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Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition)

Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
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Sandes und der feuchten, modrigen Seile an den Hummerfangkörben. Die Sonne schien warm, und Hester hatte ihre rote Strickjacke ausgezogen und lag der Länge nach am Strand, das Haar auf den Steinen, die Augen geschlossen, die Arme von sich gestreckt wie ein Seestern.
    Aurelia war nun doch etwas entsetzt. Ihre Eltern saßen am Strand immer in Liegestühlen, und ihr Vater zog den Anzug nur aus, wenn er ins Wasser ging. Ins Wasser … Das erinnerte sie an etwas, etwas, was in den Tiefen ihres Unterbewusstseins schlummerte und sich ihrem Gedächtnis entzog. Da mochte sie noch so lange in das Sonnenlicht blinzeln, das wie flüssiges Silber auf dem Wasser tanzte, und sich den Kopf zermartern, es hatte keinen Sinn. Es fiel ihr nicht mehr ein.
    Aurelia aß das letzte Törtchen auf und leckte sich die Krümel von den Fingern. »Was werden wohl Vater und Mutter sagen, wenn wir heimkommen?«, fragte sie ihre Großmutter.
    Sie hatten einen herrlichen Vormittag verbracht, waren auf den Klippen herumspaziert, hatten die engen, gewundenen Sträßchen und Gassen erkundet, die so lustige Namen wie Squeezibelly Alley trugen, und dem alten Schulhaus mit der Turmuhr einen Besuch abgestattet. Dort war Hester früher zur Schule gegangen, aber Aurelia konnte sich die wilde Haarpracht ihrer Großmutter beim besten Willen nicht in ordentlich geflochtenen Zöpfen oder einem adretten Pferdeschwanz vorstellen. Danach hatten sie am Strand nach Krabben gefischt, mit einem Käscher, den sie aus einer von Hesters Bohnenstangen, dickem Blumendraht und einem alten Vorhang gebastelt hatten. Die Welt daheim mit ihrem Sprich ordentlich!, Iss ordentlich!, Sitz still! erschien ihr unendlich weit weg. Und kein einziges Mal hatte Gramma Hester Aurelia befohlen, sich die Hände zu waschen.
    Doch wenn Aurelia jetzt ans Nachhausekommen dachte, regte sich ein flaues Gefühl in der Magengegend.
    Sie beobachtete, wie eine Möwe herabschoss, um ein Stück Fischabfall zu packen. Hester hatte ihr erzählt, dass Port Isaac schon seit Jahrhunderten ein Fischerdorf war und hauptsächlich Sardinen gefischt wurden. »Früher gab es einen Mann, der auf dem Kliff Ausschau nach Sardinen hielt«, sagte sie mit der Stimme einer Märchenerzählerin, was Aurelia so liebte. »Man nannte ihn Ausrufer.«
    Ein Ausrufer. Aurelia probierte im Stillen, wie sich das Wort aussprach.
    »Wenn er einen Schwarm entdeckte, wenn er sah, wie diese silbrigen Tänzer aus dem Wasser sprangen und im Sonnenlicht glitzerten …«
    »Ja?«
    »Dann gab er den Fischern ein Signal, indem er in eine lange Trompete blies …« Sie deutete mit den Händen die Länge der Trompete an, die größer gewesen sein musste als Aurelia. »Hevva! Hevva! Hevva!«
    Dachte sich die Großmutter das alles aus? Aurelia aß zu Hause manchmal Sardinen auf Toast, aber immer in Tomatensauce, und sie sagte zu Hester, sie könne sich nicht vorstellen, dass Fische tanzten, doch Hester lachte nur. Sie berichtete Aurelia – jetzt mit normaler Stimme –, dass die Sardinen in den Hochzeiten des Fischfangs exportiert wurden, vor allem nach Italien. Nun jedoch seien viele Schwärme nach Süden in sonnigere Gefilde abgewandert.
    Komisch, dachte Aurelia. Wenn Gramma Hester Italien erwähnte, nahmen ihre grünen Augen einen entrückten Ausdruck an, als säße sie gar nicht mehr in Cornwall am Strand, sondern wäre ganz weit weg.
    »Sie sind mit Trampdampfern aus Genua gekommen«, sagte sie.
    »Wer?« Aurelia dachte an Piraten. Es mussten Piraten gewesen sein. Schmuggler hatte es hier jedenfalls gegeben – Gramma Hester hatte ihr schon oft Geschichten darüber erzählt.
    »Die Italiener«, erwiderte Gramma Hester mit belegter Stimme. »Auf diesen Schiffen herrschte stets Bedarf an Hilfskräften. Jeder konnte anheuern und mitreisen.«
    Aurelia wunderte sich, warum die Leute in Italien so viele Sardinen aßen. »Wie ist es in Italien?«, fragte sie. Ob sie jemals dorthin reisen würde?
    »Das ist eine andere Geschichte, Kleines.« Hester klang traumverloren, als sei sie in Gedanken schon wieder in weiter Ferne. »Die Landschaft dort ist ganz anders. Ligurien ist das Land der duftenden Pinien, der Olivenbäume und Weinberge. Die Häuser sind in leuchtenden Farben gestrichen und in die Felsen hineingebaut. Die Sonne brennt heiß vom Himmel. Und das Meer ist blau, so blau …« Sie seufzte.
    Aurelia blieb mucksmäuschenstill, um den Bann nicht zu brechen.
    »Und wer könnte es den Sardinen verdenken«, fuhr Hester fort und lachte, »dass

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