Das Erbe der Pilgerin
Geneviève? Wie könnte ich dulden, dass dieser Körper den Flammen anheimfällt?«
Mit einer geübten Bewegung öffnete Raymond die Bänder ihres Kleides und schob es über Genevièves Schulter. »Die einzige Flamme, die du spüren sollst, ist die Flamme meiner Liebe.«
»Ihr werdet uns also verteidigen? Unser Bollwerk sein?«
Der Graf atmete schneller, während er ihren Brustansatz küsste, dann schob er ihr Kleid ganz herunter.
»Zunächst werde ich dein Bollwerk überwinden«, flüsterte er, »die köstlichste Burg, die ich je erobern durfte. Du hast den Eingang gut gesichert, kleine Geneviève, ihn lange verteidigt …«
Er hob die junge Frau auf und trug sie zu seinem Bett, einem breiten, mit Fellen gepolsterten Lager.
»Ihr lasst diesen Montfort nicht an uns heran? Ihr haltet Montalban?«
Genevièves Atem ging nun auch schneller, die Berührungen und Küsse des Grafen waren nicht unangenehm, aber sie durfte es nicht zulassen, all das zu genießen. Der Körper war des Teufels, und sie tat das hier nur … nur um ihr Volk zu retten.
»Nun vergiss doch einmal Montalban, Kleines. Und Montfort, besonders ihn. Wir wollen doch alle hässlichen Gedanken außen vor lassen. Nimm einen Schluck Wein, Geneviève!«
Der Graf stand auf und kredenzte ihr den Pokal wie einen Willkommensschluck. Geneviève überwand sich und nippte daran. Der Wein war gut. Stark und süß. Sie beging heute schwerere Sünden … Die Albigenserin nahm einen tiefen Zug.
Der Graf lachte. »So ist’s gut, Geneviève … und nun wollen wir dich aus dem Gefängnis dieser Kleidung befreien …«
»Bitte, Herr, ich will eine Zusage.« Geneviève wand sich protestierend, als der Graf ihr nach und nach aus ihrer Kleidung half. »Schwört mir … schwört es mir …«
Sie lag jetzt nackt vor dem Grafen, und ihr Anblick schien ihn völlig zu betören. Er küsste ihren Bauch, ihre Scham … Geneviève spürte, wie ein angenehmes Kribbeln ihren Körper durchlief. War das Begierde? Aber sie musste sich dem Grafen entziehen, solange sie nicht sicher war.
»Ich schwör dir alles, was du willst, meine Schöne«, flüsterte Raymond heiser. »Du wirst diesem Schinder nicht in die Hände fallen. Aber nun …«
Raymond de Toulouse war ein geschickter Liebhaber. Er ließ sich alle Zeit der Welt, Geneviève zu erregen, und wenn sie ihm auch nicht gleich zu den Gestaden der Lust folgte wie die anderen Frauen vor ihr, so lehnte sie sich doch auch nicht auf. Sie war willig und wurde feucht – und er würde ihr schon noch beibringen, dass es angenehmer war, nicht einfach nur bewegungslos still zu liegen, sondern das Liebesspiel zu teilen. Zumindest hätte er es ihr beibringen können …
Der Graf richtete sich bedauernd auf, nachdem er zum Höhepunkt gekommen und über Geneviève zusammengebrochen war.
»Das war überaus schön, meine Kleine. Ich danke dir. Ein großzügiges Geschenk, ich weiß es zu würdigen.«
Er küsste sie erneut, auch wenn seine eigene Lust so schnell nicht wieder zu entfachen war. Aber sie sollte ihn nicht als lieblos in Erinnerung behalten.
»Ihr habt geschworen«, flüsterte Geneviève.
Sie war überwältigt von dem, was gerade passiert war, überwältigt von Scham, aber auch von einer Art Lust, die ihr noch mehr Grund gab, vor Reue im Boden zu versinken. Aber immerhin hatte er geschworen, sie zu beschützen.
»Ja, ja«, meinte er jetzt. »Aber du musst nun gehen, meine Liebe. Ich habe noch Dinge zu erledigen …«
»Jetzt noch?«, fragte Geneviève verwirrt. »Es ist Nacht, Herr.«
Der Graf lächelte kläglich. »Für einen Ritter meines Ranges sind viele Nächte kurz«, erklärte er. »Es gibt Dinge zu regeln, Entscheidungen zu treffen …«
Geneviève lächelte ihm zu. »Ihr werdet eine Verteidigung ausarbeiten.«
Der Graf nickte. »Etwas in dieser Art, mein Kind. Aber nun geh. Und pass auf, dass dich niemand sieht.«
Obwohl die Burg überfüllt war, gelangte Geneviève ungesehen in den Frauentrakt. Sie fragte sich, ob der Graf sein Quartier bewusst so gewählt hatte, dass nächtliche Damenbesuche nicht so schnell entdeckt wurden. Aber darüber wollte sie jetzt nicht nachdenken. Sie wollte überhaupt nicht denken. Sie fühlte sich müde und erschöpft – befriedigt und erregt zugleich, voller Schuld und Scham, aber auch voller Triumph.
»Wo kommst du jetzt noch her?«, fragte Sophia.
Sie war die einzige unter Leonors Zöglingen, die noch wach lag, die jüngeren schliefen bereits. In der beengten Burg von Montalban
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