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Das Erbe des Vaters

Das Erbe des Vaters

Titel: Das Erbe des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Kind?«
    Er fiel aufs Sofa zurück und schlug die Hände vors Gesicht, das voller Blutergüsse war.
    »O Gott, Romy. Was soll ich nur tun?«
    Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Jem brauchte sie. Er brauchte sie so dringend wie nie zuvor. Sie durfte ihn nicht im Stich lassen. Aber wenn sie ihm Geld gab, wenn sie ihm zur Flucht verhalf, dann würde Martha ihren Sohn vielleicht nie wiedersehen, und sein Kind würde keinen Vater haben. Jem würde niemals den neuen Anfang machen, auf den Romy immer gewartet hatte. Er würde zu einem Leben in Angst verdammt sein, ohne Zuhause und ohne Namen.
    Sie holte tief Atem. »Zuerst müssen wir feststellen, was mit Ray Babbs los ist. Vielleicht es gar nicht so schlimm, Jem. Vielleicht ist er gar nicht so schwer verletzt, wie du glaubst.« Sie versuchte ein beruhigendes Lächeln. »Dann«, fuhr sie fort, »müssen wir zur Polizei gehen und die Wahrheit erzählen.«
    »Zur Polizei?« Er schüttelte heftig den Kopf. »Das kann ich nicht. Ich kann einfach nicht.«
    »Du mußt, Jem. Du mußt an Liz denken und an das Kind. Wie willst du für sie dasein, wenn du auf der Flucht bist?«
    Er wurde still. Den Kopf in die Hände gestützt, saß er da, ohne etwas zu sagen. Dann stieß er einen tiefen Seufzer aus. »Wenn du meinst, daß es so am besten ist, Romy. Aber ich habe Angst …«
    »Ich weiß«, sagte sie und dachte: Ich habe auch Angst, Jem. Ich auch.
    Am Samstag morgen stand Caleb früh auf und ging leise in die Küche, um sich das Frühstück zu machen. Während er auf den Toast wartete, schaute er aus dem Fenster und sah Romy. Im ersten Moment war er nur verblüfft und spürte diesen merkwürdigen kleinen Stich, den es ihm jedesmal versetzte, wenn er sie sah oder an sie dachte. Aber als er dann genauer hinblickte, bekam er einen Schrecken. Sie bewegte sich so sonderbar, taumelnd, stolpernd, als wäre sie krank oder hätte die Orientierung verloren.
    Er riß die Haustür auf. Als er sie rief, schaute sie auf.
    »Caleb«, sagte sie und blieb mitten auf der Straße stehen. »Ich wußte nicht, zu wem ich sonst gehen sollte.«
    »Was ist passiert?« fragte er scharf, während ihm alle möglichen Hiobsbotschaften einfielen. Sie war schwer krank … sie hatte die Arbeit verloren … Fitzgerald hatte ihr etwas angetan …
    »Es geht um Jem«, sagte sie. Ihr Gesicht war blutleer. »Es ist etwas Schreckliches geschehen.«
    Jem. Ihr jüngerer Bruder. Caleb war Jem Cole nur einmal kurz begegnet. Ein charmanter Junge, aber ein hoffnungsloser Verlierer, hatte er gedacht, diese Meinung jedoch für sich behalten.
    »Komm rein.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich würde lieber ein Stück laufen.«
    Sie sah aus, als wäre sie schon die ganze Nacht auf den Beinen gewesen. Er nahm seine Jacke vom Garderobenständer im Flur und zog die Haustür hinter sich zu. Im morgendlichen Dunst, der über den gepflegten Gärten der herrschaftlichen Häuser an der Straße hing, gingen sie in Richtung Hampstead Heath. Ein Milchwagen kam, vom Klirren der Flaschen und dem Getrappel der Pferdehufe begleitet, den Hügel herauf.
    Sie berichtete ihm von Jems Streit mit Ray Babbs. »Jem dachte, er hätte ihn getötet, aber der Mann lebt noch. Er ist bewußtlos und hat eine schwere Gehirnerschütterung. Wir waren im Krankenhaus, um herauszubekommen, was mit ihm los ist.« Ihre Stimme war leise und tonlos, Caleb mußte sich anstrengen, um sie zu hören.
    »Im Krankenhaus war die Polizei. Jem wurde sofort festgenommen. Ich habe versucht, ihnen zu erklären, was geschehen war, daß es ein Unfall war, aber sie haben überhaupt nicht auf mich gehört. Sie haben ihn einfach weggebracht. Ich war die ganze Nacht auf den Beinen, bei der Polizei und im Krankenhaus. Kein Mensch gibt mir eine Auskunft.«
    Im tiefen Schatten einer Reihe Platanen blieb sie stehen, das Gesicht von Angst und Sorge gezeichnet. »Es kann sein, daß er stirbt, Caleb. Ray Babbs – sie haben gesagt, es ist möglich, daß er stirbt.«
    Er nahm sie in den Arm. Nach einer Weile begann sie von neuem zu sprechen. Schnell und mit zitternder Stimme. »Bei der Polizei haben sie gesagt, daß Jem wegen Mordes angeklagt wird, wenn Babbs stirbt. Sie könnten ihn hängen, Caleb!«
    Ihre Stimme ging in Tränen unter. Schluchzen schüttelte ihren Körper. Sie weinte wie ein Kind, geräuschvoll und immer wieder nach Luft schnappend. Seine Jacke unter ihrem Gesicht war naß.
    Dann trat sie von ihm weg, schneuzte sich und versuchte, sich zusammenzunehmen.
    »Wann hast du

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