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Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin

Titel: Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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zurückgezogen und widmen sich ausschließlich den Dingen, die allein ihr Volk betreffen. Dennoch besitzen sie den Mut und das Selbstbewusstsein, sich einer Aufgabe zu stellen, die das ganze Land angeht und die weit über das hinausgeht, was ihr eigenes Leben berührt: einem schlichtenden Tribunal.
    Voller Hochachtung erinnerte sich Ajana daran, wie Ylva, die Seherin des kleinen Volkes, ihnen am Morgen ihre Pläne erläutert hatte. Schenkte man ihren Worten Glauben, so entsprang ihr Einsatz, die vielen Fremden in ihr Tal zu laden, einzig und allein dem hoffnungsvollen Plan, einen dauerhaften Frieden zwischen den Uzoma und den Vereinigten Stämmen von Nymath zu stiften.
    Ajana schüttelte den Kopf. Auf einen solchen Gedanken konnte wahrlich nur ein Volk kommen, das in den vergangenen hundert Jahren weltfremd und in völliger Abgeschiedenheit gelebt hatte. Zwar äußerten sich die Angehörigen des kleinen Volkes durchweg zuversichtlich, doch Ajana wusste aus ihren eigenen Beobachtungen, wie tief die Kluft zwischen den Völkern bereits war. Der Frieden schien ein tiefes Bedürfnis beider Seiten zu sein, doch immer nur zu den jeweils eigenen Bedingungen. Einen Frieden zu stiften, der beiden Völkern gerecht wurde, war in Ajanas Augen daher ein denkbar schwer zu erreichendes Ziel.
    Die Vaughn ließen sich jedoch nicht beirren. Bei Sonnenaufgang sollten die ersten Beratungen stattfinden. Zunächst wollten sie sich in Gesprächen ein Bild davon machen, wie tief verwurzelt die Feindseligkeit zwischen den Vereinigten Stämmen und den Uzoma wirklich war, denn sie hofften, daraus wertvolle Ansatzpunkte für eine Vermittlung zu finden. Später sollten dann alle an das m’Uuola – das große Feuer – gerufen werden, um gemeinsam über die Form eines friedlichen Miteinanders in Nymath zu beraten.
    Ajana seufzte und schob die Gedanken an den morgigen Tag zur Seite. Die gemeinsame Zeit mit Keelin war ihr viel zu kostbar, um sich mit solch tiefgründigen Überlegungen zu befassen. An diesem Abend hatte sie endlich einmal die Zeit gefunden, mit dem jungen Falkner ungestört über all das zu sprechen, was sie selbst bewegte: über die Vaughn und die Mahoui, über Maylea und Abbas, über Inahwen und die Elben, über das Runenamulett und die Magie, die darin schlummerte.
    Sie hatte von ihm so vieles erfahren, das ihr bisher unbekannt gewesen war, und neue Zusammenhänge verstehen gelernt. Keelin hatte ihr geduldig zugehört; seine Antworten waren wie Mosaiksteinchen, die Ajana Stück für Stück zu einem Bild zusammensetzte, das ihr einen besseren Einblick in die fremde Welt eröffnete.
    Aber auch Keelin hatte Fragen gestellt, und so hatte sie ihm im Gegenzug etwas über die Welt erzählt, aus der sie stammte. So offen, wie sie es bisher nur Inahwen gegenüber gewagt hatte, hatte sie ihm von ihrer Heimat und ihrer Familie berichtet und ihm ihre Gefühle, Ängste und Sehnsüchte anvertraut.
    Irgendwann war Horus herangeflogen gekommen. Der Falke hatte sich auf Keelins Schulter gesetzt und beharrlich sein Recht eingefordert, indem er so lange neckend an dessen Bartzöpfen geknabbert hatte, bis dieser schließlich nachgegeben hatte. Lachend hatte er das Federspiel hervorgeholt und sich erhoben, um ein wenig mit Horus zu üben, während Ajana ihnen dabei zusah.
    In diesem Augenblick bemerkte Ajana, wie Keelin das Federspiel in die lederne Tasche zurücksteckte und die Übung beendete. Während Horus nach Süden davonflog, kam der junge Falkner auf sie zu und setzte sich neben sie. »Er wird versuchen, noch etwas zu jagen, ehe es ganz dunkel wird«, erklärte er und schaute dem Falken voller Zuneigung nach, bis dieser vor den dunklen Umrissen der Tannen nicht mehr zu sehen war.
    Ajana nickte. »Er ist wirklich etwas ganz Besonderes, dein Falke«, sagte sie und blickte Horus sehnsüchtig nach. »Es muss ein schönes Gefühl sein …« Sie verstummte, als sie bemerkte, das Keelin sie von der Seite her ansah. Es war nicht das erste Mal, dass sie diesen Blick spürte, doch diesmal war es gänzlich anders als zuvor. Diesmal lag etwas in seinem Blick, das sie zuvor nicht bemerkt hatte. Etwas, das bis in ihr Inneres drang, sie taumeln ließ und ihr die Sprache verschlug. Ihr Herz pochte auf einmal wie wild, und sie fühlte, wie ihr die Röte in die Wangen stieg.
    Etwas würde geschehen. Etwas Einzigartiges, Wunderbares, das ihr ganzes bisheriges Leben für immer verändern würde. Eine unerfüllte Sehnsucht, die schon seit einiger Zeit in ihr

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