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Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)

Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)

Titel: Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert J. Jesse
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Wärme der Sommertage nun durch den kalten Winter abgelöst worden war, so verlor auch ihr Stern mit der Zeit immer mehr von seiner Leuchtkraft. Valralka hoffte inständig, dass er noch lange leuchten möge, denn er war das Einzige in der Welt, das ihr noch Kraft und frischen Mut bescherte, wenn sie seiner ansichtig wurde. Bei seinem Anblick fand sie Halt in einer Welt, die sich gegen sie und ihr Volk verschworen zu haben schien. Weit im Norden im Haig standen die Dinge noch schlechter als in den Tagen ihrer Krönung. Ihren Plan, eine neue Armee aufzustellen, hatte sie aufgeben müssen, weil die bestehenden Festungsanlagen unbedingt weiter verstärkt werden mussten. Kein Tag verging seither, an dem nicht mindestens fünfzig, wenn nicht gar einhundert Angehörige ihres Volkes dort den Tod fanden. Und auch die Frauen, welche sie als Soldaten gegen den Feind zu schicken gedachte, würden letztendlich nur noch die Lücken schließen müssen, die der Tod der vielen Männer gerissen hatte. Wenn dies so weiterging, würden die Lande der Anyanar bald entvölkert sein und brach liegen. Sie fand keine Lösung für dieses Problem. Was konnte sie nur tun, wie diente sie ihrem Volk in diesen Jahren am besten? Es konnte keine Lösung sein, den Krieg immer weiter bis zum Letzten ihres Volkes zu führen. Wo waren alle die lachenden Kindergesichter hin, die noch vor einigen Jahren immer in Tharvanäa zu erblicken waren? Alle Freude schien auch aus der Hauptstadt gewichen zu sein. Jede Familie beklagte mittlerweile einige Gefallene. In früheren Jahren mochten tausend Soldaten oder gar weniger in einem Jahr getötet worden sein. Doch nun waren es in einem einzigen Monat mehr. Auch einige der Soldaten, die als Palastwachen gedient hatten, waren im Haig gefallen. Sie hatten sich freiwillig für den Dienst dort gemeldet und Valralka hatte ihre Namen in den Verlustlisten gefunden, die sie regelmäßig las. Eilirond und Nerija wollten dies nicht und sprachen oft dagegen, dass Valralka sich diese Listen an jedem fünften Tag der Woche vorlegen ließ. Doch sie empfand es als ihre Pflicht, die Namen derer zu kennen, die ihr Leben für Maladan gegeben hatten.
    Während sie nun auf das Geschenk Tankronds hinunterblickte, fragte sie sich, wie fast jede Nacht, wie es ihm wohl ergangen war, seit sie so überstürzt aus Schwarzenberg aufbrechen musste. Er fehlte ihr sehr. Langsam konnte sie sich auch eingestehen, dass sie mehr für ihn empfunden hatte, als es die Freundschaft zwischen Heranwachsenden gebot. Aber vielleicht waren dies auch nur Sehnsüchte, die sie von ihrer Einsamkeit ablenkten.
    Als Königin hatte sie in allen Dingen das letzte Wort. Da ihre obersten Berater Nerija und Eilirond immer im Streit miteinander zu liegen schienen, war es immer allein an ihr, die Entscheidungen zu treffen. Die Kanzlerin und der Großmeister hatten eine gänzlich andere Art, die Dinge anzupacken. Und so stritten sie wie Kinder zuweilen auch über Kleinigkeiten, die ihnen, wenn Valralka sie ermahnte, gar peinlich waren. So blieb ihr dann auch nichts anderes übrig, als Othmar zurate zu ziehen. Othmar war zwar eigentlich sehr nett und immer allem aufgeschlossen. Doch gesprächig war er nicht. Nur selten begann er von sich aus ein Gespräch und dann auch nur über Dinge, die das Königreich betrafen.
    Valralka sehnte sich nichts mehr herbei als die Anwesenheit und Wärme ihrer Mutter. Auch der Witz ihres Vaters fehlte ihr sehr. Doch sie hatten nicht einmal eine Grablege bekommen, da ihre Leichen nie gefunden worden waren. Was damit geschehen war, wurde jedoch unter vorgehaltener Hand unter den Anyanar erzählt. Und so erfuhr auch Valralka davon, dass die Nird sie mit sich genommen hatten. Einen sicheren Beweis dafür gab es zwar nicht, doch dieser Schluss war naheliegend. Der Umstand, dass die Nird die Leichen ihrer Eltern schänden konnten, war ihr jedoch nicht wichtig. Ihre Mutter hatte ihr immer erzählt, dass in der Stunde des Todes, wenn das Licht die Körper der Anyanar verlässt und diese nur noch als leere Hüllen zurückbleiben, Ihriel erscheint. Dessen Aufgabe war es, die Lichter zu Iltarios in die Heiligen Hallen des Mythanos zu geleiten, wo sie dann verweilen sollten. Sie durften untereinander das Wort führen. Deshalb war der Tod für die Anyanar auch nicht von solcher Angst erfüllt, wie sie die Menschen plagte.
    Nur wenige hatten Iltarios‘ Angesicht zwar jemals erblickt. Doch galt es allgemein als sicher, dass das Schicksal der Anyanar

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