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Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin

Titel: Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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einmal um und rief mit sich überschlagender Stimme: »Außerdem, was kümmert es Euch? In der Bastei gibt es genug Küchenjungen, die Töpfe schrubben können. Es wird schon nichts verkommen, wenn ich nicht mehr da bin!«
    »Abbas!« In dem strengen Tonfall der Herdmeisterin schwang plötzlich ein weicher, fast mütterlicher Klang mit. »Du weißt nicht, was dich am Pass erwartet. Hast du denn nicht die furchtbaren Berichte gehört? Du … du«, Hände ringend suchte sie nach den richtigen Worten, »… du dummer Esel hast doch keine Ahnung, was für grausame Bestien die Uzoma sind.« Sie verstummte sichtlich erschüttert, als weckten die Worte vergessen geglaubte Erinnerungen in ihr, ging auf Abbas zu, packte ihn an den Schultern und sah ihm tief in die Augen. »Denk doch an Bayard, mein Junge«, bat sie. »Die Uzoma haben seinen Hof angesteckt, während er am Pass kämpfte. Ja, das haben sie getan. Frauen und Kinder haben sie in den Thowa gesperrt und qualvoll verbrannt. Die Männer wurden mit Pferden gevierteilt. Die … die Tiere haben sie grausam abgeschlachtet. Sie haben das Blut getrunken und das Fleisch roh verzehrt. Willst du dich wirklich solchen Bestien ausliefern?« Sie trat einen Schritt zurück und musterte den Jungen mit prüfendem Blick. »Sieh dich doch an, mit deinen siebzehn Wintern. Du bist groß für einen Wunand, aber viel zu schmächtig, um ein Schwert zu fuhren. Selbst wenn es in ganz Sanforan keinen einzigen Mann mehr gäbe, der die Stadt verteidigen könnte, dich würde man ganz gewiss nicht nehmen.« Sie hielt inne, dann grinste sie und fügte triumphierend hinzu: »Außerdem ist es den Männern der Wunand nicht gestattet, sich als Krieger zu verdingen. Hast du das etwa vergessen? Kein Mann deines Blutes darf eine Waffe führen.«
    »Na und? Wenn ich kein Krieger sein kann, werde ich schon eine andere Aufgabe finden«, rief Abbas leichthin und schob die Unterlippe trotzig nach vorn. »Bote, Wasserträger oder etwas Ähnliches. Hier bleibe ich jedenfalls keinen Tag länger. Ich habe schon viel zu lange gezögert. Wenn der Rat Gathorions Vorschlag zustimmt und er mit neuen Kriegern an den Pass zurückkehrt, werde ich dabei sein.«
    »Ach, Junge!« Betroffenheit spiegelte sich in den Augen der Herdmeisterin. Zögernd und ein wenig unbeholfen, als wären ihr derlei Zärtlichkeiten fremd, strich sie Abbas über das schulterlange schwarze Haar. »Was soll dieses Gerede von Ruhm? Hat das Kampfesfieber nun auch dein Herz vergiftet? Es sind schon so viele losgezogen, um Ruhm und Ehre auf dem Schlachtfeld zu erringen – und jetzt erinnern nur noch die schwarzen Trauerbänder in den Haaren der Witwen an diese Helden.«
    »Es tut mir Leid, wenn Euch meine Entscheidung Kummer bereitet.« Abbas kämpfte mit seinen Gefühlen. Für einen winzigen Augenblick schien es, als überlegte er, ob die Herdmeisterin vielleicht Recht haben könnte, doch dann hatte er sich wieder in der Gewalt. »Mein Entschluss steht fest«, sagte er. »Wenn wieder Truppen an den Pass ziehen, werde ich mich freiwillig melden.«
    Hilfe suchend wandte sich die Herdmeisterin an Keelin. »Könnt Ihr ihn nicht umstimmen, werter Falkner?«, fragte sie. »Ihr seid doch sein bester Freund. Euren Rat wird er gewiss beherzigen. Ich habe seiner Mutter versichert, dass ich auf ihn Acht gebe. Sie würde es niemals zulassen, dass er …«
    »Nun …« Keelin, der nicht damit gerechnet hatte, in das Gespräch der beiden hineingezogen zu werden, räusperte sich und strich sich verlegen über den Kinnbart. Er wusste, dass der Herdmeisterin seine Worte nicht gefallen würden. »Es steht mir nicht zu, die Entscheidung meines Freundes in Frage zu stellen«, sagte er mit fester Stimme. »Denn auch ich habe mich entschlossen, Gathorion zu folgen, wenn der Rat seinem Begehren stattgeben sollte. Meine Ausbildung ist seit einem Silbermond beendet. Wofür sollte ich all die Winter gelernt haben, wenn ich nicht bereit bin, meine Fähigkeiten zum Wohle des Volkes einzusetzen?! Ich habe lange genug den Schutz genossen, für den andere ihr Leben ließen. Jetzt ist es an der Zeit, dass auch ich meinen Teil dazu beitrage, Nymath vor den Uzoma zu beschützen.«
     
     
     
    Ungeduldig schritt Vhara in ihrem Gemach auf und ab.
    Obwohl die Sonne den Zenit gerade erst überschritten hatte, herrschte düsteres Zwielicht in dem weitläufigen Raum, in dem sie schlief und ihre magischen Rituale vorzubereiten pflegte. Die Fensterläden aus Schilfrohr waren fest

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