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Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition)

Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
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stehen, die gepflanzt worden waren, um die Erinnerung an Catarina wachzuhalten. Wer konnte es gewesen sein?

K
apitel 17

    »Auf Tasmin Banks!«
Blitzte da eine Träne in Edwards Augen? Cari hob ihr Glas. »Auf Tasmin.«
    Die vielen Besucher, die sich zu dieser ganz besonderen Vernissage in der Galerie eingefunden hatten, nahmen ihre Unterhaltungen wieder auf. Sie nippten an dem kostenlosen Champagner, ließen sich die Cocktailhäppchen schmecken, die von zwei elegant in Schwarz-Weiß gekleideten jungen Kellnern herumgereicht wurden, und betrachteten die Fotografien, die Edward gekonnt in Szene gesetzt hatte.
    Cari fing Marcos Blick vom anderen Ende des Raums auf. Er prostete ihr zu und schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. Sie spürte förmlich, wie Dan an ihrer Seite erstarrte. Ungeduldig wandte sie sich von ihm ab. Natürlich hatte sie beide eingeladen. Was denn sonst? Sie gehörten beide zu ihrem Leben – Dan schon seit vielen Jahren, und Marco … Nun, Marco war wie ein Schmetterling in ihr Leben geflattert und würde vielleicht eines Tages ebenso schnell wieder daraus verschwinden. Aber in jüngster Zeit hatte sie ihm mehr anvertraut als Dan. Und sie wusste auch, warum. Er zeigte Verständnis für ihre Gefühle und schien wirklich daran interessiert zu sein, mehr über ihre Mutter und ihre Vergangenheit zu erfahren – von der sie zugegebenermaßen im Moment regelrecht besessen war. Wohingegen sie für Dan nur eine Portion besonders leckerer Eiscreme darstellte. Am liebsten hätte er sie vermutlich mit Haut und Haaren verschlungen.
    »Die Leute zeigen mehr Interesse, als ich zu hoffen gewagt habe.« Edward strich sich über sein schütteres blondes Haar. Auf seiner Stirn glänzte Schweiß. Er zog das Leinenjackett aus und hängte es sich über den Arm. »Und es sind nicht nur die Lokalzeitungen da, Cari.«
    Sie folgte seinem Blick und entdeckte einige Fotografen und zwei Männer, die etwas auf Notizblöcke kritzelten, Journalisten vermutlich. »Warum sollten die daran interessiert sein?«
    »Hier hast du deine Antwort.«
    Er deutete auf einen kleinen glatzköpfigen Mann in karierter Weste und enger schwarzer Hose, die sich über dem Bauch spannte. »Kent Rotherfield«, sagte er.
    Sollte sie ihn kennen? »Wer …?«
    »Er besitzt eine Galerie an der South Bank. Er hat sich auf kommende Fotografietalente spezialisiert.«
    Cari war die Ironie an dem Ganzen nicht entgangen. Als sie ihr Glas leerte, spürte sie einen ungewohnt bitteren Geschmack auf der Zunge. »Aber Mum ist tot.«
    Edward zuckte die Achseln, als wäre das unerheblich.
    Hätte Cari nicht gewusst, wie viel ihm ihre Mutter bedeutet hatte, wäre sie wütend geworden. Aber er war der beste Freund ihrer Mutter gewesen.
    »Ihr Werk ist im Kommen«, erklärte er. »Sie ist Teil eines neuen Trends, Cari.«
    »Welcher Trend?« Manchmal ärgerte sie sich schlichtweg über die Kunstwelt. Warum konnte eine posthume Ausstellung nicht genau das sein, was sie war? Eine Retrospektive, um das Werk ihrer Mutter zu ehren. Eine Möglichkeit, ihr eine Stimme zu verleihen, obwohl sie realiter keine mehr hatte.
    »Bilder vom Leben auf der Straße. Die dunkle Seite des Kapitalismus. Vernichtung unerwünschter Elemente. Es handelt sich um eine Richtung des ›Dirty Realism‹, weißt du.«
    Dirty Realism? Schmutziger Realismus? Cari fragte sich, aus welchem Buch oder Ausstellungskatalog er gerade zitiert hatte. »Huh.«
    »Was ist schiefgelaufen? Die Gesellschaft des Computerzeitalters ist bereits im Kern verfault. Du kennst doch solche Aussagen.«
    Allmählich begann Cari zu begreifen. Sie betrachtete das Bild, vor dem sie gerade stand. Es zeigte nur ein Paar ängstliche Augen. Sie hätten jedem x-beliebigen Menschen gehören können. Was in gewisser Weise auch zutraf. »Heißt das, sie war ihrer Zeit voraus?«
    Er nickte. »Ich wünschte, sie wäre jetzt hier und könnte es miterleben.« Tröstend legte Edward ihr die Hand auf die Schulter.
    Cari verzichtete auf den Hinweis, dass niemand die Fotos zu Gesicht bekommen hätte, wäre Tasmin noch am Leben. Zumindest nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Tasmin hätte sie unter Verschluss gehalten, bis dieser besondere Trend vorbei war, wie immer er auch heißen mochte.
    »Und das ist noch nicht alles.« Er senkte die Stimme. »Siehst du die Frau da drüben in dem roten Kostüm?«
    Cari nickte. Die junge Frau mit den grellrot geschminkten Lippen wirkte spröde und trug eine gelangweilte Miene zur Schau. »Noch eine

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