Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Erbe des Loewen

Titel: Das Erbe des Loewen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Barclay
Vom Netzwerk:
klingenden Mannes, es waren die entstellten Züge, die sich hasserfüllt verzerrten, und seine Hände, die nach ihr griffen.
    Lauf! Lauf! Sie eilte fort, fand sich jedoch in den Nebelschleiern gefangen. Und mit einem Mal war Kieran da, sprang mit einem wilden Schrei schützend vor sie. Sein Schwert blitzte im Halbdunkel auf, als es den Angreifer durchbohrte. Die Erscheinung verschwand.
    Kieran! rief sie, kein Ton indes entschlüpfte ihrer zugeschnürten Kehle. Doch er hörte sie und fuhr zu ihr herum. Die Brust nackt, den Kopf zurückgeworfen, die dunklen Haare offen. Stark. Urwüchsig. Doch war es nicht seine gewaltige Größe, die sie ängstigte. Es war das Verlangen in seinen Augen. Sie funkelten wie Edelsteine, deren Blick sie durchbohrte, wilde, räuberische Augen, die zu viel sahen und noch viel mehr begehrten. Sie stießen auf Widerhall tief in ihrem Innersten. Entzündeten ein loderndes Feuer, so dass sie Gefahr lief, davon verzehrt zu werden. Er begehrte sie.
    Und sie begehrte ihn. Er verbarg etwas unter dieser kalten, undurchdringlichen Maske. Schmerz. Endlosen Schmerz. Das Bedürfnis, ihm zu helfen, besiegte ihre Ängste. Sie reichte ihm die Hand. „Komm zu mir. Bei mir bist du sicher, ich verspreche es. “
    Mit großen Augen blickte er sie an. „Nein. Das kann niemals sein. Ich kann niemals mehr vertrauen.“ Er zog sich von ihr zurück und verschwand im Nebel.
    „Kieran!“ Laurel fuhr in ihrem Bett hoch, sie streckte die Arme aus, um ihn zu halten, doch sie griff ins Leere. Es war nur ein Traum, wieder eine törichte Vision. Enttäuscht und verdrossen ließ sie sich aufs Bett sinken. Wie sollte sie Kieran je wieder ins Angesicht blicken, ohne sich an die Leidenschaft zu erinnern, die kurz zwischen ihnen aufgeflammt war? Oder an seine barsche Zurückweisung? Was bedeutete dies alles?
    Sie bemühte sich, den Traum zu deuten. Dankbarkeit für ihre Rettung musste ihn genährt haben. Wäre Kieran nicht gewesen, wäre sie nun tot. Oder schlimmer ... irgendwo in den Hügeln wäre sie ein hilfloses Wild für das ... das Ungeheuer mit dem entsetzlichen Gesicht und dem irren Blick. Heilige Maria, diese Augen ...
    Nein, ich will nicht daran denken! Laurel zog das Laken fester um ihren Körper und schob die abscheulichen Gedanken von sich. Sie war in Sicherheit. Daheim in Edin Tower. Kierans Männer bewachten den Pass, und bevor ihre Tante sie wegbrachte, hatte sie seinen Befehl gehört, die Wache an den Mauern von Edin zu verdoppeln. Trotzdem wollten ihre Gedanken von dem Zusammenstoß in den Wäldern nicht lassen. Irgendetwas quälte sie.
    Laurel hörte auf, dagegen anzukämpfen. Stattdessen begann sie, sich mit den Einzelheiten zu beschäftigen. Zwei Dinge wurden ihr dabei bewusst: Der weniger auffällige Bandit war Engländer, und er hatte erwähnt, nach einem Heer senden zu wollen.
    Ein Heer! Oh, warum war ihr das nicht zuvor eingefallen? Sie musste es Großvater und Ellis berichten. Sie warf das Laken von sich, griff nach ihrer wollenen Robe, die am Bettende lag, und zog sie über ihr Nachtgewand. Auf halbem Weg zur Tür kam ihr ins Bewusstsein, dass es mitten in der Nacht war und niemand wach sein könnte, abgesehen von den Wachen auf der Mauer.
    Als Edins Befehlshaber bewohnte Ellis eine kleine Kammer im alten Flügel des Gebäudes. Laurel eilte dorthin, fand den Raum jedoch leer. Der Brustpanzer und das Schwert waren nicht an ihrem Platz. Folglich musste Ellis am Pass sein. Zweifellos auf Kierans Befehl. Sie wollte wieder ins Bett zurückkehren, doch trotz der späten Stunde und all der Gedanken, die sie bekümmerten, fürchtete sie, nicht schlafen zu können.
    Noch schlimmer war die Angst, wieder zu träumen. Vielleicht sollte sie nach Freda und ihren Jungen schauen. Das hatte ihr immer Beruhigung verschafft.
    Der Innenhof lag verlassen da, doch war er hell erleuchtet wie am Tag. Gewöhnlich brannten ein oder zwei Fackeln, um jedermann, der nachts noch draußen war, einen sicheren Schritt zu gewähren. Nun brannten aber ein Dutzend oder mehr, um alle Seiten zu erhellen. Auch das hat Kieran veranlasst, dachte Laurel und sprach ihm hohes Lob für seine Vorsicht aus. Leise schloss sie das Tor und schritt hinab zur Außentreppe. Sie war aus Stein gebaut und mit Holz überdacht. So bemerkte sie erst, als sie unten angekommen war, dass es regnete.
    „Wer ist da?“ rief eine raue Stimme.
    Laurel zuckte zusammen und wandte sich um. Es war Geordie, der mit gezogenem Schwert hinter ihr stand. „Was machst du

Weitere Kostenlose Bücher