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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Interesse daran gehabt, Minnedame und -herrn zu verraten. Im Gegenteil, die an Minnehöfen erzogenen jungen Herren fanden Dietmars Tun höchst romantisch und eines Großen Liebenden würdig. Wenn seine Sangeskunst ihren Schlaf störte, so nahmen sie das gutmütig hin. Traditionell erzogene Draufgänger kümmerten sich gar nicht um das einander umwerbende Pärchen – allenfalls drohten sie, ihren Nachttopf über dem unbegabten Sänger auszuleeren, sollte der es mit einem weiteren Lied versuchen. Dem Wirt der Schenke ging es ähnlich, aber immerhin befand er, dass seine Freudenmädchen an diesem Abend mehr Enthusiasmus für ihr Gewerbe aufbrachten als sonst, da der junge Ritter auch an ihr Herz rührte. Und Luitgart von Ornemünde, die das Ganze am ehesten anging, schlief einen weinseligen Schlaf.
    So wäre wahrscheinlich nichts geschehen, hätte Roland von Ornemünde am nächsten Nachmittag nicht ausgerechnet einem der Fahrenden Ritter gegenübergestanden, der in der Nacht in jener Schenke gezecht hatte. Der Ornemünder hatte es tatsächlich geschafft, unter die letzten beiden Kämpfer in diesem Turnier zu kommen – und schlug sich nun für seine Ehre, während der andere Streiter hoffte, als Turniersieger vielleicht in das Heer des Königs oder doch zumindest auf der Burg eines der anderen hochrangigen Zuschauer aufgenommen zu werden. Auf jeden Fall winkte ihm ein wertvoller Preis, den er als Fahrender dringend brauchte. Beide Ritter vergaben sich also nichts. Sie schlugen mit der Wucht von Riesen mit ihren Holzschwertern aufeinander ein, nachdem der Tjost schon unentschieden ausgegangen war. Dabei tauschten sie lauthals Schmähungen – auch dies nichts Ungewöhnliches. Aber dann wäre es Herrn Kunibert von Worms tatsächlich fast gelungen, Roland von Ornemünde mit Worten aus dem Konzept zu bringen!
    »Bevor Ihr meint, Euch mit Männern schlagen zu können, solltet Ihr erst mal Eure Tochter zur Räson bringen!«, höhnte der Ritter.
    Roland ließ einen Herzschlag lang seinen Schild sinken, parierte aber nichtsdestotrotz Kuniberts direkt erfolgten Angriff.
    »Was wisst Ihr von meiner Tochter?«, schleuderte er ihm entgegen. »Wagt es und zweifelt ihre Tugend an, dann treffen wir uns morgen mit scharfen Waffen!« Sein Schwert traf wuchtig den Schild des Gegners. Kunibert versuchte es mit einem Schlag von unten.
    »Über die Unberührtheit des Körpers Eurer Tochter kann ich nichts sagen«, grinste er dabei. »Aber an ihr Herz hat der Knabe zweifellos gerührt, der gestern vor Eurer Herberge schaurige Verse grölte.«
    »Das denkt Ihr Euch aus!«, brüllte Roland und wehrte Kuniberts Schwert erneut ab.
    Kunibert lachte. »Nein, Herr Ritter, derart furchtbar würde ich niemals dichten! Und einen so grauslichen Troubadour könnte ich mir auch nicht ausdenken. Aber von schönem Wuchs war er wohl, der Knabe, und Eure Tochter sprach gar minniglich mit ihm. Fragt den Wirt der Schenke, wenn Ihr mir nicht glaubt!«
    »Das werde ich!«, schleuderte ihm Roland entgegen und griff mit neuer Kraft an. »Sobald ich hier mit Euch fertig bin!«
    Weitere Worte wurden nicht gewechselt, beide Ritter brauchten ihren Atem jetzt zum Kämpfen. Im Nachhinein erwies sich Herrn Kuniberts Enthüllung als von Nachteil für den Ritter. Roland war jetzt voller Zorn – nicht nur sein direkter Feind, sondern auch seine Tochter bot ihm die Zielscheibe. Aber bevor er sich Sophia widmen konnte, musste er Kunibert erledigen – und da kannte er keine Gnade. Wenige Schwertschläge später lag sein Gegner geschlagen am Boden und ergab sich sofort, um ja keine weiteren Hiebe zu riskieren wie zwei Tage zuvor der halb erblindete Ritter.
    »Herr Roland von Ornemünde wird zum Sieger dieses Treffens erklärt!«, verkündete der Herold.
    Roland trat, immer noch rasend vor Wut, vor den Ehrenbaldachin. Er musste sich zwingen zu lächeln, als die Königin ihn huldvoll ehrte, indem sie ihm eine Goldkette um den Hals legte. Auch Luitgarts Kuss nahm er stoisch hin, sowie die anerkennenden Worte des Königs. Zweifellos würde man ihn gleich zum Gesamtsieger des Turniers erklären und an die Tafel des Monarchen laden – jetzt gab es nichts mehr, was der Bischof einwenden könnte.
    Aber Roland hatte zunächst noch etwas anderes zu tun.
    »Sophia!«, zischte er, »Sophia und Luitgart! Ich will euch beide sprechen!«
    »Es ist nicht so, wie du glaubst, Vater!«, verteidigte sich Sophia mit sanfter Stimme und leuchtenden Augen.
    Sie hatte das Stelldichein mit dem

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