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Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition)

Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
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sie.
    Schließlich dauerte es fünf Monate, bis er ihr seine geliebte Villa La Sirena zeigte und sie mit seinem kleinen Sohn bekannt machte. Ihr war bewusst, dass dies ein besonderer Moment war, eine Wende in ihrer Beziehung, denn er hatte La Sirena für seine Frau Catarina gekauft, die erst vor zwei Jahren gestorben war. Und mehr als alles andere wünschte sich Enrico Stabilität für Stefano. Sie wusste, dass er seinem Sohn nicht reihenweise potentielle Stiefmütter vorstellen würde.
    Aurelia schätzte das Vertrauen, das er ihr entgegenbrachte. Sie kannte ihn nur als Enrico, aber in Ligurien war sein Name ein Begriff: Enrico Landucci, Grundbesitzer, Geschäftsmann, König der Olivenhaine, obwohl er sich inzwischen zur Ruhe gesetzt und das Geschäft verkauft hatte. In Ligurien war die Olive heilig. Mit fünfhundert Olivenbäumen galt man früher als reicher Mann, und Enrico hatte deutlich mehr besessen.
    Und nach all diesen Jahren war er immer noch Enrico … Sie holte tief Luft. »Und ich kenne deine Gefühle für Elena.«
    Abrupt stand er auf.
    Aurelia fragte sich, ob sie vielleicht zu weit gegangen war. Er bot ihr zwar auf dem Weg zurück zu den Plätzen steif seinen Arm, hielt die Lippen jedoch fest zusammengepresst. Oje. Hoffentlich hatte sie ihm jetzt nicht den Abend verdorben! Das war nicht ihre Absicht gewesen. Aber seine Miene war undurchdringlich.
    »Meine Gefühle für Elena haben damit nichts zu tun.« Als sie durch den verzierten Portalbogen mit den roten Samtvorhängen in den Zuschauerraum traten, streifte ein Hauch von Enricos Rasierwasser Aurelia – wie ein Kastanienwald nach dem Regen –, und diese Frische bildete einen starken Kontrast zu der muffigen Ausdünstung der Vorhänge und den anderen typischen Gerüchen des Theaters.
    »Aber wenn eine Freundin ein Problem hat …«, begann sie.
    »Sie weiß ganz genau …« – plötzlich wurde er heftig, und in seinen dunklen Augen loderte der Zorn –, »… dass ich der Erste wäre, der ihr helfen würde, wenn sie wirklich ein Problem hätte.« Mit einer Handbewegung bedeutete er ihr, vor ihm in die Sitzreihe zu schlüpfen. Ursprünglich hatte er eine Loge vorgeschlagen, und Aurelia bedauerte nun, nicht darauf eingegangen zu sein. Sie setzten sich. »Aber hier handelt es sich keineswegs um ein Problem«, stellte er fest.
    Aurelia wusste, dass sie es dabei belassen sollte. In gewisser Weise hatte er Recht. Es war kein Problem und wenn doch, dann jedenfalls nicht ihres. Aber sie meinte, noch nicht genug für Elena getan zu haben. »Trotzdem …«, hob sie erneut an.
    Enrico lehnte sich zurück. »Kommt überhaupt nicht in Frage«, sagte er nachdrücklich.
    Aurelia wurde ärgerlich. »Warum?«
    Er legte die Fingerspitzen aneinander und starrte Richtung Bühne, als könne er kraft seines Willens den Vorhang heben. »Ich möchte nicht weiter darüber reden.« Das war endgültig.
    Aurelias Zorn machte sich Luft. »Man sollte über alles reden können«, zischte sie. »Jedenfalls in einer partnerschaftlichen Beziehung.« Das Gegenteil hatte sie nur zu gut kennengelernt.
    Enrico seufzte. »Ihr Engländer …«
    Aurelia wartete.
    »Also gut.« Er wandte sich ihr zu. »Stranieri« , sagte er eindringlich. »Wildfremde Menschen werden durch mein Haus und meinen Park trampeln und beides nicht mit der nötigen Achtsamkeit behandeln. Bestimmt werden sie auch fotografieren und persönliche Fragen stellen.« Seine Stimme wurde weicher. »Und du wirst antworten, weil …«
    »Weil?« Sie fühlte, wie eine weitere Zorneswoge in ihr aufstieg. Er schien sie als Vorwand zu benutzen, um Elena das Gewünschte zu verweigern.
    »Weil du eben du bist.« Er zuckte die Achseln. »Sie werden bei uns einfallen. Das Haus und uns vereinnahmen.« Er sah sie lange an. »Willst du das wirklich, cara ?«
    Während der wenigen Augenblicke, in denen er dies sagte, verwandelte sich ihre Wut in Leidenschaft, die so plötzlich aufflammte, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Es war unglaublich. Als sollte ihr bewusst gemacht werden, wie es zwischen ihnen sein könnte, sogar jetzt noch, nach all den Jahren, auch wenn man sie nun als alt bezeichnen konnte. Sie berührte seinen Arm und lehnte sich zu ihm hinüber. Ach, wenn nur, wenn doch nur …
    Doch ehe sie etwas erwidern konnte, verlöschten die Lichter. Der Vorhang öffnete sich, und das Orchester begann zu spielen.
    »Weißt du …«
    Cari blickte von ihrem Teller auf. Sie hatte in den Nudeln auf ihrem Teller herumgestochert –

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