Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
musste sich selbst darüber wundern, welche Zuneigung er der Anyanar und ihren Truppen nach nur sechs Wochen entgegenbrachte. Turgos schien es, dass die Dinge besser von der Hand liefen, seit Whenda da war. Auch in den Schmieden der Burg war die Stimmung prächtig, seit die Anyanar den ansässigen Schmieden neue Kunststücke in der Metallbearbeitung beibrachten.
Einige der Anyanar waren gar mit seinen Leuten in die Wälder von Schwarzenberg gezogen, um dort geeigneteres Holz für Speere und Bögen zu suchen. Sie meinten, die Speere der Soldaten von Schwarzenberg seien zu schwer und unhandlich. Doch die Waffenbauer waren von der freundlichen Art der Anyanar und ihrem einnehmenden Wesen so beeindruckt, dass sie sich gerne die Ratschläge ihrer neuen Bekannten anhörten. Jene ließen auf ihre Worte gleich Taten folgen. Das machte das Ganze für alle Beteiligten interessant.
Whenda hatte Turgos jedoch nicht einen einzigen Augenblick darüber im Unklaren gelassen, was sie in Schwarzenberg beabsichtigte. Der Baron fand dies lobenswert, doch machte es ihm auch Angst. Whenda war hier in seinem Land, um ihn zu einem Krieg zu bewegen. Doch Kriege konnten auch verloren werden. Er als Baron hatte in erster Linie an das Wohl seiner Bürger zu denken. Er verspürte weder die Absicht noch den Drang, über fremde Völker zu herrschen. Die Kanzlerin Maladans hatte ihm vor ihrer Abreise noch gesagt, dass sie ihm eine Abgesandte schicken würde, die alle seine Fragen zu Ililith und den alten Tagen beantworten würde, die sich ihm damals stellten. Doch nie hätte er gedacht, dass Nerija ihm gleich eine Armee schicken würde.
Als er von Whenda dann erfuhr, dass sie einmal die Kanzlerin des Reiches von Fengol gewesen war, da wurde sein Staunen durch Unglauben ersetzt. Die Anyanar behauptete allen Ernstes, einst unter dem legendären Fürsten von Fengol gedient zu haben. Dieser war doch nur eine Märchengestalt. Doch nun, nachdem sie einige Wochen hier war und er sie besser kannte, glaubte er erkennen zu können, dass sie ihn nicht belog. Anfangs dachte er nur, dass sie ihn in einen Krieg in ferne Lande locken wollte. Doch mittlerweile musste er zugeben, dass er ihren Worten Glauben schenkte. Allerdings sah er nicht die Bedrohung für seine Baronie, von der Whenda immer sprach. Er konnte noch nicht für sich einschätzen, ob die Frauen aus Maladan übertrieben oder tatsächlich die ganze Welt vor einem Abgrund zu stehen schien. Denn das versuchte sie, ihn glauben zu machen.
Ob Wahrheit oder nicht – er hatte sich dazu entschlossen, seine Truppen zu verstärken. Die Steuereinnahmen sprudelten und viele junge Männer Schwarzenbergs mussten ihr Brot verdienen, wenn sie zu heiraten gedachten. Sein Volk war in den letzten zwanzig Jahren stark angewachsen, doch nicht für alle gab es Arbeit. So blieben sie auf den elterlichen Höfen im Norden der Baronie. Doch insgesamt ging es dem Volke sehr gut unter seiner Herrschaft und fast niemand musste Hunger leiden. In der Armenküche der Stadt waren nur noch die wenigen vorstellig, die zu krank waren, um einer Arbeit nachzugehen oder die von Gebrechen geplagt wurden. Im letzten Winter hatte das Armenhaus, welches sich in der Nähe des Hafens befand, auch nur einen finanziellen Bedarf von nicht einmal 200 Silberstücken gehabt, obwohl es ein kalter, langer Winter gewesen war. Dies alles waren jedoch auch Gründe, warum er kein militärisches Abenteuer wagen wollte. Diesen Gedanken hing er nach, während er auf Whendas Kommen wartete. Er freute sich schon darauf, dass sie ihm wieder Geschichten aus längst vergangenen Tagen erzählen würde.
Inzwischen liebte er die Helden und ihre Taten, von denen Whenda ihm dann berichtete. Mittlerweile war er sogar fast so weit zu glauben, dass es den Fürsten von Fengol einst wirklich gegeben haben könnte. Doch er wollte Whenda noch auf eine Probe stellen. Wenn alles stimmte, was sie ihm erzählte, dann ließ sich dies sehr einfach beweisen. Bald würde er diesen Beweis von ihr fordern. Doch mehr ging es ihm darum, mit der Anyanar alleine zu sein, und es gab keine bessere Gelegenheit dazu, als wenn er mit ihr eine Reise unternahm. Schon der Gedanke daran war ihm ein Labsal. Er wusste jedoch auch, dass Whenda, sollte sie nicht auf seinen Vorschlag eingehen, log. Allein der Gedanke, diese Frau der Lüge zu überführen, stimmte ihn immer wieder traurig. Deshalb hatte er ihr seinen Plan zur Bestätigung ihrer Worte noch nicht unterbreitet, obwohl er ihn schon vor
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