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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Reißzähnen bis hin zu den tödlichen Krallen an Fingern und Füßen, war ihr ganzer Körper eine einzige Waffe, die sie vollendet beherrschten. Dem Mut, der Ausdauer und der Gewandtheit einer Felis war im Zweikampf niemand gewachsen, und ihr Schattenblick noch immer eine der am meisten gefürchteten Waffen in ganz Andaurien. Es hieß, die Felis könnten mitten am Tag eine ganze Region in Schatten hüllen, um sich aus einer Gefahr zu befreien, denn als Geschöpfe der Nacht sahen sie selbst dann noch hervorragend, wenn es ringsumher tiefdunkel war.
    Auch erzählte man sich, dass die Katzenfrauen einen Fremden dazu bewegen konnten, Dinge zu tun, die er niemals aus freien Stücken tun würde.
    »Schaue niemals einer Felis in die Augen!« So hatte eine der ersten Lektionen gelautet, die Suara von ihrer Mutter gelernt hatte.
    Bei dem Gedanken beschlich Suara ein mulmiges Gefühl, und sie fragte sich, ob sie diese Regel den ganzen weiten Weg zum Tempel würde beherzigen können.
    »Du musst dich nicht fürchten.«
    Suara zuckte erschrocken zusammen. Die Katzenfrau war aufgestanden und kam auf sie zu. Hastig senkte Suara den Blick. »Ich bin nicht dein Feind«, sagte die Felis mit dem seltsam schnurrenden Akzent ihres Volkes, legte den pelzigen Finger unter Suaras Kinn und hob ihren Kopf sanft an.
    Suara zitterte. Hektisch bewegte sie die Augen mal nach rechts und mal nach links, um dem Blick der Felis auszuweichen, doch irgendetwas hielt sie fest, lähmte sie, und schließlich blieb ihr nichts anderes übrig, als der Felis direkt in die Augen zu sehen. »Ich vermag sehr wohl zwischen Freund und Feind zu unterscheiden«, sagte die Katzenfrau. Ihr Mund erlaubte kein Lächeln, aber Suara spürte, dass sie es ernst meinte. Tapfer hielt sie dem Blick stand. »Siehst du.« Die Felis schnurrte zufrieden und nahm die Hand fort. »Waffengefährtinnen sollten einander nicht fürchten«, fügte sie hinzu und deutete mit einem Kopfnicken auf Oxana und Terka, die den Vorfall mit angehaltenem Atem und blank gezogenen Messern beobachtet hatten. »Das gilt auch für sie.«
    »Es … es wird Zeit aufzubrechen«, erwiderte Suara, um dem Gespräch eine andere Richtung zu geben. Sie hatte den Schrecken noch nicht ganz überwunden, dennoch gelang ihr ein respektvolles Lächeln. »Wir haben noch einen weiten Weg vor uns.«
     
     

    ***
     
    »Kannst du noch?«
    Die Frage kam von weit her und wand sich wie eine Schlange durch das Gewirr aus Fieberträumen und Schmerzen, die in Yenus Geist wüteten. Sie spürte, dass sie antworten musste, und schluckte gegen die Trockenheit in ihrer Kehle an. Seltsam, dass ihre Kehle trocken war, wo sie doch so schwitzte. Ihre Tunika war völlig durchnässt, die Hände feucht, und der Schweiß rann ihr in Strömen über das gerötete Gesicht. Ihr war heiß, und sie fror. Zitternd klammerte sie sich an Miya, die sie stützte und sie immer wieder antrieb weiterzugehen, wenn ihr die Kräfte versagten.
    »Yenu?« Eine tiefe Besorgnis schwang in Miyas Stimme mit. »Yenu, hörst du mich?«
    Yenu musste all ihre Kraft aufwenden, um zu nicken.
    »Noch ein paar Schritte, dann haben wir es geschafft«, hörte sie Miya sagen. »Ich kann das Lagerfeuer schon durch die Bäume hindurch sehen. Es ist nicht mehr weit.«
    Yenu antwortete nicht. Sie hatte alle Mühe, sich darauf zu konzentrieren, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Wäre Miya nicht gewesen, sie hätte sich längst irgendwo hingelegt, um sich auszuruhen. Sie hatte das Gefühl, schon eine Ewigkeit unterwegs zu sein, und der Wunsch nach Ruhe und Schlaf wurde immer übermächtiger. Warum konnte Miya das nicht verstehen? Warum drängte sie sie immer weiter? Irgendwo in den Tiefen ihres von Fieber umnachteten Bewusstseins flackerte ein Rest von Wut auf. Sie wollte sich wehren, Miya fortstoßen, die sie festhielt und unerbittlich vorantrieb, wollte schreien, dass sie endlich ausruhen musste … Doch für all das fehlte ihr die Kraft.
    »Halt!« Die Stimme war dumpf und drohend. »Wer seid ihr?«
    Miya hielt abrupt inne und verhinderte durch ein beherztes Zugreifen, dass ihre Freundin einfach weitertaumelte.
    »Bitte!«, hörte Yenu sie flehen. »Bitte helft ihr … Urwar gebissen … fiebert … ganzen Körper ergriffen. Wenn sie nicht … Heilerin kommt … muss sie sterben.« Bruchstückhaft drangen die Worte zu ihr, aber ein Sinn erschloss sich ihr nicht. Sie war froh, nicht mehr laufen zu müssen, und wollte endlich schlafen. Miya redete noch immer, und auch der

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