Das Erbe des Greifen
ab.
»Ich glaube, du änderst dich wohl nie.«
»Auf jeden Fall nicht, solange ich keinen Sinn darin erkennen kann«, antwortete Garret. »Ich finde meinen Vorschlug gut!«
Tarlon drehte sich hilfesuchend zur Bardin um. »Was meint Ihr, Sera? Der Wirt ist schließlich Euer Freund. Sollen wir daher hier einkehren oder uns lieber weiterhin abseits von den Schergen Beliors halten?«
Die Bardin sah nachdenklich zu dem großen Gasthof auf der anderen Straßenseite und überlegte eine Weile.
»Nein«, gab sie Tarlon dann Antwort. »Ser Garret hat Recht. In einem Gasthof erfährt man noch am ehesten, was sich in der Welt so alles ereignet hat.«
»Siehst du!«, rief Garret und wandte sich dann seinerseits an die Bardin, die gerade vom Pferd absaß. »Vielleicht könntet Ihr den Nachmittag etwas auflockern, indem Ihr ein paar muntere Weisen für den Zeugmeister aufspielt?«
»Das«, antwortete die Bardin kühl, »entspricht nicht meinem Wunsch. Wie Ser Tarlon schon sagte, haben wir einen wichtigen Auftrag zu erfüllen.«
»Und dabei darf man keinen Spaß haben?«, fragte Garret unschuldig.
Die Augen der Bardin verengten sich.
»Natürlich nicht!«, antwortete sie anscheinend empört, nahm ihr Pferd bei den Zügeln und führte es durch das Tor in den Innenhof des Gasthauses, während ihr Garret verblüfft nachsah und ihr dann mit den anderen folgte.
Der Hof des »Greifenschilds« war recht groß und bot mehr als genug Platz für die zwei großen Fuhrwerke, die mit zurückgeschlagenen Planen neben einem Ziehbrunnen standen. Vor ihnen war ein Tisch aufgestellt, hinter dem ein Mann mit einem stattlichem Bauch in leichter Kutte saß und sorgfältig in ein großes Buch schrieb, das vor ihm auf dem Tisch lag. Neben dem Schreibzeug stand eine schwere geöffnete eiserne Kassette, die noch gut bis zur Hälfte gefüllt war. Selbst auf die Entfernung hin konnte Garret das Gold in ihr funkeln sehen.
Vor dem Tisch, in einer Schlange, die bestimmt gute fünfzehn Schritt lang war, standen geduldig mehrere Bauern. Sie hatten ihre schweren Körbe zu ihren Füßen abgestellt und warteten, bis sie an die Reihe kamen. Neben dem Tisch befand sich eine große Waage, die von einem Soldaten bedient wurde und auf der oben ein Schild befestigt worden war, auf dem die jeweiligen Preise standen, die bezahlt wurden. So erhielt man für einen schweren Sack Kartoffeln, der einen Stein wog, ein Silber und drei Kupfer.
»Göttin!«, entfuhr es Garret. »Für das Geld bekommt man bei uns ja gut das Fünffache an Kartoffeln! Ist der Mann denn verrückt, den Bauern so viel dafür zu zahlen?«
»Er hat ein paar hundert hungrige Soldatenmäuler zu füttern«, erklärte die Bardin. »Demzufolge ist es ein guter Preis, er liegt etwas über dem, was die Bauern vom Händler für den Sack erhalten, aber trotzdem noch unter dem, was der Zeugmeister seinerseits wieder dem Händler dafür bezahlen müsste.«
»Ein gutes Geschäft für beide Seiten«, stellte Tarlon fest. »Nur dass der Händler dabei leer ausgeht.«
»In ein paar Monaten werden sich die Soldaten Beliors die Ernte sowieso einfach nehmen und das Gold dazu«, sagte die Bardin leise und drehte ihren Kopf zur Seite, als einer der Soldaten sie interessiert musterte. Sie ging schneller, zerrte ihr Pferd hinter sich her und murmelte dabei ein paar Worte, die nicht gerade sehr freundlich waren.
»Wie bitte?«, fragte Garret höflich.
»Ich habe ihm gewünscht, dass ihm etwas abfallen möge, auf das er großen Wert legt«, gab die Bardin nüchtern zurück. »Habt Ihr ein Problem damit?«
Der junge Bogenmacher sah sie überrascht an.
»Aber er hat doch gar nichts getan. Ihr gefallt ihm, das ist alles.«
»Er dient Belior«, antwortete die Bardin. »Das ist schon Grund genug, um ihm seine Eier abzuschneiden.« Mit diesen Worten wandte sie sich von ihm ab und zog ihr Pferd in den dunklen Stall, wo ihr ein verschlafen wirkender Stallbursche die Zügel abnahm. Die Bardin warf ihm zur Entlohnung ein Kupferstück zu und eilte dann, ohne auf die anderen zu warten, in Richtung des Gasthofes davon. Der Soldat sah ihr hinterher und sagte etwas zu seinem Kameraden, der darauf breit grinsend nickte und sich anzüglich an den Schritt griff.
Vanessa rümpfte die Nase und wandte sich an Garret.
»Ich würde auch nicht wollen, dass man mich so ansieht.«
»Aber er hat sie doch nur angelächelt?«
»Und die Geste eben hast du nicht gesehen?«, fragte sie empört.
»Das war der andere Soldat. Und der will
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