Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
Garaun ihm überhaupt nicht zugehört hatte und in seinen eigenen Gedanken weit abgeschweift war. Garaun überlegte oft, ob dieser wirklich die richtige Wahl für seinen Nachfolger darstellte, aber einen anderen gab es vorerst nun einmal nicht. Alle anderen waren zu alt oder noch zu jung, um sie einsetzen zu können. Mefladun hatte das Amt eines Priesters bekleidet, ehe ihn der Hohepriester zu seinem Privatsekretär gemacht hatte, so erweckte diese Wahl auch keinen Argwohn bei Meigol. Dieser wusste nicht, dass Garaun selbst den Mann gefördert hatte. Garaun war 270 Jahre alt und er würde dank der Kraft Nerols noch weitere hundert Jahre seinen Platz als Hohepriester des Ordens innehaben, wenn er nicht einem Komplott zum Opfer fiel. Deshalb hatte er seine Nachfolge auch noch nicht geregelt, wie es sich nun als Glücksfall herausstellte.
In der Neuen Welt waren sie nämlich nicht alleine angekommen . Drei Volksstämme gab es noch, die nicht zu den Nerolianern gehörten und die irgendwo im Westen der Welt ihr Heil gesucht hatten. Wo genau, wusste er nicht zu sagen. Sie schieden schon in den ersten Tagen nach ihrer Ankunft und waren die erbittertsten Feinde des Ordens gewesen, als sie noch auf Ulkaldor wohnten. Viele Kriege hatten sie dort gegeneinander geführt. Der Orden hatte bald ein Volk nach dem anderen unterworfen. Schließlich waren nur noch drei davon übrig gewesen, als Ulkaldor unterging. Diese drei Völker waren auch die stärksten gewesen. Wäre Ulkaldor nicht den Naturgewalten zum Opfer gefallen, dann hätten die Feinde des Ordens vielleicht gar obsiegt. So stand es jedenfalls in den Geschichtsbüchern, die Garaun sorgfältig studiert hatte, und diese Völker hatten auch etwas in ihrem Besitz, das er unbedingt wiederhaben wollte. Er wusste zwar nicht, was es war, doch musste es ein Gegenstand von hoher Macht sein. Alle Hohepriester auf Ulkaldor hatten deswegen einen Krieg gegen die zwölf Stämme geführt, die langsam zu eigenständigen Völkern geworden waren, ehe sie eines nach dem anderen vom Orden besiegt wurden. Doch das Ding, das er begehrte, hatte das Volk von Niblas dem Alten in seinem Besitz. Es wurde wie der Mann genannt, dessen Alter bei seinem Tode, 400 Jahre vor dem Untergang Ulkaldors, so hoch war, dass er sich noch an Nerol selbst erinnern konnte. Vielleicht war dies auch nur eine Legende, die den Völkern Ulkaldors in ihrem aussichtslosen Kampf gegen die Nerolianer Mut machen sollte. Garaun glaubte jedoch daran, denn viele seiner Vorgänger in der Alten Welt strebten nach diesem Ding. Vielleicht war es in Verbindung mit dem Heiligtum des Ordens gar in der Lage, die dunklen Sithar Uluzefars in ihre Schranken zu weisen. Garaun war kein Schwachkopf, er wusste auch, dass ihm die drei Völker niemals kampflos dieses Ding überlassen würden. Doch mussten diese einsehen, dass es für sie auch das Ende bedeutete, wenn Sharandir über seine Feinde im Süden die Oberhand gewann. Niemals würde er dann noch freie Völker in der Neuen Welt dulden können. Dazu war er viel zu eitel. Lieber würde er jeden töten, über den er nicht zu herrschen vermochte. Und den Sithar würden auch die Völker Burgundirs, des Niblas und der Thoringer nichts entgegenzusetzen haben. Nur vereint mochten sie Sharandir vielleicht bezwingen können. Das stand zwar auch in den Sternen, doch er wollte nichts unversucht lassen, um den Orden wieder zum rechtmäßigen Herrn der Welt zu machen. Dies war seine Bestimmung und die höchste Pflicht eines jeden Hohepriesters, die es auch für ihn zu erfüllen galt.
Deshalb sandte er nun Mefladun aus, auf dass der die verschollenen Völker finden sollte. Er erzählte ihm auch alles über seine Herkunft und darüber, dass er von ihm als sein Nachfolger vorgesehen sei. Es dauerte lange, bis Mefladun vollständig begriffen hatte, was der Hohepriester von ihm wollte. Garaun übergab ihm eine Botschaft an die Herren der verschollenen Völker, die dieser jenen vorlesen sollte.
Als Mefladun die Räume Garauns und den Tempel des Ordens verlassen hatte, wurde ihm erst richtig bewusst, welch schwere Bürde er zu tragen hatte. Er wusste nicht einmal, wo er denn suchen sollte. Weit im Westen, hatte Garaun gesagt. Doch Mefladun hatte noch nie zuvor in seinem Leben auch nur die westlichsten Lande der Nerolianer besucht, geschweige denn überhaupt daran gedacht, diese zu verlassen. Und nun hatte er einen Auftrag erhalten, der ihn weit in unbekanntes Land führen sollte. Er hatte zwar, wie jeder
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