Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
Anhänger des Fürstenhauses von Fengol dort in der Festung und im Umland leben. Aber welche Gesinnung diese wirklich hatten, war ihr verborgen. Sie wusste auch nur aus den Berichten Nerijas von den Menschen in der Festung. Doch sicher verfolgten sie ihre eigenen Ziele. Seit vielen Hundert Jahren lagen sie im Krieg mit dem Thain von Fengol. Da sie auch Übergriffe nach Elborgan hinein wagten, lag auch die Thaina dieses Landes, Zeugis, mit ihnen im Kriege. Nun rächte es sich, dass die Anyanar keine Spione in den Thainlanden hatten. Dies sei ihrer nicht würdig, wie Nerija sagte. Es wäre ein Leichtes gewesen, Menschen aus Antarien oder Herongan nach den Thainaten zu schicken, damit diese dort alles auskundschafteten, was für Maladan wichtig war. Doch dies war versäumt worden, weshalb man wenig über die Vorgänge am Falkenstein wusste.
Whenda war gar der Überzeugung, dass er schon lange ausgeplündert worden war. Viele Dinge von großem Wert waren einst dort gewesen. Sie selbst erinnerte sich noch gut jener Nacht, als sie sich nach dem Tode Denuras, der Mutter der Fürstin Ilwenja, wie eine Diebin davonstehlen musste. Hätte sie dies nicht getan, wäre sie auch gemeuchelt worden. Damals wirkte eine dunkle Kraft in Fengol, die ihr Werk leider schon vollendet hatte, bevor Whenda sich der Bedrohung richtig bewusst wurde. Danach war sie nach Warenstein in Kelnorien geflohen , denn in der Hauptstadt des Waldlandes, in Eichen, wütete wie am Falkenstein schon der aufgehetzte Mob. Schnell hatte es sich herumgesprochen, dass die Fürstin von Fengol eine große Schlacht in den Landen der Suulat-Velul verloren hatte. Es ging auch das Gerücht um, dass alle Soldaten Fengols von den Nird zerhackt worden seien. Das war der Nährboden für die Aufstände in allen Baronien Fengols gewesen. Ausnahmslos jedes der alten Herrscherhäuser, die als Barone im Dienste des Fürstenhauses standen, wurde hinweggefegt. So schnell die Kunde der verlorenen Schlacht durch die Lande Fengols gezogen war, so schnell hatten auch die Aufstände begonnen. Erst im Nachhinein erkannte Whenda, dass alles von langer Hand geplant worden war. Die Männer, die damals den Palast am Falkenstein stürmten, hatte sie nicht einmal gekannt. Nur ihr Anführer war Hauptmann eines Wachbataillons gewesen, glaubte sie sich zu erinnern. Aber sicher war sie sich dessen nicht.
Oft hatte sie in den Jahren nach der Flucht aus Fengol versucht, die Verschwörung in Gedanken zu durchleuchten. Doch nie hatte sie hinter das Geschehen zu blicken vermocht. Dass eine treibende und alles koordinierende Macht hinter allem stand, konnte sie sich jedoch auch nie beweisen. Sollte es tatsächlich eine Verschwörung gegeben haben, dann waren ihre Urheber sehr geschickt vorgegangen. Jene, die damals die Barone und die Fürstinmutter getötet hatten, waren bald selbst getötet worden. Und die Bürgerkriege hatten sich immer mehr ausgeweitet. Doch zu jener Zeit war Whenda schon lange nicht mehr im Reich von Fengol, das es nun nicht mehr gab. Bei einer guten Gelegenheit würde sie Turgos dies alles im Detail berichten.
Sie schaute ihn an und bemerkte, dass sie ganz in ihren Gedanken versunken gewesen war. Turgos sah sie etwas spöttisch an. Sicher dachte er, dass sie nun eine so komplizierte Ausrede erdacht hatte, dass niemand sie verstehen würde, sie selbst am wenigsten. Doch da lag er falsch. Es gab keinen anderen Weg. Sie würde mit ihm zum Falkenstein reisen, entgegen aller Order und Absprachen, die sie mit Nerija in Tharvanäa getroffen hatte. Hier in den Thainlanden fühlte sie sich wieder als Kanzlerin des Fürsten von Fengol, und dessen Interessen gingen vor. Sie wunderte sich selbst, wie entschlossen sie mit einem Male war.
» Mein lieber Turgos«, sagte sie mit einem linkischen Lächeln, »dann werden wir also eine Reise unternehmen.«
Der Baron von Schwarzenberg brauchte einen Moment, um das Gesagte zu verdauen. Er war auf alles gefasst gewesen. Doch diese kurze, klare Ansage brachte ihn in Bedrängnis. Whenda wartete jedoch nicht, bis er ihr antwortete, sondern stellte sogleich eine Forderung. Es war jene, die er am wenigsten hören wollte. »Wenn wir wieder vom Falkenstein zurück sind, vorausgesetzt wir überleben diese Reise, dann erwarte ich, dass du alles in deiner Macht stehende unternimmst, Fengol wieder zu vereinen. Versprich mir das.«
Was sollte er nun tun? Er hatte sich zu weit vorgewagt und sich selbst in diese Situation gebracht. Bisher hatte er immer noch
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