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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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…«
    Rüdiger hatte keine Eile, sich über Dietmars Zustand zu vergewissern. Er befragte nur kurz einen der Bader, die sich um die verletzten Ritter kümmerten, und hörte, dass sein Neffe wohlauf war. Dann sah er zu, wie Roland von Ornemünde einen weiteren Gegner in Grund und Boden schlug. Der Ritter stand nach dem Schwertkampf nicht mehr auf, und er schien ernster verletzt als Dietmar.
    Rüdiger ritt in seinen nächsten Kampf und unterlag wie geplant dem jungen Rungholt von Bayern, der sich darüber unbändig freute – auch wenn er seinem Gegner natürlich ritterlich höflich aufhalf. Und schließlich gab es gar keine Verrichtung mehr, die Rüdiger vorschieben konnte. Er musste sich Dietmars Vorwürfen stellen. Nachdem Hansi ihm aus der Rüstung geholfen hatte, begab er sich in das Zelt der Bader.
    Zu seiner Verwunderung hörte er helles Lachen hinter einem der Vorhänge, die schwerer Verletzte von denen, die kleinere Blessuren behandeln ließen, abschirmten. Die Männer blickten Rüdiger feixend an.
    »Geht ruhig rein, Herr Rüdiger, dem jungen Mann fehlt nichts«, brummte einer der Bader. Er verließ eben mit blutigen Verbänden in der Hand eins der anderen Abteile, aus dem eher Stöhnen als Lachen drang. Das Opfer des Roland von Ornemünde. »Im Gegensatz zu dem hier, dem hat’s ein Auge rausgeschlagen. Aber Euren Neffen hab ich nur separiert, damit er Ruhe hat mit seiner Dame. Das Fräulein war ja völlig aufgelöst, und da meinte die Herrin …« Er wies vielsagend auf Miriam, die Rüdiger erst jetzt bemerkte. Tief verschleiert bewachte sie den Eingang zu Dietmars provisorischem Krankenzimmer.
    »Mi … Herrin Ayesha! Was … was führt Euch …« Rüdiger runzelte die Stirn.
    Miriam zuckte die Schultern. »Alles andere, als das Mädchen zu ihm zu lassen, erschien mir noch gewagter. Aber die gute Nachricht: Er ist Euch nicht böse.«
    Bereitwillig hob sie den Vorhang für Rüdiger und eröffnete ihm damit das Blickfeld auf Dietmar und seine Dame. Die beiden saßen nebeneinander auf dem Bett – viel traulicher, als das in diesem Stadium des Minnedienstes eigentlich sein sollte. Aber Rüdiger konnte ohnehin kaum an Minneherrin und Ritter denken, sondern eher an zwei glückliche Kinder. Dietmar wirkte zwar noch ein wenig angeschlagen – sein Kopf war verbunden, und in seinem blonden Haar klebte Blut, außerdem hielt er den verletzten Arm in einer Schlinge – das Mädchen wirkte jedoch umso gesünder und frischer mit seinem hellen Teint und den vor Aufregung und Seligkeit rosa angehauchten Wangen, den leuchtenden waldgrünen Augen und dem offenen goldblonden Haar, das es nun, da ein fremder Ritter eintrat, wie einen Vorhang über sein Gesicht fallen ließ.
    »Oheim!« Dietmar strahlte Rüdiger an. »Eigentlich sollte ich dir ja böse sein! Du hast mich in meiner Ritterehre gekränkt, ich …«
    Rüdiger verdrehte die Augen. »Du hast einen Turnierkampf verloren, Dietmar. Wenn das deine Ritterehre schon ankratzt, dann kann es damit nicht weit her sein. Und willst du mich nicht vorstellen?« Er verbeugte sich. »Edle Dame …«
    »Das ist Sophia!«, erklärte Dietmar ohne größere Förmlichkeiten. »Und ich habe ihr alles erzählt. Von Lauenstein und dem Erbe. Und wir sind uns einig!«
    »Einig?«, fragte Rüdiger entsetzt.
    Dietmar und Sophia nickten gleichermaßen.
    »Wir gehören zusammen!«, sagte das junge Mädchen im Brustton der Überzeugung. Es hatte eine sanfte, singende Stimme – Rüdiger konnte verstehen, dass es Dietmar faszinierte. »Meine Eltern müssen das einsehen. Das ist doch ein Zeichen, eine göttliche Fügung! Dietmar und Sophia von Ornemünde zu Lauenstein.«
    Dietmar nickte. »Schau, ich habe ihr das Medaillon geschenkt!«, erklärte er wichtig. »Stellvertretend für meine Mutter. Auch sie wird Sophia lieben.«
    Rüdiger verschlug es die Sprache. Das Medaillon war ein Geschenk der Königin Eleonore für Gerlin gewesen. Sie hatte es stets in Ehren gehalten und bei seiner Schwertleite an Dietmar weitergegeben. Zunächst als Glücksbringer, aber irgendwann sollte es dann der Frau seines Herzens gehören. Und nun lag es in der Hand der Tochter des Usurpators!
    Miriam legte Rüdiger die Hand auf den Arm, bevor er auffahren konnte. »Es stand wohl so in den Sternen«, bemerkte sie. »Und nun kommt, lasst uns die beiden hier hinausschaffen. Schimpft nicht mit Dietmar, damit erreicht Ihr vorerst gar nichts. Und das Mädchen überlasst mir, ich werde ihm schon ausreden, gleich zu seinen

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