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Das Erbe des Atoms

Das Erbe des Atoms

Titel: Das Erbe des Atoms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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dem unsrigen wirst du entweder deinem Rang gewachsen sein oder von der Hand eines Meuchelmörders sterben, bevor du die Volljährigkeit erreichst.«
    Der Junge sagte kalt: »Alter Mann, fahren Sie mit Ihrer Geschichtslektion fort.«
    Nellian lächelte düster. »Dein Urururgroßvater Cosan Deglet war ein Bankier und Mitglied des Patronats. Er hatte in allen bedeutenden Städten Geschäftsniederlassungen ...«
     
    Die Geschichte der zu Herrscherwürden aufgestiegenen Sippe der Deglet-Linns hatte einen weiteren, gereifteren Studenten. Nach Cregs Ermordung lebte Prinz Tews sieben Jahre lang auf der Insel Awai im Großen Ozean.
    Er hatte einen kleinen Besitz auf der größten Insel der Gruppe, und seine Mutter hatte ihm geraten, sich lieber hierher als auf eins seiner luxuriöseren Landgüter auf dem Festland zurückzuziehen. Als der schlaue, vorsichtige Mann, der er war, begriff er den Wert des Ratschlags. Wenn er hoffen wollte, am Leben zu bleiben, mußte seine Rolle Sack und Asche sein.
    Nach seiner Abreise hatte es zuerst geheißen, daß er erkrankt sei. Dann, als die Zeit verging, zermarterte seine Mutter ihr Gehirn nach Erklärungen und brachte schließlich die Version in Umlauf, daß ihr Sohn des politischen Geschäfts überdrüssig geworden sei und sich einem Leben der Meditation zugewandt habe. Ihre seufzende, müde Art, seine Gefühle zu beschreiben – als ob auch sie nach Linderung und Ruhe von den Pflichten ihrer Position verlange –, war so plausibel und überzeugend, daß die Geschichte tatsächlich geglaubt wurde.
    Das eisige Schweigen des Oberherrn, wann immer Prinz Tews erwähnt wurde, sprach sich jedoch unter Politikern und Verwaltungsbeamten herum, und nun erinnerte man sich, daß Tews bei der Nachricht vom Tode des Generals Prinz Creg, dem Sohn des Oberherrn, hastig aus Linn abgereist war. Damals war seine Abreise kaum bemerkt worden, doch jetzt entsann man sich ihrer und zog die offensichtlichen Schlüsse daraus.
    Die Isolation beeinflußte Tews sehr stark. Er hatte viel Zeit, sich selbst und seine Umwelt zu beobachten, und das hatte einen Prozeß zunehmender Verinnerlichung zur Folge. Er bemerkte mit Verblüffung, daß die Insulaner im Ozean badeten und schwammen, ohne daß es ihnen zu schaden schien. In Wasser, das seit legendären Zeiten von den Atomgöttern vergiftet war. Konnte es möglich sein, daß das Wasser nicht länger tödlich war? Tews spekulierte über das Alter einer Zivilisation, die von so gewaltigem Unheil betroffen worden war, daß sie selbst und ihre Traditionen fast ganz in Vergessenheit geraten waren und nur noch in einer Anzahl von Artefakten und isolierten Fragmenten eines einstmals zweifellos enormen technischen Wissens überlebt hatte. Wie weit mochte jene Zeit zurückliegen? Er konnte nur vermuten, daß es Tausende von Jahren waren.
    Während der langen Monate der Einsamkeit und des Studiums wurde Tews allmählich zu einem Kritiker des Lebens, das er in der Hauptstadt geführt hatte. Er begann die Verrücktheit jenes Lebens zu sehen – und die endlose Schurkerei. Mit zunehmender Bestürzung und wachsendem Befremden las er die Briefe seiner Mutter, in denen sie ihm schrieb, was sie tat. Es war ein Fortsetzungsroman von unaufhörlichen Intrigen, Listen, Verschwörungen und Morden, geschrieben in einem einfachen Code, der wirkungsvoll war, weil er auf Wörtern beruhte, deren verschlüsselte Bedeutung nur seiner Mutter und ihm selbst bekannt war.
    Sein Befremden wurde zu Abscheu, und aus seinem Abscheu erwuchs ein erstes Verstehen der Größe der Deglet-Linn-Sippe im Vergleich zu ihren Konkurrenten um die Vormachtstellung im Reich. »Etwas mußte geschehen, um diesem Haufen von Ignoranten, Dieben und machthungrigen Halunken das Handwerk zu legen!« entschied Tews. »Mein Stiefvater, der Oberherr, griff energisch und konsequent durch, was zu der Zeit richtig war.«
    Aber Tews hatte die Einsicht, zu verstehen, daß es nicht länger die richtige Art und Weise war, Probleme zu lösen. Der Weg zu einem geeinten Universum wurde nicht durch eine Fortdauer absoluter Macht für einen Mann oder für eine Familie erreicht. Die alte Republik hatte niemals eine Chance gehabt, weil die rivalisierenden Machtgruppen ihr keine gelassen hatten. Aber nun, nach Jahrzehnten eines praktisch parteifreien Patriotismus unter dem Oberherrn, sollte es möglich sein, die Republik wiederherzustellen. Diesmal bestand Aussicht, daß sie funktionieren würde. Einzelne Mitglieder der Familie sollten sich

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