nur noch durch einen Nebelschleier wahrzunehmen. Aber sie musste jetzt stark sein, sie musste zu ihm, sie musste … Wo um Himmels willen brachte man verletzte Ritter hin? Wer behandelte sie? Und wenn er starb …
    Sophia taumelte in Richtung der Ställe.
    »Sophia, Mädchen, nun wartet doch!« Die Stimme der Maurin durchbrach ihre rasenden Überlegungen. »Wo willst du denn hin? Ist dir schlecht geworden?«
    Sophia schüttelte wild den Kopf. Miriam sah, dass sie ihren Mantel trug, aber den Schleier nicht über das Haar gezogen hatte. Dabei tat sie das sonst immer, wenn sie die Loge des Königs verließ. Nach wie vor fürchtete die kleine Ornemünde nichts mehr, als aufzufallen, aber jetzt war sie völlig außer sich. Abram musste Recht haben. Sophia hatte ihren Ritter bereits getroffen – und sie empfand mehr für ihn als kindliche Schwärmerei.
    »Ich muss zu ihm«, flüsterte sie jetzt. »Zu Dietmar … wenn er stirbt …«
    Miriam schüttelte den Kopf. »Ach was, Kind, er stirbt nicht. Rüdiger ist sein Oheim. Der wäre nicht so gelassen vor den König getreten, wenn dem jungen Mann ernstlich was passiert wäre. Vergewissert hat er sich ja noch.«
    »Aber das Blut …«, stammelte Sophia. »Er hat geblutet …«
    Miriam seufzte. Es war zweifellos nicht ratsam, Sophia jetzt zu Dietmar zu bringen. Wenn ihrem Vater zu Ohren kam, dass der Lauensteiner ihr den Hof machte und sie sich auch noch kompromittierte, indem sie ihn am Krankenlager aufsuchte …
    Aber andererseits – wenn der Ornemünder sie in diesem Zustand antraf, würde er auch Lunte riechen. Und Sophia redete ihren kleinen Ritter womöglich noch um Kopf und Kragen, indem sie ihrem Vater ihre Liebe gestand!
    Miriam rieb sich die Stirn. »Also schön, Kleines, wir gehen ihn suchen. Aber zieht den Schleier ganz über den Kopf, damit Euch um Himmels willen keiner erkennt. Vor allem Euer Vater nicht. Der darf auf keinen Fall wissen, was Ihr für Herrn Dietmar fühlt.«
    Sophia sah Miriam mit großen Augen an. »Aber warum denn nicht? Natürlich nicht gleich, ich … ich durfte den Ritter natürlich nicht heimlich sehen. Aber wenn Herr Dietmar ganz offen um mich wirbt …«
    Miriam seufzte wieder. So weit war es also schon. »Eben habt Ihr noch befürchtet, er könnte sterben«, bemerkte sie. »Jetzt macht schnell, ich sehe Euren Vater auf dem Abreiteplatz. Solange der beschäftigt ist, könnt Ihr nach Eurem Ritter schauen. Der ganz sicher noch am Leben ist

Weitere Kostenlose Bücher