Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
Fengols und Maladans, Xenon und Vanadir , sehr gute Freunde gewesen waren, wusste er noch zu berichten, aber auf welchen Grund diese Freundschaft zurückzuführen war, entzog sich seiner Kenntnis. Aber er konnte auch nicht mehr sagen, warum er dies nicht wusste. Er hatte sein Wissen aus dem Zusammenhang gerissen erhalten und jenen, mit denen er darüber einst sprach, war es ebenso ergangen.
Doch die Erbfolge Maladans kannte er und so erfuhr Tankrond, dass Valralkas Vater Vanaron von Curandor und Ira abstammte. Curandor war wiederum der zweite Sohn des Vanadir und der Vanuriel. Auch dass der älteste Sohn Vanadirs eine Frau aus dem Geschlechte der Fürsten von Fengol geehelicht hatte, wurde ihnen von Neithar erklärt. Diese Stelle war für Tankrond das Interessanteste an der ganzen Geschichte über das Haus der Vanäer. Doch auch sie verlief traurig. Denn als Neithar erzählt hatte, dass Tervaldors Frau Martha starb und er dann auf die Krone Maladans verzichtete, hatte Tankrond unbewusst – oder auch bewusst, wie er sich nun wahrheitsgemäß erinnerte – eine Verbindung zu sich und Ralka hergestellt. Doch war er kein Anyanar, der lange hoffen durfte. In diesem Moment war er sich zum ersten Mal der Sterblichkeit seines Geschlechtes richtig bewusst geworden und hatte sie als ungerecht empfunden, wie er es auch jetzt noch tat. Denn dieser Tervaldor lebte, wie Neithar beteuerte, noch heute in den Landen Maladans. Er war angeblich ein großer und geachteter Mann geworden. Doch die Frau aus den Thainlanden war schon vor langer Zeit gestorben.
Auch Valralka, die zu dem Geschlecht der Anyanar gezählt wurde, würde lange nach Tankronds Tod noch in der Welt sein und vielleicht mit einem anderen Manne bis in alle Ewigkeit zusammenleben. Dies konnte er ihr nicht geben. Mit einem Male kam er sich unendlich klein und verlassen vor. Das Schicksal der Menschen ließ diese doch weit im Schatten jener stehen, die ewig lebten. Würde deren Licht nicht immer das der Menschen verblassen lassen? Als Tankrond damals Neithar gefragt hatte, ob die Menschen den Anyanar überhaupt würdig genug wären, um mit ihnen zu verkehren, war der alte Mann sehr traurig geworden. Er war damit an die Grenzen seines Wissens gebracht worden. Und jene, die an diese Grenzen stoßen, erfüllt immer eine große Leere um ihre eigene Person. Tankrond wäre froh gewesen, er hätte die Frage niemals gestellt. Nur Fenja wusste, warum Tankrond bei diesem Thema überhaupt zu solchen hochgeistigen Fragen fand. Aber sie sah auch, dass Neithar sich schwertat, sie zu beantworten. Zum ersten Mal, seit er sie unterrichtete, hatte er keine schlüssige Antwort auf eine Frage gefunden. Tankrond schien dies jedoch seine eigenen Gedanken zu bestätigen, denn er hatte nicht weiter nachgehakt. Fenja glaubte, dass in jener Stunde ihr eigener Geist um das Sein der Dinge entfacht worden war, und führte seitdem mit Tankrond andauernd Streitgespräche über den Sinn des Lebens der Völker in der Welt.
Tankrond sah nun, dass das erste Schiff schon binnen einer Stunde in den Hafen von Schwarzenberg einlaufen würde. Er würde hierbleiben, um zu erfahren, was die Schiffe wollten. Es kam häufig vor, dass ein Handelsschiff aus Maladan in Schwarzenberg einlief, meistens waren es gar zwei bis drei in jeder Woche. Doch vier Schiffe auf einmal? Das musste etwas zu bedeuten haben. Selbst Ingold, der alte Kastellan, war mit Männern aus der Burg am Hafen und schien auf die Ankunft der Schiffe zu warten.
Tankrond dachte wieder an Fenja, denn sie hatte ihn bis heute nicht danach gefragt, wie das Treffen mit Valralka vor nunmehr einem Jahr verlaufen war. Sicher, sie wusste, dass er die Königin Maladans nie mehr wiedersehen würde, aber dass sie es schaffte, um seinen Schmerz zu lindern, nie wieder das Thema anzuschneiden, kam ihm doch sonderbar vor. Er liebte jedoch die Unterhaltungen mit ihr noch mehr als früher. Fenja war die Einzige, mit der er sich über Dinge unterhalten konnte, zu denen niemand anderes, den er kannte, Zugang hatte. Die anderen Kinder, seine Cousins eingeschlossen, verließen sie immer schnell, wenn sie sich über die Dinge der Welt unterhielten.
Während er zu den eintreffenden Schiffen sah, gingen seine Gedanken den unabänderlichen Weg zu Valralka. Er fasste mit dem rechten Daumen hinter die Gürtelschnalle, die sie ihm damals zum Geschenk gemacht hatte. Als sein Zeige- und der Mittelfinger auf der Vorderseite der Schnalle zur Ruhe kamen, sah er sie vor sich.
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