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Das Erbe des Blutes - Roman

Titel: Das Erbe des Blutes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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eingestuft wurde. Schwachsinnig war jemand, von dem man annahm, dass er früher einmal geistig gesund gewesen war. Ein Wahnsinniger neigte demnach dazu, den Verstand zu verlieren, hatte aber helle Momente. Darunter subsumierte man eine ganze Reihe von Menschen, frischgebackene Mütter beispielsweise. Früher hielt
man postnatale Depression für ein Anzeichen von Wahnsinn.«
    »Was Sie da sagen, Nigel, heißt das, dass dieser Kerl vielleicht geistig instabil war, aber nicht zwingend psychotisch oder schizophren?«, fragte Heather.
    »Nein, er könnte einfach nur etwas merkwürdig gewesen sein. Ein Exzentriker.«
    »Stellte man Wahnsinnige damals überhaupt vor Gericht?«, wollte Foster wissen.
    »Aber natürlich. Man musste schon ziemlich einen an der Waffel haben, um als zu schwer geisteskrank erklärt zu werden, als dass man vor Gericht gebracht werden konnte. Die Viktorianer glaubten bis auf wenige Ausnahmen daran, dass Verbrechen bestraft werden müssen.«
    »Finden Sie heraus, ob dieser Mann vor Gericht stand. Wenn ja, was passierte dann mit ihm? Ich muss auch noch rauskriegen, wo die Saunders Road liegt, falls es die überhaupt noch gibt …«
    Heather unterbrach ihn, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. »Ich hab im Internet unter Streetmap nachgeschaut. Es gibt eine Saunders Road in W10 oder W11.«
    »Scheiße«, sagte Foster.
    »Die Bibliothek vor Ort sollte das wissen«, meinte Nigel.
    »Im Zeitungsbericht stand, dass die Straße gerade gebaut wurde«, fügte Foster hinzu. »Dort hieß es auch, dass sie in Notting Dale liegt, neben den Bahngleisen. Demnach muss sie auf der Grenze zwischen Kensington/Chelsea und Hammersmith/Fulham verlaufen sein. Sie wissen doch, was da jetzt ist, oder? Der Westway, eine Autobahn. Wollen Sie mir damit sagen, dass er auf einer der belebtesten Straßen Londons eine Leiche aus dem Auto werfen wird?«

    »Unten drunter läuft eine Unterführung her«, schlug Heather vor.
    Eine dunkle Unterführung. Das wäre zu offensichtlich, dachte Foster. Nichts, was der Kerl machte, war offensichtlich.
    Er musste da draußen sein, die Ermittlungsarbeit voranbringen, anstatt in einem muffigen Raum zu sitzen und die Zeit mit dem Lesen und Durchblättern alter Zeitungen zu vergeuden.
    »Also, ich gehe mit Heather zur Bibliothek. Wir finden raus, wo genau sich diese Straße befand. Nigel, Sie bleiben hier und schauen nach, ob Eke Fairbairn vor Gericht stand.«

17
    Nigel mochte das Gefühl, Informationen mit niemandem teilen zu müssen. Foster und Heather hatten während der letzten Stunden kaum etwas von sich gegeben, aber mit seinen Seufzern blieb der Detective allgegenwärtig und lenkte ihn ab. Bei ihm klang eine unspektakuläre Handlung wie zum Beispiel das Umblättern einer Seite wie eine Symphonie. Jetzt war außer ihm niemand mehr im Raum und das einzige Geräusch das Summen der Neonröhre über seinem Kopf. Nigel glaubte, er könne die Uhr zurückdrehen und ein vollständiges Bild der Ereignisse, die auf die »Gräueltaten von Kensington« folgten, heraufbeschwören. Er hatte gebeten, ihm den Mikrofilm mit der News of the World zu bringen, um jede noch so kleine Einzelheit aufzusaugen, auf sich einwirken zu lassen und sich in den Fall vertiefen zu können.
    Bald schon bekam er ein klares Bild: Der Angeklagte war
einfach ein Riese, »eher über zwei Meter als darunter«. Nigel wusste, dass ihn dies zu einer Zeit, als die durchschnittliche Größe etwa einen Kopf kleiner als heutzutage war, zu einer Kuriosität machte. Der Mann war Wanderarbeiter, fuhr wie viele seines Standes auf der Suche nach Arbeit mit dem Zug, dem immer beliebter werdenden Transportmittel jener Zeit, landauf, landab. Die Presse hatte diese keineswegs ungewöhnliche Tatsache benutzt, um Unstetigkeit zu suggerieren, als ob es finstere Gründe für Fairbairns viele Reisen gegeben hätte. In einem Interview mit einem Liverpooler, der in der Stadt geboren war, in der Fairbairn nicht einmal ein Jahr lang im Hafen gearbeitet hatte, stand, seine Kollegen hätten ihn weggejagt.
    »Mit dem stimmte was nicht«, lautete das vernichtende Urteil.
    Nicht wenige der Nachbarn teilten diese Ansicht. Fairbairn war verschlossen, ging nicht unter Leute und kriegte kaum die Zähne auseinander. Jede Schrulle wurde breitgetreten, um den Anschein eines Einzelgängers, Irren und Verrückten zu erwecken. Als noch belastender erwies sich, dass er - wie allgemein bekannt - Stammkunde in den Pubs war, ein unbedeutendes Informationsdetail,

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