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Das Erbe des Greifen

Titel: Das Erbe des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
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den Stallungen der Burg. Zwischen der Rückwand des Stalls und der Burgmauer war kaum mehr als ein Schritt Platz. Allerlei Gerümpel stand hier herum, geborstene Fässer, ein alter gebrochener Rechen und sogar eine Hellebarde mit gesplittertem Schaft. An den Stall schloss sich das stabil gemauerte Zeughaus der Burg an, und zwischen Stall und Zeughaus öffnete sich eine weitere schmale Gasse, die zum Burghof führte. Dort, an der Ecke des Stalls, kauerte Garret an die Mauer gepresst und wartete auf seine Begleiter. Als die anderen näher kamen, hielt er eine Hand hoch.
    »Nun wird es ernst«, teilte er ihnen im Flüsterton mit und zog fünf Pfeile aus seinem Köcher. »Ich sehe einen Priester auf den Zinnen und vier Soldaten, die den Eingang zur Haupthalle bewachen.«
    »Spürst du Wut in dir?«, fragte Argor.
    »Nein«, antwortete Garret ironisch. »Überhaupt nicht! Wie kommst du darauf?«
    »Weil du den Priester angesehen hast«, erklärte Argor. Garret blickte ihn fragend an.
    »Ihre Magie vermag es, einen Zorn in einem auszulösen, der sich gegen jeden in der eigenen Umgebung richtet. Damit diese Magie wirken kann, muss man die Priester allerdings ansehen«, erläuterte Knorre leise.
    »Das erklärt, warum sich die Leute gegenseitig erschlagen«, stellte Garret fest, während er die Pfeile in seiner Hand überprüfte und einen davon gegen einen neuen aus seinem Köcher austauschte. »Ich kann nicht sagen, dass mir diese Priester dadurch sympathischer werden. Wirkt die Magie schon beim ersten flüchtigen Blick, oder braucht es länger?«
    Knorre kratzte sich am Hinterkopf. »Ich denke, es braucht einen Moment.«
    »Das beruhigt mich. Denn jetzt bin ich wütend. Es wäre ärgerlich, wenn ich es an den Falschen ausließe!«
    »Was hast du vor?«, fragte Knorre abschätzend.
    »Das ist doch offensichtlich«, gab Garret zurück. »Ein Priester, vier Wachen, fünf Pfeile.«
    »Ist er immer so bescheiden?«, erkundigte sich Sina leicht erheitert bei Argor.
    »Meistens«, antwortete der Zwerg. »Aber im Ernst, er schießt wirklich gut.«
    Plötzlich neigte Tarlon seinen Kopf.
    »Ich höre Kampflärm, Garret. Weißt du, woher er kommt?«
    »Vom Tor, denke ich«, erwiderte Garret, während er die Spitze eines der Pfeile genauer prüfte. »Der Priester steht auf den Zinnen des Torhauses. Ein gutes Ziel für meinen ersten Schuss.« Vorsichtig trat er einen Schritt hinter dem Stall hervor und sah sich suchend um. Als er eine kleine Rauchfahne erblickte, die fast senkrecht aus einem Kamin aufstieg, ging er wieder in Deckung. »Kaum Wind«, stellte er zufrieden fest. Tarlon drückte sich selbst an die Mauerecke und riskierte einen kurzen Blick.
    »Ich sehe die Wachen, aber nicht den Priester.«
    »Er steht genau über dem Tor … zwischen der dritten und vierten Zinne von links. Er hat seine Arme ausgebreitet, doch man sieht nur die linke Hand.«
    »Tatsächlich«, flüsterte Tarlon. »Jetzt sehe ich ihn auch. Aber wie, verdammt noch mal, willst du ihn treffen? Sein restlicher Körper ist verdeckt, du Mist …«
    Er trat zurück und schüttelte kräftig den Kopf.
    »Göttin, ist das niederträchtig! Als ich die Hand ansah, spürte ich plötzlich Wut auf Garret, weil der Schuss so schwierig ist … wie kann das sein?«
    »Es ist die Magie«, sagte Garret schulterzuckend und legte den Pfeil auf. »Wenn der Priester fällt, gelingt es den Stadtwachen vielleicht, das Tor der Burg zu stürmen.«
    Tarlon legte ihm ein Hand auf die Schultern. »Warte noch einen Moment.«
    »Warum? Je länger ich zögere, desto mehr Soldaten werden dort draußen sterben!«
    »Der Hof ist verdächtig leer. Vier Wachen und ein Priester, um die Burg zu verteidigen? Das wäre ganz schön leichtsinnig.«
    »Mehr sind aber nicht zu sehen.«
    »Die Truppe, die uns am Marktplatz überfiel, war zuerst auch nicht zu sehen …«
    Garret sah nach hinten zu den anderen.
    »Knorre, könnt Ihr jemanden sichtbar machen, der sich vor unseren Blicken verbirgt?«
    »Nein. Nicht direkt.«
    »Könnt Ihr uns unsichtbar machen?«
    »Ich bin ein Artender«, versetzte Knorre leicht gekränkt. »Kein Wald-und-Wiesen-Magier! Gib mir Silber und Platin, einen guten Diamanten, meine Werkstatt und ein halbes Jahr Zeit, dann fertige ich dir einen Ring, der dich unsichtbar macht! Aber unter diesen Umständen, ausgeschlossen.«
    »Ich komme darauf zurück, sobald ich den Diamanten habe«, entgegnete Garret grinsend und sah dann fragend zu Leonora. Doch die schüttelte bedauernd den

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