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Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin

Titel: Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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den Pritschen an der Tür ereiferten sich Feanor, Cirdan und Darval leise über die heruntergekommene Moral der Krieger in der Garnison, während Salih einen Holzscheit auf die Glut legte.
    Bayard hatte die Hände hinter dem Kopf verschränkt und starrte an die Decke. Toralf versuchte ein paar Mal, den Katauren anzusprechen, doch dieser stellte sich taub.
    Ajana streckte sich auf ihrem Lager aus. Über das leise Murmeln der anderen hinweg hörte sie das Brausen des Wilderwil, eines Wasserfalls, der sich jenseits des Stützpunkts ins Tal ergoss und ihm zu seinem Namen verholfen hatte. Durch eines der Fenster fiel Mondlicht in den kleinen Raum, und am Himmel funkelten die Sterne so nah und klar, als könnte man nach ihnen greifen. Ajana seufzte und zog sich die Decke bis zum Kinn. Eine Weile noch lauschte sie den verhaltenen Stimmen der Männer und dem leisen Knacken des Feuers. Dann schief sie ein.
     
     
     
    Der junge Tag zog über dem Pandarasgebirge herauf, und die kleine Gruppe, die aus der Ebene nach Wilderwil gekommen war, setzte ihre Reise fort.
    Mit neuem Proviant ausgestattet, zogen sie in nördlicher Richtung in das zerklüftete Hochgebirge jenseits der Baumgrenze. Das Wetter meinte es gut mit ihnen. Nach der frostig klaren Nacht war der Himmel nun von tief hängenden Wolken bedeckt, die sich wie eine graue Decke zum Greifen nah entlang der Berghänge ausbreiteten und sie zumindest noch für eine Weile vor den Blicken der feindlichen Späher verbargen.
    Es waren nur wenige, die ihrem Aufbruch beiwohnten. Eine Hand voll Krieger hatten sich am Fuß des schmalen Pfades versammelt, der tiefer in die Berge hineinführte. Bayard würdigte sie keines Blickes. Missmutig führte er die Gruppe an, und so wurde es ein bedrückender und schweigsamer Abschied.
    Keiner wünschte ihnen Glück.
    Ajana war müde. Trotz der warmen Unterkunft hatte ihr die vergangene Nacht nur wenig Erholung gebracht. Immer wieder war sie von fremdartigen Geräuschen aus dem Schlaf gerissen worden und hatte danach jeweils lange wach gelegen und dem Rauschen des Wilderwils gelauscht.
    Während sie den anderen auf dem schmalen Gebirgspfad folgte, schien es ihr, als trüge die Schlaflosigkeit ihre Auswirkungen bis in den Tag hinein. Zwischen den Gehölzen und den nackten Felsen glaubte sie huschende Schatten zu sehen. Doch hier oben gab es keine anderen Lebewesen. Hier herrschte nur Stille, eine tiefe, alles durchdringende Stille, und Ajana fühlte sich trotz der Nähe der anderen sehr einsam. Keelin ging dicht vor ihr, doch der anstrengende Aufstieg auf dem felsigen Grund machte jedes Gespräch unmöglich.
    Als die Dämmerung in den Morgen überging und das Licht weiter zunahm, kehrte Horus zurück. Flügelschlagend landete er auf Keelins behandschuhten Arm. Ajana sah Keelin lächeln und beobachtete, wie er Horus zur Begrüßung sanft mit einer kleinen Feder über das Gefieder strich. Der Falke erwiderte die zärtliche Geste, indem er mit dem Schnabel an Keelins Bartzöpfen zupfte. Keelin lachte und schalt ihn leise, dann löste er mit der freien Hand ein kleines zusammengerolltes Pergament vom Lauf des Vogels und reichte es mit den Worten »Für Bayard!« an Feanor weiter, der vor ihm ging. Das Pergament wanderte von Hand zu Hand zur Spitze der Gruppe.
     
     
     
    Eine dunkel verhüllte Gestalt verharrte reglos am Fuß des schmalen Weges, auf dem Bayard die kleine Gruppe in die Berge geführt hatte, und starrte in die Schatten zwischen den Felswänden. Aufmerksam lauschte sie den Geräuschen ringsumher, dem Tosen des nahen Wasserfalls und den gedämpften Stimmen der Krieger, die sich wieder in die Unterkünfte zurückgezogen hatten.
    Den schützenden Unhang eng um die Schultern gezogen, schaute der einsame Wanderer den Pfad hinauf und ballte die Fäuste. Zwei Nächte folgte er der Gruppe nun schon, zwei Nächte in bitterer Kälte. Zwei Nächte, die für ihn so hart und voller Entbehrungen gewesen waren, dass ein anderer vermutlich längst umgekehrt wäre. Doch er würde nicht aufgeben. Er war entschlossen zu beenden, was er begonnen hatte, und würde den anderen auf dem Weg über die Berge folgen. Ein letztes Mal wanderte seine Hand zu der Waffe, die er gut versteckt unter dem Umhang am Gürtel trug, dann schulterte er sein Bündel und machte sich auf den Weg nach Norden.
     
     
     
    »Was geht dort unten vor?« Inahwen trat neben Gathorion an die steinerne Brüstung der Festungsmauer und schaute voller Sorge auf das Heerlager der Uzoma. In

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